1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 Es ist an der Zeit, dieses geniale Konzept zu verstehen.
Kapitel 2 — Wie die Bitcoin-Blockchain funktioniert
Die Erfindung des Bankwesens
Eine scheinbare Lösung für die vorhandenen Probleme in den internationalen Finanzmärkten kam im Mittelalter auf, als das Bankwesen erfunden wurde. Der Bankier wurde zum Überbringer der Wahrheit. Es waren die Ritter des Templerordens, die in den frühen Jahren des vorletzten Jahrtausends über ein großes Netz von Filialen den Transfer von Werten organisierten. Bis dahin musste der Eigentümer seine Werte tatsächlich mit sich führen. Ein sehr gefährliches Unterfangen, denn nicht nur Robin Hood lag auf der Lauer, sondern auch wirklich böse Buben. Unabhängig von der Boshaftigkeit der Wegelagerer, zu denen auch die Obrigkeit selbst gehören konnte — in Gestalt vielfältiger Steuerformen — waren die Werte in der Regel verloren. Das haben die Tempelritter mit ihrem Netzwerk an Niederlassungen geändert.
Ein Edelmann, der in Paris ein Kilo Gold hinterlegte, konnte durch ein entsprechendes Papier an anderer Stelle den Gegenwert erhalten. Die Templer unterhielten dazu ein Botennetzwerk, welches über den jeweiligen Transfer berichtete. Kein wirklich vertrauensvolles System, weil auch hier und da mal ein Siegel gefälscht werden konnte, Boten die falschen Nachrichten übermit-teln konnten und alle möglichen anderen Tricks und Manipu-lationen zu falschen Informationen führen konnten. Es funkt-ionierte redlich und zwar auch deshalb, weil kein anderes, besseres System vorhanden war und weil man den Templern als vertrauens-würdigen Dritten vertraute. Immerhin waren sie in der Regel schwer bewaffnet und arbeiteten für Gott — damals ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Der vertrauenswürdige Dritte
Historisch betrachtet ist dieses System eines der ersten, in dem der vertrauenswürdige Dritte eine Rolle in einem größeren System spielt. Der vertrauenswürdige Dritte hat die Jahrhunderte überlebt und sich in unserer modernen Gesellschaft etabliert. Wir könnten unser Geld auch unter dem Kopfkissen aufbewahren, aber wir bringen es zum vertrauenswürdigen Dritten, der Bank oder der Sparkasse. Wir leihen unseren Rasenmäher an Klaus, weil er ein Freund unseres Freundes ist.
Unser Freund, der vertrauenswürdige Dritte. Der Staat hat den vertrauenswürdigen Dritten in Form des Notarwesens institut-ionalisiert. Wer eine Firma gründen oder wer eine Immobilie kaufen möchte, der wendet sich an den vertrauenswürdigen Drit-ten, den Notar. Eine andere große, weltweite Branche vertrauens-würdiger Dritter sind die Wirtschaftsprüfer, die die Abschlüsse von Unternehmen prüfen und attestieren, dass die Unternehmen wirklich soundsoviele Werte und Anlagen besitzen, woraus sich in letzter Konsequenz zum Teil auch der Börsenwert ermittelt. Repräsentiert der vertrauenswürdige Dritte aber wirklich die Wahrheit? Wer hat sich nicht schon geärgert, dass er seinen Rasenmäher an diesen, diesen … äh, verliehen hat?
Wer hat sich nicht schon mal über seine Bank geärgert, die plötzlich Gebühren abgerechnet hat? Stand doch groß im Klein-gedruckten und wurde Ihnen als Änderung der AGBs zugesandt.
Wer hat nicht schon einmal beim Notar den Kopf geschüttelt, wenn er eine Immobile ge- oder verkauft hat? Unklare Besitzver-hältnisse sind nicht ungewöhnlich.
Jetzt noch die Wirtschaftsprüfer: Wirecard, CumEx und viele andere Skandale, bei denen Anleger Milliarden verloren haben, lassen grüßen.
Daten in zentralen Systemen können leicht verändert werden
Informationen und Daten, die in verteilten und zentralen Systemen festgehalten werden, können von den Betreibern dieser Systeme verändert werden und die Wahrheit ist somit nicht gewährleistet. Damit müssen wir eben leben. Müssen wir?
Nein, in der Tat ist es wiederum diesem mysteriösen Satoshi Nakamoto zu verdanken, dass wir das eben nicht mehr so hin-nehmen müssen. Sein Konzept zeigt, wie wir mit einem echten dezentralen System die Wahrheit durch die Integrität der Daten gewährleisten können. Sein Konzept, welches erst jetzt langsam das Bewusstsein der Massen erreicht, ist ideal, um unsere Systeme zu verändern: die der Daten- und Informationsverarbeitung sowieso, aber damit einhergehend auch unsere gesamtgesellschaftlichen Strukturen.
Im Wesentlichen hat Nakamoto einige, schon bekannte Ansätze so zusammengesetzt, dass diese Kombination mit besagter Wahrheits-garantie einhergeht. Ein Kernbestandteil ist die Computerver-schlüsselung. Aber das alleine reicht nicht aus, ein weiterer Baustein ist vonnöten: die Verknüpfung älterer Daten mit neuen, sodass eine Kette von Datenblocks entsteht, in der aktuelle Daten sich immer auf vorherige beziehen und diese wieder auf deren Vorgänger. Das ist das Grundprinzip der inzwischen bekannten Blockchain — einer Kette von Datenblocks, die miteinander verlinkt sind.
Eine Kette, bestehend aus Datenblocks, ergibt die legendäre Blockchain 
Diese Kette an sich ist allerdings auch nur ein weiterer, wenn auch wichtiger, Teil des ganzen Systems und an und für sich aber auch wieder nichts wert, denn sie kann verändert und vernichtet werden. Man kann sie einfach vom Server löschen und durch einen andere Kette ersetzen, in der andere Daten stehen. Beides gilt es zu verhindern, wenn man sich blind auf Daten verlassen will oder muss.
Aus diesem Grund hat Nakamoto diese Datenkette — die im folgenden als Blockchain bezeichnet wird — zusätzlich auf viele verschiedene, völlig unabhängige Computer verteilt.
Aber auch das alleine genügt noch nicht. Unter gewissen Um-ständen kann man die Blockchain an einer Stelle ersetzen und mit Lichtgeschwindigkeit auf die anderen Computer übertragen und dadurch Daten manipulieren.
Manipulieren muss nicht unbedingt heißen, dass auf einmal Millionenbeträge verschwinden. Wie bereits ausgeführt, reicht es schon aus, die dritte Nachkommastelle zu manipulieren, um auf lange Sicht sehr reich zu werden. Um diese Gefahr zu entschärfen, baute Nakamoto eine Bremse in das gesamte System ein, welche die schnelle Verbreitung manipulierter Daten verhindert.
Im Folgenden werden nun diese einzelnen Bestandteile einer nach dem anderen vorgestellt. Man erkennt dann schnell, wie wirksam die Kombination ist. Man darf sich aber nicht von dem Begriff „Blockchain“ alleine täuschen lassen, deshalb wird gezeigt, an welchen anderen Stellen Gefahren lauern. Man darf dem inzwischen modischen Begriff Blockchain alleine nicht automatisch vertrauen.
Nicht überall, wo „Blockchain“ drauf steht, ist die Wahrheit drin
Nakamoto hat zunächst das System in einzelne Transaktionen aufgeteilt und diese dann zu Datenblocks zusammengeführt. Das Ganze wird dann immer mehr oder wenig verschlüsselt. Die Transaktionen selbst zwar nicht, aber die Art und Weise wie sie genehmigt werden und wie die Datenblöcke miteinander verknüpft sind. Damit betreten wir das Gebiet der Kryptografie.
Im Folgenden verwenden wir deshalb die übliche Nomenklatur der Kryptografie-Branche und nennen die Beteiligten „Alice“ und „Bob“ - anstelle A und B - und verwenden als Währung die virtuelle Währung Bitcoin oder deren Kürzel BTC. Alice und Bob sind Synonyme für Sender und Empfänger einer Transaktion oder Nachricht. „Carol“ und „Dave“ sind weitere Mitspieler in einem kryptografischen System. Auch sie repräsentieren entweder Sender oder Empfänger. Sie stehen stellvertretend für Menschen, die Werte austauschen, also einer verkauft etwas an einen anderen und dieser wird dann bezahlt. Das ist dann eine Transaktion im Sinne von Bitcoin.
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