Scrooges Miene wurde beinahe so elend wie die des Geistes.
»Ist das die Möglichkeit und die Hoffnung, die du meinst?«, fragte er stammelnd.
»Ja!«
»Ich – ich glaube, das möchte ich lieber nicht«, antwortete Scrooge.
»Ohne ihr Erscheinen«, sagte der Geist, »kannst du nicht hoffen, den Weg zu vermeiden, den ich wandeln muss. Erwarte den ersten Geist morgen, wenn die Glocke eins schlägt!«
»Könnte ich sie nicht alle auf einmal abmachen, Jacob«, wagte Scrooge zu fragen, »und hätte es dann hinter mir?«
»Erwarte den zweiten in der nächsten Nacht zur gleichen Stunde. Den dritten in der darauffolgenden Nacht, wenn der letzte Schlag von Mitternacht verhallt. Sorge dafür, dass du mich nie wieder erblickst; und sieh zu, dass du – zu deinem eigenen Heil – dessen eingedenk bleibst, was sich zwischen uns begeben hat.«
Hierauf nahm das Gespenst sein Halstuch vom Tisch und band es wieder um den Kopf wie zuvor. Scrooge erkannte das an dem klirrenden Laut, mit dem die Zähne aufeinanderschlugen, als die Bandage die Kinnbacken zusammenbrachte. Er wagte es, seinen Blick wieder zu erheben, und sah seinen übernatürlichen Besucher hoch aufgerichtet vor sich stehen, die Kette um den Leib geschlungen und über den Arm gehängt.
Die Erscheinung entfernte sich rückwärtsgehend von ihm, und bei jedem Schritt, den sie tat, öffnete sich von selbst das Fenster ein wenig, so dass es, als das Gespenst es erreichte, weit offenstand. Es winkte Scrooge, sich zu nähern, was dieser auch tat. Als noch zwei Schritte zwischen ihnen lagen, erhob Marleys Geist warnend die Hand, nicht näher heranzukommen. Scrooge blieb stehen.
Nicht so sehr aus Gehorsam als vor Überraschung und Furcht, denn als die Hand sich erhob, vernahm er einen wirren Lärm in der Luft, unzusammenhängende Laute des Jammers und der Reue und unaussprechlich trostlose Selbstanklagen. Das Gespenst – nachdem es einen Augenblick gelauscht hatte – stimmte mit ein in diesen traurigen Klagegesang und entschwand hinaus in die finstere kalte Nacht.
Scrooge folgte ihm in verzweifelter Neugierde ans Fenster und blickte hinaus.
Die Luft war von Gespenstern erfüllt, die in ruheloser Hast hierhin und dorthin strebten und dabei erbärmlich stöhnten. Ein jedes trug Ketten wie Marleys Geist; einige von ihnen (es mochten schuldige Regierungsmitglieder sein) waren damit aneinandergefesselt; kein einziges war frei. Manche waren Scrooge im Leben persönlich bekannt gewesen. Ja, mit dem alten Geist in der weißen Weste hatte er geradezu auf vertrautem Fuß gestanden, und jetzt trug der einen riesigen eisernen Geldkasten an seinem Knöchel und heulte erbärmlich, weil es ihm unmöglich war, der verhärmten Frau beizustehen, die er mit ihrem Kinde auf einer Türschwelle unter sich sitzen sah. Das Elend all dieser Gespenster war offenbar, dass sie danach verlangten, menschliche Geschicke zum Guten zu wenden, und dass sie die Möglichkeit dazu für immer verloren hatten.
Ob diese Wesen sich in Nebel auflösten oder ob der Nebel sie einhüllte, konnte Scrooge nicht feststellen. Doch sie und ihre geisterhaften Stimmen verschwanden miteinander; und die Nacht wurde wieder, wie sie gewesen, als er nach Hause gekommen war.
Scrooge schloss das Fenster und untersuchte die Türe, durch die der Geist eingetreten war. Sie war doppelt verriegelt, so wie er sie mit eigener Hand verschlossen hatte, und die Riegel waren in Ordnung. Er versuchte »Dummes Zeug« zu sagen, doch er stockte schon bei der ersten Silbe. Und mochte es nun von der Aufregung herrühren, die er durchgemacht, oder von der Anstrengung des Tages oder dem Blick in die Welt des Unsichtbaren oder dem traurigen Gespräch mit dem Gespenst oder der späten Stunde – er war dringend der Ruhe bedürftig; er ging, ohne sich auszukleiden, zu Bett und fiel sogleich in einen tiefen Schlaf.
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