Alexander Gallus - Revolutionäre Aufbrüche und intellektuelle Sehnsüchte

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Die «vertrackte Revolution» von 1918/19 beflügelte Hoffnungen und Visionen, mündete aber bald in Ernüchterung und Klagen. Während unter Linksintellektuellen ein ausgeprägter Wunsch nach stärkerer Demokratisierung herrschte, missbilligten die antiliberalen Vertreter einer intellektuellen Rechten die Republik grundsätzlich. Ihr Revolutionsenthusiasmus dagegen ging in eine «konservative» oder «nationale» Richtung. Solche Interpretationsversuche verschwisterten sich auch mit Verschwörungstheorien wie die der Dolchstoßthese und trugen dazu bei, die erste deutsche Demokratie zu delegitimieren.
Historische Deutungskämpfe und intellektuelle Wunschbilder, die 1918 aufkamen und sich rasch verselbständigten, überdauerten die Zäsuren. Sie schimmerten in der Restaurationskritik der frühen Bundesrepublik ebenso durch wie in der «Weltbühnen»-Sehnsucht früherer Autoren der legendären Zeitschrift. So waren hartnäckige Nonkonformisten von links ebenso wie frühere Vertreter der «konservativen Revolution» nach dem Nationalsozialismus herausgefordert, ihre Demokratietauglichkeit unter Beweis zu stellen.
Alexander Gallus eröffnet Einblicke in die Geschichte der Intellektuellen in Deutschland während des wendungsreichen 20. Jahrhunderts und erörtert, wie modellierbar Staats- und Demokratieverständnis gewesen sind und auf welche Weise Gesellschaftskritiker ihren Standort und ihre Rolle in unruhigen Zeiten zu behaupten suchen.

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Andere Gründe sind indes wichtiger, um erklären zu helfen, weshalb die These vom Dolchstoß nicht von vornherein als die dreiste Lüge entlarvt wurde, die sie war. Mehreres kam zusammen, um das Dolchstoßargument plausibel erscheinen zu lassen. An erster Stelle ist der Überraschungs- oder Schockeffekt zu nennen, den die Mitteilung der Niederlage bei den meisten Deutschen im Frühherbst 1918 auslöste. Der Sieg im Osten mit dem harten Frieden von Brest-Litowsk gegenüber Sowjetrussland, die Frühjahrsoffensive im Westen, eine überzogene Siegpropaganda und die Tatsache eines Deutschen Reiches (fast) ohne fremde Truppen auf dem eigenen Territorium ließen die Erwartungen gerade in der Heimat nochmals steigen, um dann herb enttäuscht zu werden. An die Stelle hochtrabender Hoffnungen trat ein Gefühl von Demütigung und Unsicherheit. Um der Verschwörungstheorie den Nährboden zu bereiten, kam Weiteres hinzu: verschiedene Streiks angesichts einer zunehmend prekären Versorgungssituation ab dem April 1917 mit einem Höhepunkt im Januar 1918 und die auf einen Verständigungsfrieden zielende, von SPD, Zentrum und Fortschrittlicher Volkspartei gestützte Resolution des Deutschen Reichstags vom Juli 1917.

Waren dies nicht alles Indizien einer Sabotage von der Heimat aus? Diese Frage stellten sich bald führende Militärs, ohne an der Antwort irgendwelche Zweifel zu lassen. Er habe den Kaiser gebeten, ließ Erich Ludendorff die Stabsoffiziere bei der Obersten Heeresleitung (OHL) in den Tagen des Waffenstillstandsersuchens Anfang Oktober 1918 wissen, „jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu bringen, denen wir es in der Hauptsache zu danken haben, dass wir soweit gekommen sind. […] Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben.“ 6Mit einer Mischung aus Autosuggestion und Perfidie suchte die OHL nach einem Ausweg aus der eigenen Verantwortung, die nun ganz auf die führenden Köpfe des sozialdemokratischen und liberal-bürgerlichen Lagers abgeschoben werden sollte.

Jene Kräfte, die bald die erste Regierung der Weimarer Republik bildeten, mussten als Hauptschuldige für die Niederlage herhalten, die fortan in einem Atemzug mit der neu geschaffenen Demokratie genannt wurde. In der Dolchstoßthese schwang insofern stets ein grundlegender Angriff auf Republik und Demokratie mit. Da sollte es auch wenig nützen, als Friedrich Ebert die heimkehrenden Soldaten am 10. Dezember 1918 vor dem Brandenburger Tor mit den Worten begrüßte: „Kein Feind hat euch überwunden.“ 7Für den Historiker Mark Jones half er auf diesem Wege sogar selbst mit, „die Vorstellung in den Köpfen zu verankern, die Revolution sei dem deutschen Heer in den Rücken gefallen“. 8Dem lässt sich mit guten Gründen entgegenhalten, Ebert habe mit seinem Gruß ein Zeichen der Mäßigung, des Ausgleichs und der Integration setzen wollen, um die erschöpften Frontkämpfer im neuen, politisch gewendeten Deutschland willkommen zu heißen, das sie eben nicht im Stich ließ.

Gleich wie die Interpretationen ausfallen, konnte Ebert seine radikal-rechten Feinde nicht zufriedenstellen. Aber auch seinen Kritikern zur Linken galt er als Verräter. Jahre später sollte die sozialdemokratisch ausgerichtete Volksstimme kurz nach dem Untergang der Weimarer Republik von der „Wucht der beiden Dolchstoßlegenden“ sprechen, die der SPD-Politik ab 1918/19 heftig zugesetzt habe. 9Bildlich zum Ausdruck kam die linke Version in einer Karikatur der kommunistischen Roten Tribüne vom 9. November 1925: Sie zeigt, wie Ebert im bürgerlichen Dreiteiler – flankiert von einem Freikorps-Soldaten – einem revolutionären Arbeiter, der die rote Fahne hochhält, den Dolch in den Rücken stößt. In der gesamten Gestaltung erinnert dies an das bis heute wohl bekannteste Bild zur rechten Dolchstoßthese, nämlich das Wahlplakat der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zu den Reichstagswahlen vom Dezember 1924: Darauf ersticht ein maskierter, rotgewandeter Proletarier hinterrücks einen Frontsoldaten, der noch im Fallen die schwarzweiß-rote Fahne in die Höhe streckt.

Beide bildlichen Darstellungen stammen aus jenen Jahren, als die öffentliche Debatte im Münchner „Dolchstoß-Prozess“ ihren Höhepunkt erreichte. Der Herausgeber der Süddeutschen Monatshefte Paul Nikolaus Cossmann strengte im Herbst 1925 einen Ehrverletzungsprozess gegen den Chefredakteur der sozialdemokratischen Münchner Post Martin Gruber an. Dieser hatte Cossmann, der seine Monatsschrift zu einer Art Hauptorgan zur Propagierung der Dolchstoßthese gemacht hatte, der Geschichtsverfälschung bezichtigt. Der Prozess erregte nicht zuletzt großes Aufsehen, weil in ihm prominente Figuren wie der ehemalige Erste Generalquartiermeister Wilhelm Groener als Zeugen aussagten. Groener stellte Ebert und der Mehrheitssozialdemokratie insgesamt ein gutes Zeugnis aus, hätten beide doch mit der OHL kooperiert und eine auf Staatserhaltung zielende Politik verfolgt (was wiederum die linke Dolchstoßthese vom „Arbeiterverrat“ beflügelte). Am Ende sprach das Gericht von einem „Irrtum“, ließ den Vorwurf der Lüge und der Verhetzung indes nicht gelten. 10

Im Wesentlichen war die Behauptung vom Dolchstoß widerlegt, auch dank der Stellungnahmen verschiedener Experten – so des von den Sozialdemokraten bestellten Historikers Hans Delbrück – im Prozess sowie in dem vom Reichstag eingesetzten Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Weltkrieges. 11Dessen vierter Unterausschuss über „Ursachen des Zusammenbruchs“ hatte sich ausdrücklich der „Dolchstoßfrage“ gewidmet. So sehr schon während der Weimarer Republik durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses ungeachtet aller Ambivalenzen eine Versachlichung der Debatte geleistet worden war, so blieb die Wirkung doch gering und gelang es mitnichten, innergesellschaftliche Gräben zuzuschütten oder wenigstens zu überbrücken.

Ab Mitte der 1920er Jahre erlahmte der öffentliche Streit zunehmend, ohne dass ein Konsens erzielt worden wäre. In gemäßigten linken und liberalen Kreisen galt die „verruchte Lüge“, von der die Weltbühne bereits im Januar 1919 gesprochen hatte 12, als ein für allemal erwiesene Geschichtsfabel. Ihrem Ruf Fort mit der Dolchstoßlegende! , wie der Titel einer Broschüre aus der Feder des SPD-Ministers Adolf Köster von 1922 lautete 13, folgten aber bei weitem nicht die Angehörigen aller politischen Milieus während der Weimarer Republik. So blieb die Erzählung vom Dolchstoß ein „Haupthindernis der innenpolitischen Verständigung“, wie der Historiker Martin Hobohm 1926 in den Spalten der Weltbühne nochmals festhielt. 14

Innerhalb der politischen Rechten galt der Dolchstoß als unumstrittenes Faktum. In den neu formierten Kreisen der radikal-nationalistischen Alldeutschen und Völkischen erfuhr die These eine weitere Zuspitzung. Nunmehr standen nicht länger einzelne handelnde Politiker und debattierende Parlamentarier aus dem gemäßigt linken und liberal-bürgerlichen Lager („Vaterlandslose“, „Erfüllungspolitiker“) am Pranger, sondern pauschal ganze Gruppen, die als ebenso hinterlistig wie verabscheuenswert galten: „Marxisten“ und „Juden“. Die Dolchstoßthese bediente in dieser verschärften Variante hartnäckige antisozialistische und antisemitische Stereotype. Ein aufmerksamer Beobachter der Zeitläufte wie Ernst Troeltsch hatte schon im März 1919 auf Seiten der radikalen Rechten die Rede von der „charakterlosen jüdischen Demokratie“ einigermaßen besorgt registriert. Noch mehr wunderte er sich aber angesichts der weit über diese Zirkel hinausreichenden Bereitschaft zur Gut- oder Irrgläubigkeit: „Daß das alles Widersinn, Unwahrheit oder gar offenkundige Lüge ist, kümmert die Leute nicht.“ 15

Einem breiten rechten Spektrum diente die Dolchstoßthese der Verständigung und Selbstvergewisserung. Ihr kam, wie es Boris Barth in seinem Standardwerk Dolchstoßlegenden und politische Desintegrateion festhielt, die „funktionelle Bedeutung eines ideologischen Bindegliedes zwischen konservativen Eliten und dem Nationalsozialismus“ zu. 16Im „Dritten Reich“ wurde mit großer Gründlichkeit die These vom Dolchstoß ebenso wie vom fatalen Wirken der „Novemberverbrecher“ festgeschrieben. Schließlich galt die Revolution, die faktisch eine Folge des militärischen Zusammenbruchs war, den Nationalsozialisten als Ursache der Niederlage. Einträge zur Dolchstoß legende wurden aus Büchern, Enzyklopädien und Wörterbüchern verbannt. 17Wie groß der Glaube an diese Geschichtsmär war, sollte sich noch am Ende des Zweiten Weltkriegs zeigen: Bis in die letzten Kriegstage hinein gingen SS-Schergen mit rücksichtsloser Härte gegen Deserteure vor, damit sich ein Dolchstoß nicht wiederholte, der im Nationalsozialismus zum festen Glaubensinventar einer aus der Lüge geborenen neuen Wahrheit geworden war.

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