Karl Frielingsdorf
Aggression
zerstörend oder
lebensfördernd
Karl Frielingsdorf
Aggression
zerstörend oder
lebensfördernd
echter
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.d-nb.de› abrufbar.
1. Auflage 2016
© 2016 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter.de
Umschlag: Peter Hellmund (Foto: gettyone)
Satz: Hain-Team ( www.hain-team.de)
ISBN
978-3-429-03930-1 (Print)
978-3-429-04851-8 (PDF)
978-3-429-06270-5 (ePub)
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de
Inhalt
Vorwort
Aggression und Beziehung – was ist das?
1. |
Was ist Aggression? |
2. |
Einige mit der Aggression verwandte Begriffe: Ärger, Wut, Zorn, Hass, Feindschaft, Groll |
3. |
Unterschiedliche Formen von Aggression |
3.1. |
Zerstörerische (destruktive) Aggressionen |
3.2. |
Unterdrückte Aggressionen |
3.3. |
Lebensfördernde (konstruktive) Aggressionen |
4.1. |
Definition |
4.2. |
Der Mensch als eigenständiges und relationales Wesen |
4.3. |
Aggression und Beziehung |
5. |
Geistesgeschichtliche Wurzeln für das abwertende Verständnis von Aggressionen und Gefühlen |
5.1. |
Das ganzheitliche biblische Menschenbild |
5.2. |
Dualistische Tendenzen |
5.3. |
Die wiedergewonnene ganzheitliche Sicht des Menschen |
Elternbotschaften über Gefühle, Aggressionen und Beziehungen
1. |
Die Bedeutung der Gefühle für die Persönlichkeitsentfaltung |
2. |
Die Auseinandersetzung mit den Elternbotschaften über Gefühle |
3. |
Elternbotschaften über Aggressionen und Beziehungen |
3.1. |
Elternbotschaften über Aggressionen |
3.2. |
Elternbotschaften über Beziehungen |
Aggressionen können Beziehungen fördern und zerstören
1. |
Aggressionen in der Beziehung zur Umwelt |
1.1. |
Die zerstörerische Aggressivität gegenüber der Umwelt |
1.2 |
Die Schöpfungstheologie als Basis einer lebensfördernden Beziehung zur Umwelt |
1.3. |
Ethische Folgerungen für eine heilsame Beziehung zur Umwelt |
2. |
Aggressionen in der Beziehung zu anderen Menschen |
2.1. |
Einführung |
2.2. |
Aggressionen und offene Beziehungsstörungen |
2.2.1. |
Gewalttätige Aggressionen und Beziehungsstörungen |
2.2.2. |
Aggression und Gewaltlosigkeit |
2.3. |
Aggressionen und verdeckte Beziehungsstörungen |
1. |
Unklare Beziehungen |
2. |
Die Doppelbindung |
3. |
Übertriebene Reaktionen |
4. |
Die Diskrepanz von Ideal und Wirklichkeit |
5. |
Verdeckte Beziehungsstörungen im Umgang mit Behinderten |
6. |
Verdeckte Beziehungsstörungen im Umgang mit Kranken |
7. |
Übungen zum Beziehungslernen |
3. |
Aggressionen und die Beziehung zu mir selbst |
3.1. |
Einführung |
3.2. |
Die aggressive Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit |
3.3. |
Lebensbedingungen, die Aggressionen fehlleiten können |
3.4. |
Aggressionen und die authentische Selbstdarstellung |
3.5. |
Einige Hinweise zur Einübung einer geordneten Selbstliebe |
4. |
Aggressionen in der Beziehung zu Gott |
4.1. |
Einführung |
4.2. |
Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit Gott |
4.3. |
Einige Hinweise zur Auseinandersetzung mit Gott |
Eine Frucht der Aggression ist die Liebe
Literaturverzeichnis
Vorwort
Das Phänomen „Aggression“ hat mich persönlich schon immer interessiert und spielt in meiner pastoraltherapeutischen Arbeit eine wichtige Rolle. Mein besonderes Anliegen war und ist es, Aggression nicht nur negativ im Sinne von zerstörender Gewalt zu sehen, sondern auch als Lebensenergie und beziehungsstiftende Kraft. So entstand 1999 mein Buch „Aggression stiftet Beziehung“, das leider aus verschiedenen Gründen trotz großer Nachfrage nicht mehr neu aufgelegt wurde. Die Nachfrage ist immer noch groß und das Thema „Aggression“ sehr aktuell. So habe ich mich auf vielfachen Wunsch entschlossen, dieses neue Buch „Aggression, zerstörend oder lebensfördernd“ zu schreiben. Dabei habe ich Teile aus dem ersten Buch aktualisiert und bearbeitet übernommen, vieles ergänzt und neu geschrieben. Wenn man die Literatur der letzten 20 Jahre zum Thema Aggression anschaut, wird deutlich, dass das Wort „Aggression“ in unserem Sprachgebrauch immer noch überwiegend negativ verstanden wird.
Man verbindet mit diesem Begriff in der Alltagssprache Gewalt, Wut, Hass, Streit und Krieg und spricht in diesem Zusammenhang abwertend von einem „Aggressor“, dem Anstifter und Täter der Schädigung. Ausdrücke wie „vor Wut schäumen“, „vor Zorn explodieren“, „jemand an die Gurgel gehen“, „eine Mordswut haben“, „jemand umlegen“, „jemand fertigmachen“ verstärken diese einseitig negative Deutung.
Aggressionen wirken sich auch psychosomatisch aus und zeigen entsprechende Reaktionen. Wem ist nicht schon einmal vor Wut „der Kamm geschwollen“ oder wer hat nicht schon „eine Stinkwut“ gehabt und „rot gesehen“ bis hin zu der zornigen Regung „Ich könnte dich umbringen“. Den Aggressionen scheint eine Kraft innezuwohnen, die den Menschen „zum Tier“ werden lässt. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ („homo homini lupus“). Der weltweite Terror, die globalen kriegerischen Auseinandersetzungen, die wachsende Gewalt in der Öffentlichkeit und im privaten Leben, über die uns die Medien täglich berichten, verstärken diese Sichtweise und lassen Aggression und Aggressivität in einem schlechten Licht erscheinen.
Dieses einseitige Verständnis von Aggression im Sinne von Feindseligkeit, Gewalt und Zerstörung spiegelt sich auch in der psychologischen Literatur der letzten 30 Jahre wider. Viele Autoren fragen nach den Ursachen der Aggression, schildern deren krankmachende und zerstörerische Folgen für den Menschen und suchen nach Möglichkeiten der Prävention und Reduktion von Aggression und Gewalt (Bierhoff 1998). Es gibt nur wenige Autoren (z. B. Kernberg, Klessmann, Schellenbaum, Tillich, Thompson), die die Aggression ganzheitlich verstehen und ihr lebensfördernde Seiten abgewinnen, um eine langfristige Lösung der Aggressionsproblematik zu finden.
Inzwischen ist man um eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Psychologie, Soziologie, Anthropologie und Theologie bemüht. So fragt die Psychologie in ihren verschiedenen Schulen nach den Ursachen des aggressiven, gewalttätigen Verhaltens und findet dort intrapsychische, interpersonale oder auch sozialpsychologische Erklärungsansätze. Bei extremen Formen von Gewalt in politischen und religiösen Denksystemen und Ideologien, wie z. B. in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus, im IS-Staat, in den aktuellen Kriegen in Syrien, im Irak, in Afrika oder bei den Völkermorden in Burundi oder im ehemaligen Jugoslawien, spielen noch andere Ursachen und Beweggründe eine wichtige Rolle. So z. B. die Tatsache, dass in solchen Fällen die Gewalttäter von ihren Vorgesetzten und ihrer Umgebung nicht bestraft, sondern für ihre Brutalität gelobt und befördert werden.
Читать дальше