Die Schmiedekunst ist ein jahrtausendealtes Handwerk. Früher hatte eine Dorfschmiede eine zentrale Stellung: Der Schmied fertigte für den Handwerker dessen Werkzeuge, schmiedete dem Bauern einen Pflug und dem Pfarrer ein neues Kreuz. Erfinderisch suchte er nach Lösungen, um auch viele Alltagsgegenstände zu reparieren. Arbeit gab es immer genug. Und so war es nicht verwunderlich, dass junge Gesellen auf der Walz beim Meister anklopften. Die Stellung am Amboss, die Haltung des Hammers und die richtige Antwort »Ein Stück davon« erlaubten es dem Schmiedemeister, einen echten Gesellen von einem umherziehenden Vagabunden zu unterschieden. Denn damals schon war es unmöglich, alle anzuwendenden Techniken der Schlosser- und Schmiedezünfte zu beherrschen. Der Spruch »Ein Stück davon« drückt die Bescheidenheit und die Ehrfurcht des Schmiedes aus, zwei Tugenden, die Meinrad bereits in die Wiege gelegt worden sind. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, erinnert er sich gern an seine Großmutter, eine »Lichebitterin« oder »Lichtheißeri« im Elztal, die von Haus zu Haus zog und im Namen der Hinterbliebenen den Termin der Beerdigung verkündete, gegen einen Obolus oder ein paar Eier. Eine ehrfurchtsvolle, demütige, pflichtbewusste und warmherzige Frau. »Respekt, Ehrfurcht und ehrliche Arbeit, das ist im Leben wichtig, auch heute«, betont der aktive Bergsteiger. Meinrad hält in seinen Erzählungen inne, schnell muss er das Eisen aus dem Feuer holen und, wie allgemein bekannt, »schmieden, solange es heiß ist.« Was ihn beim Schmieden nach wie vor fasziniert, ist die Vereinigung der vier Elemente: Erde, Feuer, Luft und Wasser, die in der Esse zusammenkommen und das Eisen zu seiner Perfektion verformen. Das Kunstwerk ist in Meinrads Gedanken schon davor entstanden, denn die Gestaltung geschieht nicht zufällig, sondern ist etwas bewusst Durchdachtes. Oder so, wie es sein verstorbener Schmiedekollege Oskar Hafen ausdrückte: »Gestalterische Arbeit hat auch etwas Philosophisches. Man muss mit sich selbst ehrlich sein. Wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, so hat man ein Leben lang damit zu tun.«
Kontakt
Kunstschmiede Wehrle
Meinrad Wehrle
Bottingerstr. 5
79312 Emmendingen
Tel.: 07641 44329
E-Mail: meinrad.wehrle@t-online.de
www.kunstschmiede-wehrle.com
Edelbert, der Steinbildhauer
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Die Liebe hemmet nichts; Sie kennt nicht Tür noch Riegel Und drängt durch alles sich: Sie ist ohn’ Anbeginn, Schlug ewig ihre Flügel Und schlägt sie ewiglich.« (Matthias Claudius, 1740–1815) |
Der Tod hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Als im ländlichen Schwarzwald noch mehrere Generationen unter einem Dach lebten, war es selbstverständlich, zu Hause zu sterben, bis zuletzt von den Angehörigen versorgt. Der Leichnam wurde im Haus aufgebahrt, die Nachbarn kamen, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Es wurde gemeinsam getrauert, gemeinsam gebetet. Von der Totenwache bis zum Leichenzug war die Bestattung stark ritualisiert, bis der Verstorbene am Ende dann seine letzte Ruhe im Grab fand. Ein klassisches Grabmal erinnerte an den Toten. »Heute geht der Trend zu alternativen Bestattungsformen wie der Feuerbestattung und dem Friedwald oder Billigangeboten aus dem Netz. Das traditionelle Begräbnis liegt im Sterben«, weiß der erfahrene Steinbildhauer Edelbert. Anstatt nach einem Grabstein wird heute vermehrt nach einem einfach zu pflegenden Urnenplättle gefragt. Die Verwandten leben oft zu verstreut, um sich um ein Grab zu kümmern.
Seit über 40 Jahren ist Edelbert Bildhauer in Bernau, und das in der dritten Generation. Sein Großvater und sein Vater waren beide Holzbildhauer, so wie er. Nach seiner Lehrzeit beschloss Edelbert, in die Schweiz zu gehen, nach Sankt Gallen, um dort Arbeits- und Lebenserfahrung zu sammeln. In dem großen Betrieb musste eine Inschrift in Stein gemeißelt werden, doch der Steinbildhauer war ausgefallen. Kurzerhand forderte der Meister Edelbert auf: »Wenn du im Holz hauen kannst, dann kannst du das auch im Stein.« Und so kam Edelberts Stein-Karriere ins Rollen. Für die anschließende Meisterschule in Freiburg kam mangels fehlender Bewerber kein Holzbildhauerkurs zustande, es wurde umdisponiert und Edelbert im Meisterkurs der Steinbildhauerei eingeschrieben. Nach seiner erfolgreichen Prüfung folgten mehrere Auslandseinsätze, eine spannende Zeit, in der Edelbert seine Erfahrungen in den Bereichen Denkmalschutz und Restaurierung vertiefen konnte. Zunächst war er in Venedig tätig und dann in Pergamon, in der antiken griechischen Stadt, die heute in der Türkei liegt. Die Arbeit dort glich einer Sisyphusarbeit, einem Puzzlespiel, in dem Steinfragmente mühevoll zusammengeführt, restauriert und fehlende Stücke kunstvoll eingesetzt wurden.
Zurück in Deutschland setzt Edelbert die Tradition seiner Vorfahren, die Bildhauerei, fort. »Ob in Stein oder Holz gehauen, beide Berufe sind letztendlich artverwandt«, erklärt der versierte Fachmann.
»Die Faserrichtung muss stimmen.« Ein Gestein ist keine tote Materie, sondern ein verfestigtes Gemisch, Millionen von Jahren alt, das gewachsen ist. Im Schwarzwald sind die Gesteinsarten Granit, Sandstein und Gneis vorzufinden, in der Region um Schaffhausen dann auch Kalkstein. Bei Granit handelt es sich um ein magmatisches Gestein, das aus dem Erdinneren entspringt und besonders hart ist, Sandstein und Kalk hingegen sind Sedimentgesteine, die aus Ablagerungen entstehen und poröser sind. Gneis ist ein metamorphes Gestein, das sich unter hohem Druck aus anderen Gesteinen bildet, so wie auch Marmor. Mittlerweile ist es leider langwieriger, einen Nutzfelsen aus dem Schwarzwald zu besorgen, als einen Stein aus Indien, Südamerika oder Afrika. Und teurer. In unserer globalisierten Welt ist ein Grabstein »Made in India« keine Seltenheit mehr.
Für den Beruf des Steinbildhauers ist neben Körperkraft, handwerklichem Geschick und Kunstverständnis auch ein künstlerisches Auge wichtig. Und Sensibilität, denn bei der Fertigung eines Grabmals hat der Steinbildhauer mit den trauernden Angehörigen zu tun. Edelbert ist ein guter Zuhörer, in seinem Blick liegen Lebenserfahrung, Empathie und so viel Wärme. Und genau die braucht es, um sich in das Leben des Verstorbenen einzufühlen und den Angehörigen Trost zu spenden. In die Gestaltung des Grabmals fließt das Leben des Verstorbenen mit ein. Auch die Wünsche der Hinterbliebenen werden berücksichtigt, und schließlich kommt der Steinbildhauermeister mit Vorschlägen auf seine Kunden zu. Es hilft, dass Edelbert viele der Verstorbenen persönlich kennt. Sind sich Angehörige und Meister einig, erstellt Edelbert zunächst eine Zeichnung, dann wird ein Gipsmodell gefertigt.
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