»Was soll das?«, überlegte der Pilot. »Wenn ich den Behälter an dieser Stelle loslasse, durchschlägt er das Dach des Schlosses.«
Mit »49,5496°N 8,4499°O« erschallte bereits die nächste Anweisung durch den Lautsprecher. Es schien eine männliche Stimme zu sein, doch das half uns nicht wirklich weiter.
»Es geht in den Norden von Mannheim, in den Stadtteil Sandhofen«, sagte Bienenfels, nachdem ich die Zahlen meinen Kollegen weitergefunkt hatte.
»Hoffentlich hat Ihr Vorgesetzter auch daran gedacht, die hessischen Behörden mit einzubeziehen. Nicht weit nördlich von Sandhofen beginnt Hessen.«
Da würde ich nicht drauf wetten, dachte ich mir. Inzwischen war es dunkel geworden. Den künstlich beleuchteten Stadtteil von oben zu betrachten, hatte etwas Attraktives an sich, es nahm mir sogar ein Stück meiner Flugangst. Hin und wieder konnte ich einen Streifenwagen entdecken. Wir flogen in ungefähr 50 Meter Höhe über die Häuser der Vorstadt. Direkt über einer breiten Straßenkreuzung schienen wir unseren Zielpunkt erreicht zu haben, der Hubschrauber blieb in der Luft stehen.
»Na, was ist da jetzt passiert?«, fragte Bienenfels sich selbst. »Ich kann nicht ewig in der Luft hängen bleiben. Das ist ein dämlicher Ort für die Geldübergabe, das kann doch niemals –«
»49,4059°N 8,4861°O«, lautete die nächste Botschaft. »Es geht wieder zurück in den Süden. Die bisherigen Ziele waren anscheinend nur Kontrollpunkte der Gauner. Moment mal, wissen Sie, wo der nächste Zielpunkt liegt?« Anscheinend hatte er keine Antwort von mir erwartet, denn er gab sie selbst. »Direkt am Marx’schen Weiher. Na, dann viel Spaß. Ich hoffe, dass Ihre Kollegen nicht nur Streifenwagen haben, sondern auch ein paar schnelle Boote.«
Klar, das musste die Lösung sein. Die Geldübergabe war in dem evakuierten Gebiet geplant. Wenn die Erpresser schnell genug sind und einen Ort gewählt haben, der nur schwer mit einem Wagen zu erreichen ist, würde KPD seinen Plan vergessen können.
Ich drückte den blauen Knopf. »Wir fliegen zum Marx’schen Weiher. Bitte alle Einsatzkräfte zusammenziehen. Ich denke, dass die Campingplatzanlage das Zielgebiet sein wird.«
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie sehr ich mich täuschen sollte.
Wir flogen währenddessen wieder über den Rhein in die linksrheinische Pfalz und dann der Länge nach über Ludwigshafen. Dunkel lagen die Altriper Rheinauen unter uns. Ein leicht diffuses Licht, das sich aus einem kaum wahrnehmbaren Mondlicht und dem gestreuten Kunstlicht der Rhein-Neckar-Region zusammensetzte, zeigte uns aus der Vogelperspektive die wahren Ausmaße der Überschwemmung, während wir höchstens 20 Meter über den Baumwipfeln dahinflogen. Die Bäume und die Dächer hunderter Wohnwagen schauten wie kleine Inseln aus dem riesigen See. Noch immer schien Bewegung in dem Gewässer zu sein, wie wir deutlich an den Wellenbewegungen ausmachen konnten.
»Mit einem Boot können die den schweren Behälter bestimmt nicht fortschaffen. Da bräuchten die Gauner einen Kran. Davon abgesehen, ginge die Kiste sofort unter, wenn wir sie hier ausklinken würden.«
Nachdenklich sagte ich: »Was ist, wenn wir den Kasten auf einem Rheinschiff absetzen sollen?«
»Ja, das würde gehen. Aber wie soll so ein Schiff nach der Lösegeldübergabe auf die Schnelle verschwinden? Wir sind hier nicht im Bermudadreieck.«
»49,4370°N 8,5078°O«, kam in diesem Moment die nächste Anweisung aus dem Lautsprecher.
»Verflixt, es geht noch weiter. Hm, das muss ganz in der Nähe sein.« Während Bienenfels die Daten eingab, funkte ich diese parallel an die Einsatzleitung in Schifferstadt.
»Das gibt’s doch nicht, der Punkt liegt mitten im Rhein. Vielleicht haben Sie doch recht mit Ihrer Vermutung, Herr Palzki.«
Wir flogen über Altrip hinweg zum Fluss. Als wir die Koordinaten erreicht hatten, befanden wir uns ein Drittel der Rheinbreite vom Mannheimer Ufer entfernt direkt über dem Wasser. Ich achtete besonders auf dort schwimmende Frachter oder andere Schiffe. Ich konnte keine sehen, obwohl es durch die Beleuchtung des Mannheimer Großkraftwerks an dieser Stelle etwas heller war.
Bienenfels hielt sein Spielzeug wieder in der Luft und wir warteten ab, wohin die Reise als Nächstes ging.
»Kiste ausklinken und sofort entfernen«, schallte es uns entgegen. Bienenfels sah mich fragend an. Auch ich wusste nicht, wie wir uns verhalten sollten. Gab es bei der Eingabe der Koordinaten vielleicht einen Fehler, einen Zahlendreher oder so etwas?
»Na los, ausklinken, wir beobachten euch.«
»Okay, lassen Sie die Kiste ab.«
Bienenfels drückte einen Hebel und wir machten einen Satz nach oben. Eine Sekunde später hörten wir das Aufklatschen des Behälters auf dem Wasser. Er ging sofort unter.
Ich drückte den blauen Knopf. »Wir haben eben die Kiste abgelassen, sie ist sofort im Rhein versunken. Schiffe oder andere verdächtige Dinge befinden sich nicht in der Nähe. Wir drehen ab und fliegen zum Landeplatz zurück.«
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