Im Rahmen des am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) entwickelten Ansatzes zum nachhaltigkeitsorientierten Management, stellt Fichter (1998) u. a. das Entwicklungsprinzip als Strukturmerkmal nachhaltigkeitsorientierter Unternehmen dar. Da sich sowohl die marktbezogenen als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen von Unternehmen zunehmend ändern, sind ihm zufolge nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen in besonderer Weise gefordert, entwicklungs- und lernfähig zu sein. Fichter (1998) schlägt folgende sieben Prinzipien für ein nachhaltiges Unternehmen vor:
Leistungsprinzip: Leistungen und Innovationen eines nachhaltigen Unternehmens sollen sich nicht nur auf die Steigerung der Ökoeffizienz von bestehenden Produkten und Prozessen beschränken, sondern auch auf die Frage bezogen werden, welche gesellschaftlichen Bedürfnisse das Unternehmen am besten erfüllen kann.
Vorsichtsprinzip: Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen sind prinzipiell zu vermeiden. Das nachhaltige Unternehmen muss diesem Umstand Rechnung tragen, in dem es die Umweltauswirkungen seiner zahlreichen Stoffe und Technologien analysiert.
Vermeidungsprinzip: Das nachhaltige Unternehmen vermeidet sowohl Ressourcennutzungen, die über die politisch bestimmten Nutzungsobergrenzen hinausgehen, als auch Nutzungen, die offensichtlich über die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen hinausreichen.
Dialogprinzip: Zum Aufbau tragfähiger Verständigungspotenziale in den Beziehungen eines nachhaltigen Unternehmens zu seinen Anspruchsgruppen bedarf es einer dialogorientierten Unternehmenskommunikation.
Entwicklungsprinzip: Ein nachhaltiges Unternehmen ist in diesem Zusammenhang einem dynamischen Prozess der ständigen Neubestimmung zu unterwerfen. Während des Prozesses muss ein Unternehmen seine Entwicklungs- und Lernfähigkeit steigern.
Konformitätsprinzip: Es gehört zur Selbstverständlichkeit eines nachhaltigen Unternehmens, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.
Verantwortungsprinzip: Das nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen setzt sich kritisch mit den Leitbildern der Kunden und den Lebensstilen der Verbraucher auseinander und trägt hier nach besten Möglichkeiten zur Beschränkung und Genügsamkeit (Suffizienz) bei.
Im Weiteren identifiziert Fichter (1998) Schritte zum nachhaltigen Unternehmen, welche an Meffert und Kirchgeorg (1998) anschließen. Neben der Kultur, Strategie und Struktur nennt er Information und Kommunikation sowie Beschäftigte und Kooperation als weitere, für ein nachhaltiges Unternehmen bedeutsame Faktoren. Hierbei geht es insbesondere um die Weitergabe ökologiebezogener und sozialer Informationen, die Sicherung der Arbeitsplätze sowie eine Kooperation im Sinne eines Managements von Stoffströmen.
Nach den eher auf Unternehmensebene ansetzenden Konzepten von Meffert und Kirchgeorg (1998) bzw. Fichter (1998), sollen nun zwei Ansätze dargestellt werden, die stärker auf die Prozess- und Produktebene abzielen.
3.2.3Das Company oriented Sustainability (COSY)-Konzept
Das COSY-Konzept (Company Oriented SustainabilitY) stellt einen geschlossenen Praxisansatz zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung dar (s. Schneidewind et al. 1997). Es unterscheidet vier Bezugsebenen, auf denen Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können: Prozesse, Produkte, Funktionen und Bedürfnisse (vgl. Tab. 3.1).
Tab. 3.1 Das COSY-Konzept (Quelle: Schneidewind et al. 1997, S. 2). |
Ebene |
Erläuterung |
Bedürfnis |
Reflexion über die durch das Unternehmen befriedigten Bedürfnisse und Ableitung von Handlungskonsequenzen |
Funktion |
Ökologische Optimierung von Funktionsverbünden bei gegebenen Bedürfnissen |
Produkt |
Ökologische Optimierung von Produktdesigns bzw. von Produktmerkmalen entlang des gesamten Produktlebenszyklus bei gegebenen Funktionen |
Prozess |
Ökologische Optimierung von Produktionsprozessen bei gegebenem Produktdesign |
Nachhaltigkeit liegt auf der Unternehmensebene dann vor, wenn die ökologischen Optimierungspotenziale auf allen vier Ebenen ausgeschöpft sind (Schneidewind et al. 1997).
Die jeweils übergeordnete Ebene bildet im COSY-Konzept die Systemgrenze der unmittelbar untergeordneten Ebene. Mit dem Aufsteigen in der COSY-Hierarchie eröffnen sich für das Unternehmen jeweils neue Dimensionen ökologischer Handlungsmöglichkeiten. So findet bspw. die Prozessoptimierungbei gegebenem Produktdesign statt. Auf der anderen Seite bedeutet ein neues Produktdesign häufig auch eine Prozessänderung. Im Rahmen des COSY-Konzepts erfasst die Prozessebene alle Unternehmensprozesse, die zur Herstellung gegebener Produkte notwendig sind, wobei von einer weiten Definition ausgegangen wird, da auch Logistik- und Transportprozesse sowie Managementprozesse integriert sind. Die ökologische Prozessoptimierung geht von bestehenden Produkten aus und optimiert die Wege zur Herstellung dieser Produkte.
Beispiele für eine Prozessoptimierung in der Textilindustrie könnten ein verringerter Pflanzenschutzmitteleinsatz im Baumwollanbau, energiearme Spinn- und Strickprozesse oder abwasserarme Textilveredelungsverfahren sein. In der Lebensmittelindustrie könnten beispielsweise Energieeinsparungen in der Kühlkette erzielt oder abwasser- und energiearme Herstellungsprozesse eingeführt werden.
Auf Produktebene gibt es zwei Ansatzpunkte für eine ökologische Produktoptimierung. Einerseits kann das Produktdesign gewandelt, auf der anderen Seite das Produkt im Hinblick auf seine Belastungen entlang des gesamten Produktlebenszyklus optimiert werden. Produktoptimierungen in der Textilindustrie könnten beispielsweise ungebleichte Textilien darstellen. Verpackungsreduzierte Lebensmittel, Produkte mit Rohstoffen aus ökologischem Landbau oder aus integrierter Produktion könnten z. B. für eine Produktoptimierung in der Lebensmittelindustrie stehen. Die Produktoptimierung hinterfragt jedoch nicht, wie das betrachtete Produkt eine bestimmte Funktion erfüllt.
Auf der Funktionsebene werden daher neue Formen der Funktionserfüllung gesucht. Dabei ist jede Stufe des Produktlebenszyklus zu betrachten. Bei der Hinterfragung der Funktionserfüllung im Textilbereich sind Konzepte wie Kleidermiete oder Waschzentren zu diskutieren. Im Lebensmittelbereich geht es um ökologische Menüs in der Gastronomie oder Ertragsversicherungen für Landwirte beim Rohstoffanbau.
Die letzte Stufe des COSY-Konzepts dient der Bedürfnisreflexion. Hier wird die Frage gestellt, ob die heute befriedigten Bedürfnisse in gleichem Umfang auch in Zukunft befriedigt werden sollten oder ob alternative Formen der Bedürfnisbefriedigung gefunden werden müssen. In diesem Zusammenhang könnte es in der Textilindustrie z. B. um persönlichkeitsstil- statt saisonorientierte Kleidung gehen, in der Lebensmittelindustrie um vegetarische, saisonale oder regionale Lebensmittelangebote. Das COSY-Konzept verkörpert ein Innovationskonzept, da auf jeder Ebene nach Innovationen gesucht wird.
3.2.4Das Product Sustainability Assessment (PROSA)-Konzept
Das PROSA-Konzept (PROduct Sustainability Assessment) wurde vom Freiburger Öko-Institut im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative „HoechstNachhaltig“ für die Firma Hoechst AG erarbeitet und seitdem mehrfach überarbeitet. Das PROSA-Konzept soll weniger als Informations- und Rechtfertigungsgrundlage für die kritische Öffentlichkeit fungieren, als vielmehr eine Entscheidungshilfe für die Unternehmensführung sein bezüglich der zukünftigen Entwicklung von Produkten sowie zur Beeinflussung von Konsummustern. Die Anwendung des Konzepts verläuft in fünf Schritten (s. Grießhammer et al. 2007).
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