Alexander Hoffmann
Brillanter Abgang
Der unglaubliche Coup eines Antiquitätenhändlers
Plötzlich reich Hans Bäumler, ein seriöser Antiquitätenhändler aus Frankfurt am Main, steht unverschuldet vor der Pleite. Da überweist ihm seine Hausbank aus Versehen 200 Millionen Euro. Tonja, seine neue, feurige Freundin aus Kroatien, überredet ihn, das Geld schnell von seinem Konto verschwinden zu lassen und mit ihr vorerst in ihrem kroatischen Heimatdorf bei Zagreb unterzutauchen. In einer Nacht-und-Nebelaktion verlässt Bäumler Frankfurt. Die gelernte Bankerin Tonja zieht alle Register, um die 200 Millionen nicht nachvollziehbar und gewinnbringend anzulegen. Mit neuem Namen und neuem Gesicht landet Bäumler schließlich in einer großen Villa im noblen Seebad Opatija und führt ein Leben in Saus und Braus. Aber kann er Tonja wirklich vertrauen? Welche Geschäfte tätigt sie weltweit? Und dann die ständige Angst, dass die Bank hinter ihm her ist. Eines Tages meldet sich zu allem Überfluss die Mafia und will ihr Stück vom Kuchen haben. Von wegen reich und glücklich …
Alexander Hoffmann arbeitete lange als politischer Journalist für Qualitätszeitungen wie die »Frankfurter Rundschau« und die »Süddeutsche Zeitung«. Dabei wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. Er wechselte dann als Unternehmensberater in die internationale Wirtschaft und schrieb erfolgreiche Sachbücher zu Themen wie Zeitgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und Medizin. Zu den belletristischen Veröffentlichungen zählen ein satirischer Roman, Krimis und Glossensammlungen. Heute ist er auch als Kolumnist und mit längeren Beiträgen für Tageszeitungen und Magazine aktiv. Hoffmann lebt in Wissembourg/Frankreich und Frankfurt am Main.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Christine Braun
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
Illustrationen von © Lutz Eberle und © Stephi / stock.adobe.com
ISBN 978-3-8392-6866-7
Frankfurt am Main
Wozu überhaupt aufstehen? Dieser Tag würde noch trostloser werden als der gestrige. Und alles, was er vor sich sah, senkte sich schon jetzt wie eine Grabplatte über ihn. Er vergrub den Kopf noch einmal in sein Kissen, aber dort war kein Ausweg. Hans Bäumler quälte sich vorsichtig, um Tonja nicht zu wecken, aus dem Bett. In seinen mit Nashörnern bedruckten Shorts schlurfte er in die Küche. Wie aus einer anderen Zeit kamen sie ihm vor, die grellgelben Nashörner auf bordeauxrotem Satin, sie erinnerten ihn an die Tage, als alles noch gut gewesen war. Hans stellte den Kaffeeautomaten an, stapfte ins Arbeitszimmer und ließ den Rechner hochfahren. Donnerstag, 8.02 Uhr. Hans schaute auf den leuchtend roten Kreis, den er mit einem Marker auf den Kalender an der Wand gemalt hatte – in einer Woche war Schluss, dann musste er Insolvenz anmelden.
»Spiegel online« erschien als Startseite, doch die News dieser Welt interessierten ihn nicht. Er klickte sich mechanisch zu seinem Account bei der Concom-Bank. Müde scrollte er durch die letzten Kontenbewegungen. Erst gestern waren die 197,33 Euro für die letzte Gasrechnung nicht abgebucht worden, mangels Deckung. So wie manche Abbuchung in den vergangenen Monaten.
Hans loggte sich aus reiner Gewohnheit in das zweite Konto bei der Concom ein, das er noch gemeinsam mit Friedbert Durstewitz hatte. Es erschien in Sekundenschnelle auf dem Bildschirm. Über dieses Konto war so einiges gelaufen. Früher. Nun war schon lange nichts mehr los auf diesem Account, eigentlich führte Hans das Konto nur noch aus einer Art Anhänglichkeit. Sein Blick glitt nach oben, hin zum aktuellsten Posten. Er blinzelte, rieb sich die Augen, er schaute einmal, zweimal, schüttelte den Kopf, kam sich plötzlich wie in einem Wachtraum vor. Er ging in die Küche, goss sich – seine Hände zitterten – einen Kaffee ein und kehrte wie in Trance zurück vor den Bildschirm. Was er dort sah, wirkte wie ein monströser Witz.
Vor genau fünf Minuten hatte ihm die Concom-Bank 200 Millionen gutgeschrieben. Sein Blick flatterte über die elektronischen Ziffern. Keine Frage, irgendwer hatte ihm 200 Millionen überwiesen, genau genommen waren es exakt 200.101.657,22 Euro. Die Ziffern begannen vor seinen Augen zu tanzen. Er scrollte nach unten in der Maske, sah den Absender und las ihn sich laut vor: Phoenix Ltd. Nie gehört.
Er spürte zwei zarte Hände auf seinen Schultern, Tonja war ins Arbeitszimmer gekommen. Sie trug nur sein Oberhemd von gestern, sonst nichts. Sie schien noch halb zu schlafen.
»Musst du dich schon am Morgen quälen? Was soll denn drauf sein auf dem Konto?«, flüsterte sie und küsste ihn am Hals.
»Lies mir doch bitte die Zahl hier ganz oben beim Zahlungseingang vor.«
Sie tauschten die Plätze.
Tonja kniff die grünen Augen zusammen. Lange musterte sie den Bildschirm, murmelte leise vor sich hin. Dann pfiff sie durch die Zähne: »Wahrscheinlich bist du seit heute früh eine mehr als gute Partie.« Tonja sprang auf, warf ihre füllige schwarze Mähne zurück und umarmte Hans. »Wir sind reich. REICH!«
»Aber ich kenne keine Gesellschaft namens Phoenix. Ich muss bei der Concom nachfragen. Am besten persönlich. Gleich wenn die Filiale öffnet, gehe ich rüber«, sagte Hans.
Sie zog ihn am Ohrläppchen wie ein begriffsstutziges Kind. »Bist du verrückt?«
»Zu verrückt, um es zu verstehen.«
»Versteh, was du willst. Es kann nur ein Fehler der Concom-Bank sein. Ich vermute, die haben dir eine Zahlung gutgeschrieben, die für jemand anderen gedacht war. Ein kapitaler Fehler mit einer Riesensumme. Das kommt unter Milliarden Buchungen nur alle paar Jahre mal vor. Ein Zahlendreher, eine falsch eingescannte Ziffer und schon ist es passiert. Fat finger error, ein Wurstfinger-Fehler, heißt das in der Branche. Die Zeitungen sind dann voll davon. Ach, Bäumler.« Wenn Tonja ihm das Leben erklärte, nannte sie ihn gerne mit Nachnamen.
Hans ging wieder in die Küche, ließ einen zweiten Kaffee in seine Tasse tröpfeln, seine Hände zitterten noch immer. Er war froh, ihr nicht in die Augen schauen zu müssen, und rief ihr von der Küche aus zu: »Na, da trifft es sich ja gut, dass du aus dem Bankwesen kommst.« Er schleppte sich zurück ins Arbeitszimmer, umarmte sie von hinten und flüsterte: »Nur dass 200 Millionen etwas zu viel sind für meine Fantasie. Außerdem gehört mir das Geld gar nicht.«
Tonja tippte mit einem Zeigefinger auf den Bildschirm. »Doch, doch. Immerhin steht hier schwarz auf weiß geschrieben, dass du nicht mehr pleite bist.« Sie stand auf und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Haben wir die Bank gezwungen, uns das Geld gutzuschreiben? Nein! Wir haben uns nicht aufgedrängt. Sieh es einfach als nettes Angebot.«
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