Von einem alten, sehr lieben Förster habe ich vor vielen Jahren, als dieser in den Ruhestand ging und sein Büro ausräumte, einen wirklichen „Nachsuchenschatz“ bekommen. Ein Büchlein aus dem Jahre 1887, geschrieben von einem Oberförster Drömer aus Oranienburg. In diesem Buch geht es um den Hannoverschen Schweißhund, von seiner Zucht bis zur Führung. Ein Schatz ist das Büchlein deswegen, weil dieser Mann vor über 100 Jahren die Arbeit mit dem Schweißhund genauso gesehen hat wie ich heute, leider sind viele dieser Grundsätze in der Neuzeit bei fast allen Zuchtverbänden verlorengegangen. Selbstverständlich sind einige seiner Methoden überholt, aber im Geiste der Nachsuchenarbeit sind diese Regeln immer noch gültig.
„Niemand wohl, der die Lockung gefühlt des herrlichen Waidwerks, sagte mit Willen sich los, ihn hält allmächtige Fessel!“
Nachsuchen – eine Herausforderung
Wenn Sie Ihren Welpen erfolgreich zu einem Nachsuchenhund ausgebildet haben und mit ihm auf der Wundfährte arbeiten, werden Sie früher oder später erkennen, dass diese Art des Jagens Sie nicht mehr loslässt. So sehr die Ausbildung und später die Einsätze Sie auch zeitlich beanspruchen, bleiben Sie dran, hören Sie nicht auf, unterscheiden Sie sich von den vielen anderen, die diese ehrenvolle Aufgabe nur als „Hobby“ sehen. Leben Sie diese „Berufung als Nachsuchenführer“ zusammen mit Ihrem Hund und Ihrer Familie und haben Sie Geduld. Lassen Sie sich Zeit, damit Sie mit Ihrem Hund zusammenwachsen können.
Das nämlich ist die wichtigste Lektion: Nur als Team werden Sie erfolgreich sein, also behandeln Sie Ihren Gefährten wie einen Teampartner.
Nicht jede Suche ist spektakulär. Ehrlich gesagt, sind es die wenigsten, aber die, die Ihnen alles abverlangen, machen Sie zu einem Nachsuchenführer. Und glauben Sie mir, wenn Sie während einer schwierigen Nachsuche meinen, dass Sie bereits alles gegeben haben und nass, dreckig und erschöpft sind, dann ist Ihr Hund erst richtig warm geworden. Natürlich werden Sie nicht jedes Stück bekommen, und irgendwann müssen Sie die Entscheidung treffen, weiterzumachen oder aufzuhören. Eines jedoch müssen Sie wissen, wenn Ihr Hund weitermachen will, dann dürfen Sie nicht aufhören. Und noch eines ist wichtig: Wenn Ihr Hund die Beute stellt, die Dickung noch so undurchdringlich oder das Wildschwein noch so gefährlich ist, lassen Sie ihn nicht alleine, überwinden Sie sich, gehen Sie über Ihre Angst hinweg, er braucht Sie.
Wie werden Sie „anerkannter Nachsuchenführer“?
Es gibt nicht das ganze Jahr über gleich viele Nachsuchen, natürlich ist das in erster Linie vom Revier und vom Wild, das dort bejagt wird, abhängig. Für mich und Orgo fällt ein Großteil unserer Nachsuchenarbeit bei den Drück- und Treibjagden auf Schwarz- und Rotwild im Herbst und Winter an. September bis Februar ist unsere Hauptsaison, das restliche Jahr werden wir nur vereinzelt zu Nachsuchen gerufen. Ich nutze die übrigen Monate, um mich als „anerkannter Nachsuchenführer“ vorzustellen. Von Februar bis April finden die meisten Jahreshauptversammlungen in den Hegevereinen oder Jägervereinigungen statt, es gibt Trophäenschauen von Hegeringen oder Hegebezirken u. v. m. Auch Sie können diese Gelegenheiten nutzen und auf solchen und ähnlichen jagdlichen Veranstaltungen in Ihrer Region sich und Ihren Hund vorstellen. Rufen Sie z. B. die Vorsitzenden von Jagdvereinen, Hegemeister oder Hegeringleiter an, stellen Sie sich kurz am Telefon vor und sagen Sie geradeaus, dass Sie gerne einen kleinen Vortrag über Nachsuchen halten würden. Vortragende sind eigentlich immer gerne gesehen, und Sie haben die Möglichkeit, sich einer breiten Jägerschar vorzustellen. Seien Sie bei Ihren Vorträgen selbstbewusst, ohne dabei arrogant zu wirken. Sie müssen gleichzeitig glaubwürdig wie auch vertrauenswürdig rüberkommen, einfach authentisch. Wenn Sie noch jung in diesem „Geschäft“ sind, sagen Sie das auch. Sie dürfen sich auf keinen Fall selbst in den Himmel loben und können dann womöglich das Versprochene nicht halten.
Voraussetzungen, Prüfungen & Jagdhundeorganisationen
Bevor Sie jedoch bei solchen Veranstaltungen als anerkannter Nachsuchenführer auftreten können, müssen Sie mit Ihrem Hund alle Prüfungen, die dafür notwendig sind, abgelegt haben, so sind die Bestimmungen in den meisten Bundesländern Deutschlands. Auch in Österreich und der Schweiz gibt es Dachverbände für Jagdgebrauchshunde und Vereine für fast jede Jagdhunderasse, die Prüfungsund Zuchtrichtlinien festlegen. In Österreich wird teilweise auch der Einsatz von Nachsuchengespannen in Bereichshundestationen, Jagdhundestationen oder Nachsuchenstationen organisiert, im Kanton Schwyz gibt es z. B. die Nachsuchenorganisation (NAORG), die den Einsatz von Schweißhunden im ganzen Kantonsgebiet organisiert. Nachsuchen werden über die im Gebiet zuständigen Wildhüter oder die Polizeizentrale gemeldet. Genaue Regelungen und Informationen bezüglich des Einsatzes oder der Organisation von Nachsuchengespannen für Ihr jeweiliges Gebiet erfahren Sie über die Dachverbände bzw. die Vereine (siehe z. B. ab S. 140).
Bei den Schweißhundevereinen (z. B. Verein Hirschmann und Klub für Bayerische Gebirgsschweißhunde) ist für eine Anerkennung eine Vorprüfung, eine Hauptprüfung und eine Formbewertung notwendig, bei allen anderen Jagdhunderassen sind im deutschen und österreichischen Jagdgebrauchshundeverband (JGHV; ÖJGV) bzw. in der Arbeitsgemeinschaft für das Jagdhundewesen (AGJ) die jeweiligen Richtlinien festgelegt; die einzelnen Jagdhundeverbände organisieren und führen die Prüfungen durch (siehe auch Informationen ab S. 140). Jetzt kommt das wieder zu tragen, was ich eingangs schon erwähnt habe: Grundvoraussetzung, damit Sie überhaupt mit Ihrem Hund zur Prüfung antreten dürfen, ist eine gültige Ahnentafel, die durch den JGHV anerkannt ist.
In Deutschland brauchen Sie als Nachsuchenführer eine Jägervereinigung (Zusammenschluss mehrerer Hegeringe), die für Sie beim Landesjagdverband bürgt. Wenn Sie diese Voraussetzungen alle haben, dann suchen Sie Kontakt zu diesen Vorsitzenden der Jägervereinigungen, diese Leute helfen gerne weiter.
In Österreich und der Schweiz gibt es, wie schon erwähnt, regionale Stationen bzw. Organisationen, wo Nachsuchenführer mit geprüften Hunden aufgenommen werden und für die Nachsuchenarbeit zur Verfügung stehen.
Eines müssen Sie als anerkannter Nachsuchenführer auf jeden Fall ansprechen und bei jedem Einsatz beachten, damit Sie rechtlich fest im Sattel sitzen: Die Wildfolge ist von Bundesland zu Bundesland verschieden, nachdem das Bundesjagdgesetz ein Rahmengesetz ist, können die einzelnen Bundesländer diesen Rahmen nach ihren Bedürfnissen ausfüllen. Auf allen Internetseiten der Landesjagdverbände gibt es Vordrucke für die Wildfolgevereinbarung, werben Sie dafür, sprechen Sie die Vorteile dieser freiwilligen Wildfolgevereinbarung an. Nachteile gibt es für die Jagdpächter nicht, zumal das Tierschutzgesetz seit 2002 im Artikel 20a im Grundgesetz verankert ist.
Ich glaube, ich konnte Ihnen mit diesem Überblick über die Ausbildung und Führung eines Nachsuchenhundes vermitteln, dass Nachsuchenarbeit Fleißarbeit ist. Ohne sich und Ihren Hund ständig in Übung zu halten, können Sie nicht bestehen. Und auch die ethische und moralische Verantwortung, die Sie mit diesem Ehrenamt übernehmen, muss Ihnen jederzeit bewusst sein.
Suchen Heil!
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