Reinhold Keiner - Zur Sache, Schätzchen

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'Zur Sache, Schätzchen' war der erste Spielfilm der Regisseurin May Spils und ein Film, der in den 1960er Jahren wie kein anderer das Kinopublikum begeisterte und nachhaltige Auswirkungen auf das damalige Lebensgefühl – vor allem der jungen Generation – hatte. Der Film wurde 1968, nach seiner Uraufführung Anfang Januar, nicht nur der Überraschungserfolg an den Kinokassen, er wird heute als 'Der Kultfilm der 68ziger – der 68ziger Kultfilm' etikettiert. Zur besseren Schilderung des damaligen Zeitgefühls – hier konkret: in München-Schwabing – und der ergänzenden Darstellung der Hintergründe der Entstehung des Films befindet sich im Anhang des Buches ein Interview mit dem Produzenten von 'Zur Sache, Schätzchen', Peter Schamoni und mit dem Kameramann Klaus König. Sein Hauptdarsteller und Mit-Drehbuchautor, Werner Enke, erhielt ein eigenes Kapitel, eine biografische Skizze. Im Anhang abgedruckt ist auch eine protokollarische Drehbuchfassung des Films.

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Zur Sache, Schätzchen

Lisa Wawrzyniak

&

Reinhold Keiner

Zur Sache, Schätzchen

Inhaltsanalyse eines ‚Jungen Deutschen Films’

MEDIA Net-Edition

Kassel

Produktion: 2011 MEDIA Net-Edition , Kassel

Copyright © 2011 by MEDIA Net-Kassel

www.medianet-edition.de

Printed in Germany 2011

Umschlagfoto: © Peter Schamoni

Umschlagestaltung/Satz: Silke Rappelt, Kassel

Druck und Bindung: CPI buchbücher.degmbh

ISBN: 978-3-939988-09-0

Inhalt

Vorwort

Das ‚Oberhausener Manifest’ und der ‚Junge Deutsche Film’

Die ‚Neue Münchner Gruppe’

Zur Entstehungsgeschichte von ‚Zur Sache, Schätzchen’

Der Inhalt

Produktionsangaben

Sequenzplan

Anmerkungen zur Inszenierung

Analyse der Filmfiguren

Martin

Henry

Barbara

Anita

Die Polizisten

Victor Block

Bruno, Muller und ein Voyeur

Berufe der Filmfiguren

Milieus der Filmhandlung

Normen, Regeln, Werte und Moralvorstellungen

Sozialbeziehungen

Die Sprache der Hauptfigur Martin – Schwabinger Szenesprache wird sprachliches Allgemeingut

Zur damaligen Wirkung des Films

Schlussbetrachtung

Anmerkungen

Auswahlbibliografie

1. Bücher

2. Aufsätze, Zeitschriften- und Zeitungsartikel

3. Internet

4. Sonstiges

5. Medien

Biografische Skizze: Werner Enke – die Jahre bis 1968

Wieso ‚Gafler’? Ein Gespräch mit Peter Schamoni, 6. Oktober 2005, München

‚Für mich war diese Produktion eine höchst ungewöhnliche Art der Arbeit!’ Ein Gespräch mit Klaus König, 24. November 2010, München

Drehbuch ‚Zur Sache, Schätzchen’ (protokollarische Fassung, redigiert von Klaus Eder)

Bildnachweis

Vorwort

1967 – ein ereignisreiches Jahr, auch in der Bundesrepublik Deutschland. Im Januar wurde in Berlin/West die so genannte Kommune 1 gegründet, die sich als eine in das Alltagsleben umgesetzte Form der ‚Außerparlamentarischen Opposition’ verstand. Im Februar erhielt der bisher erfolgreichste deutsche Schlagersänger, Freddy Quinn, seine zehnte Goldene Schallplatte, ebenfalls in Berlin/West, während sich in Bonn, der Hauptstadt der Bundesrepublik, Vertreter von Arbeitnehmer- und Unternehmerverbänden auf Initiative des Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller zu informellen Gesprächen über eine ‚Konzertierte Aktion’ trafen, mit der die wirtschaftliche Rezession bekämpft werden sollte. Im März erhob die Aachener Staatsanwaltschaft Anklage gegen Angestellte des Herstellers des Schlafmittels ‚Contergan’, welches bei Einnahme durch Schwangere häufig zu Missbildungen bei Neugeborenen geführt hatte – außerdem wurde der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt als Nachfolger des im Februar verstorbenen Fritz Erler zum neuen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion gewählt. Im April wurden im früheren Salzbergwerk Asse im Landkreis Wolfenbüttel zum ersten Mal in der Bundesrepublik radioaktive Abfälle ‚entsorgt’, im Alter von 91 Jahren starb Altbundeskanzler Konrad Adenauer. Im Mai wurde auf dem Bundesparteitag der CDU Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger zum Vorsitzenden und der ehemalige Wirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard zum Ehrenvorsitzenden gewählt, Ende des Monats kamen der persische Schah Mohammad Reza Pahlavi und seine Frau Farah Diba zu einem Besuch in die Bundesrepublik und nach Berlin/West. Im Juni starb in Berlin/West im Verlaufe einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien der Student Benno Ohnesorg, erschossen von einem Polizisten, außerdem begannen im Münchner Stadtteil Schwabing die Dreharbeiten für einen Film mit dem Arbeitstitel ‚Die Gafler’.

Aus ‚Die Gafler’ wurde im Laufe der Dreharbeiten der spätere Filmtitel ‚Zur Sache, Schätzchen’ – es war der erste Spielfilm der Regisseurin May Spils und ein Film, der wie kein anderer in dieser Zeit das Kinopublikum begeisterte und nachhaltige Auswirkungen auf das damalige Lebensgefühl – vor allem der jungen Generation – hatte. ‚Zur Sache, Schätzchen’ wurde 1968, nach seiner Uraufführung Anfang Januar, nicht nur der Überraschungserfolg an den Kinokassen, er wird heute als ‚Der Kultfilm der 68ziger – der 68ziger Kultfilm’ etikettiert.

Im kulturellen Bereich entstanden in diesem Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts in Westdeutschland viele neue Bewegungen und gerade der Film wurde durch das so genannte Oberhausener Manifest vollkommen neu definiert. Ausgangspunkt dieser filmischen Erneuerung war die Stadt München, wo viele der Vertreter des ‚Oberhausener Manifests’ wohnten und arbeiteten, ebenso wie die Regisseure der ‚Neue(n) Münchner Gruppe’, die bereits wieder eine neue, jüngere Generation von Filmemachern repräsentierten. Zu dieser Generation – und zur ‚Neue(n) Münchner Gruppe’ – gehörte auch die Filmemacherin May Spils, die ihren Wohnort, den Münchner Stadtteil Schwabing, auch zum vorrangigen Drehort ihres ersten Spielfilms machte.

Fast 40 Jahre nach den Dreharbeiten beschäftigte sich die Studentin Lisa Wawrzyniak in einer wissenschaftliche Arbeit am ‚Institut für Germanistik’ der ‚Justus-Liebig-Universität Gießen’ mit den Zeitgeist-Spiegelungen und Zeitgeist-Anregungen dieses Films – im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse dieses ‚Jungen Deutschen Films’. Nach einer ‚Analyse der Filmfiguren’, der Behandlung der ‚Berufe der Filmfiguren’ und einer Beschreibung der ‚Milieus der Filmhandlung’ reflektierte die Arbeit u. a. auch über ‚Normen, Regeln und Moralvorstellungen’ und die dargestellten ‚Sozialbeziehungen’. Ein essenzieller Bestandteil der Arbeit war der Sequenzplan, anhand dessen sich viele Äußerungen und getroffene Feststellungen detailliert nachprüfen ließen. Zugleich gab der Sequenzplan den Inhalt des Films wieder. Die verwendete Sprache in ‚Zur Sache, Schätzchen’, konkret die seiner Hauptfigur, wurde in einem eigenen Kapitel thematisiert, da viele der benutzten Wörter und Sätze in den allgemeinen Sprachschatz vorwiegend der jungen Generation eingingen.

Die wissenschaftliche Arbeit wurde die Grundlage dieses Buches, gemeinsam überarbeitet und ergänzt durch Lisa Wawrzyniak und Reinhold Keiner. Die Arbeit am ‚Schätzchen’-Buch wurde so ein Zwei-Generationen-Projekt, trafen sich doch hier nicht nur Tochter und Vater, sondern auch ein ‚hartnäckiger’ Vertreter der ewig verspäteten ‚Generation Z’ 1und eine Vertreterin der – allerdings hier westdeutschen – ‚Generation 89’, die ihre entscheidenden Sozialisations- und Bildungserfahrungen nach dem Zusammenschluss der bis 1989 getrennt existierenden deutschen Staaten machte.

Schlichen die älteren Angehörigen der ‚Generation Z’, auch ‚Zaungäste’ genannt, in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts vorrangig in die Kinos, um sich in den ‚Schulmädchenreports’ und den so genannten Aufklärungsfilmen neueste Informationen über den soziokulturellen Stand der Dinge einzuholen, entsprach ein Film wie ‚Zur Sache, Schätzchen’ eher dem gegen die Elterngeneration revoltierenden Grundgefühl der älteren Geschwister, kamen die Angehörigen der ‚Generation 89’ schon nicht mehr in den Genuss dieses Films, da er in den Kinos nicht mehr lief, schlichtweg mittlerweile fast völlig unbekannt war – und weitgehend immer noch ist, trotz gelegentlicher Ausstrahlung in den ‚Dritten Programmen’ der Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten. Ein häufig wiederkehrendes Déjà-vu-Erlebnis: Spricht man Angehörige der ‚Generation 89’ und auch jüngere Generationen auf diesen Film an, erhält man häufig die Antwort, dass es sich doch wohl um einen ‚Softporno’ handele, wird cineastisch leichtsinnig von einem unter Marketing-Gesichtspunkten überaus erfolgreichen Titel auf den Inhalt des Films zurückgeschlossen.

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