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Aufgabe 1
Zu den wichtigsten Zielen des Gesundheitswesens gehört es, die Morbidität und die Mortalität zu senken. Welche der folgenden Statistiken geben Auskunft über die Morbidität, welche über die Mortalität in der Bevölkerung?
a) Morbiditätb) Mortalität
Aufgabe 2
Bitte ordnen Sie zu:
a) Solidarleistungb) Subsidiärleistung
Aufgabe 3
Was versteht man unter der
1. Sozialleistungsquote und der
2. Gesundheitsquote?
Teil II Absicherung der Risiken Krankheit, Arbeitsunfall/Berufskrankheit und Pflegebedürftigkeit
1 Die einzelnen Zweige der Sozialversicherung
Die Sozialversicherung ist eine deutsche »Erfindung«. Älteste Sozialversicherung ist die Krankenversicherung; sie entstand im Jahre 1883 auf Initiative des Reichskanzlers Otto von Bismarck. Allerdings war Bismarcks Sozialpolitik nicht seiner Sorge um das Wohlergehen der Arbeiter geschuldet, sondern innenpolitischem Kalkül. Während der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Industriearbeiter. Sie wurden jedoch nicht am Wohlstand der Besitzenden beteiligt, sondern gerieten immer tiefer in soziales Elend. Die Entlohnung war so niedrig, dass sogar Kinder arbeiten mussten, um der Familie das Überleben zu ermöglichen. Die Arbeitsbedingungen der Menschen waren sehr hart; es gab keinen Schutz gegen die Wechselfälle des Lebens. In dieser Zeit erstarkte die Arbeiterbewegung, die zunächst von Ferdinand von Lassalle als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein konstituiert und später als sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, die Vorläuferin der SPD, von Wilhelm Liebknecht und Karl Bebel weitergeführt wurde. Nachdem 1873 eine Wirtschaftskrise einsetzte, in deren Verlauf sich die Situation der Arbeiterfamilien weiter verschlechtere, gewannen die Sozialdemokraten immer mehr Anhänger bei den Arbeitern. Bismarck empfand dies als Bedrohung seiner Macht und verbot 1878 mit dem sogenannten Sozialistengesetz alle sozialistischen und sozialdemokratischen Zusammenschlüsse, um die »gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« zu bekämpfen.
Bismarcks Sozialgesetzgebung diente dem Ziel, sich das Wohlwollen der Arbeiterschaft zu sichern und sie auf diese Weise von der Sozialdemokratie zu entfremden. Dies gelang ihm zwar nicht, dennoch gilt die von ihm initiierte Sozialversicherung – auch wenn sie machtpolitisch motiviert war – bis heute als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des deutschen Sozialstaates.
Der Einführung der Krankenversicherung folgten in zeitlicher Reihenfolge 1884 die Unfallversicherung, 1889 die Rentenversicherung zunächst nur für Arbeiter, ab 1919 auch für Angestellte. 1927, also während der Weimarer Republik kurz vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, wurde die Arbeitslosenversicherung gegründet und als jüngster Zweig im Jahr 1994 die soziale Pflegeversicherung.
Sozialversicherung lässt sich verstehen als eine solidarisch organisierte Versicherung gegen die großen Risiken des Lebens. Sie ist konzipiert für Arbeitnehmer, also Menschen, die davon leben, dass sie ihre Arbeit im Produktionsprozess anbieten und dafür Entgelt erhalten. Es können aber Umstände eintreten, die es unmöglich machen zu arbeiten oder die mit großen finanziellen Belastungen verbunden sind. Wer dann nicht in der Lage ist, Einkommen aus anderen Quellen, dem Besitz von Wohnungen etwa, von Wertpapieren wie Aktien oder einer sonstigen Beteiligung an einem Unternehmen zu beziehen, der bliebe ohne Versorgung. Wer aus seinem Arbeitseinkommen die große finanzielle Belastung, die z. B. die medizinische Behandlung nach einem Unfall oder einer Krankheit mit sich bringen kann, nicht zu tragen vermag, der stünde ohne Hilfe da.
Die großen Risiken des Lebens sind zum Teil einigermaßen gut vorherzusehen, sie gehören gewissermaßen zu einer normal verlaufenden Biografie der Menschen, wie etwa das Erreichen eines Alters, in dem man aus dem Erwerbsleben ausscheidet oder das Risiko, leichte oder mittelschwere Krankheiten zu erleiden. Andere Risiken sind für den einzelnen kaum vorherzusehen, wie z. B. ein Arbeitsunfall oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Für eine große Gruppe von Menschen, die Arbeitnehmer, ist es aber möglich, die Wahrscheinlichkeit auch für solche Risiken zu errechnen, die für den einzelnen schwer vorherzusagen sind. Das aber ist die Voraussetzung für eine Versicherung.
Die folgende Tabelle zeigt die fünf Zweige der deutschen Sozialversicherung mit ihren wichtigsten Kennzeichen (
Tab. 6).
Tab. 6: Die einzelnen Zweige der Sozialversicherung (Stand 2018)

1.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Mit Ausnahme der Unfallversicherung wird die Sozialversicherung überwiegend durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert. Beiträge zur Unfallversicherung werden allein von den Arbeitgebern entrichtet. Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es eine Bundesgarantie. Gerät einer dieser Versicherungszweige in Zahlungsschwierigkeiten, muss der Bund mit einer Erhöhung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses einspringen. Auf diese Weise sind für die Empfangsberechtigten, Rentner bzw. Empfänger von Arbeitslosengeld, die Zahlungen stets garantiert.
Typisches Kennzeichen der Sozialversicherung ist die Verpflichtung, eine Versicherung abzuschließen. Wer als Angestellter oder Arbeiter unselbstständig beschäftigt ist, der muss Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung sein. Er hat nicht die Wahl, diese Risiken allein privat abzusichern. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Arbeitnehmer, sofern sie keine Beamten sind, pflichtversichert, wenn ihr monatliches Bruttoeinkommen unter 5212,50 € (2020) liegt. Wer diese Grenze erreicht bzw. überschreitet, kann zum 31.12. des jeweiligen Jahres frei wählen, ob er als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse bleibt oder sich bei einer privaten Versicherung gegen Krankheitsrisiken absichert. Diese Versicherungspflichtgrenze (bzw. Jahresarbeitsentgeltgrenze 5212,50 € x 12 = 62 550 €), die den Kreis der zur Mitgliedschaft in der Sozialversicherung Verpflichteten definiert, gibt es auch in der Pflegeversicherung. Freiwillig Versicherte der GKV können wählen zwischen der Pflegekasse ihrer gesetzlichen Krankenversicherung und einer privaten Pflegekasse.
Die Pflicht zur Mitgliedschaft in der Sozialversicherung wird logisch ergänzt durch den Kontrahierungszwang (aus dem Lat.: Kontrakt = Vertrag): Jede Sozialversicherung muss einen Versicherungspflichtigen bzw. einen Versicherungsberechtigten aufnehmen, sie darf ihn nicht abweisen.
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