Der Kachelofen als Heizquelle hat im Schwarzwald lange Tradition. Als Herzstück stand er in der Stube, befeuert wurde er von der Küche aus. Der Rauch zog durch die Züge im Innenleben des Ofens, erwärmte die Kacheln und die Kunst, die Bank neben dem Ofen, bevor er in der verrauchten und rußigen Küche wieder austrat. Ohne Rauchabzug und Schornstein räucherte der Rauch den Speck und die Würste, die in der Küche an der Decke hingen, bevor er sich dann seinen Weg durch das ganze Haus bahnte, bis er an einer Dachöffnung entweichen konnte. Neben dem Räuchern diente der Rauch mit seiner imprägnierenden Wirkung auch dem Schutz des Holzes und somit des gesamten Gebäudes. Die wohlige Stube war der einzige rauchfreie Raum. Im Wärmefach wurden Speisen und Wasser warmgehalten oder Kirschkernkissen aufgewärmt. Auf einem Gestell über dem Ofen konnte man die Wäsche zum Trocknen aufhängen und direkt über den warmen Kacheln das Obst zum Dörren ausbreiten.
Seitdem sind nicht nur längst Schornsteine in unsere Häuser eingezogen, auch die heutige Heiztechnik hat sich stark gewandelt, um den aktuellen Anforderungen und Normen gerecht zu werden. So ist der Ofenbauer Maurer, Gipser, Maler, Elektriker, Gasinstallateur, Schweißer, Blechner und Restaurator in einem. Und die Beratung ist ein wichtiges Spektrum in dem Aufgabengebiet, denn jeder Ofen ist einmalig und den häuslichen Gegebenheiten und den individuellen Bedürfnissen perfekt angepasst. Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Öfen: den Speicherofen mit einer fertigen Feuerstelle, der dann mit Kacheln verkleidet werden kann, oder den Grundofen mit gemauerten Rauchgaszügen. Diese Züge werden mit Schamottesteinen gebaut und können schon mal bis zu zehn Meter lang sein, bevor sie anschließend den Schornstein erreichen. Insgesamt kann dann so ein Koloss bis zu 5 Tonnen Gewicht auf die Waage bringen. Verkleidet wird der Grundofen in der Regel mit neuen Kacheln. Doch die Gehring-Männer verstehen sich auch auf die Restauration alter Kacheln, die dem Ofen ein ganz besonderes Hair geben. Das Elztal zum Beispiel hatte traditionell schwarze Kacheln mit Waffelmuster, das Markgräflerland rot-schwarz marmorierte Keramik. Auch der Sockel war von den lokalen Gegebenheiten abhängig: entweder aus Sandstein oder aus Granit. Heute sind alte Kacheln schwer zu finden. In den siebziger Jahren galten Kachelöfen als rückständig, Ölöfen waren die neue Heizmode. »Und so wurden reihenweise alte Kachelöfen aus den Häusern gerissen«, weiß der rüstige Senior Stefan. Der 81-Jährige erinnert sich noch an ganz andere Bräuche, die heute selten gepflegt werden: Nach Fertigstellung des Ofens und vor seiner Feuertaufe betritt nur der Ofenbauer die Stube, mit einer Flasche Schnaps im Gepäck. Allein im Raum spricht er dann einen geheimen Ofenbauer-Spruch und bringt anschließend den Ofen, und vielleicht auch ein bisschen sich selbst, mit dem Hochprozentigen zum Glänzen. Alsdann darf die Familie die Stube betreten. »Angefeuert wird der Ofen von einer Jungfrau, so will es der alte Brauch«, lacht Frank und fügt hinzu: »So habe ich auch meine Frau vor vielen Jahren kennengelernt. Ich habe bei ihrer Familie einen Ofen gebaut, und am Ende sind die Funken hochgeflogen, nicht nur im Ofen.«
Dass die Familie Gehring ein warmes Herz hat, zeigen ihre vielen karitativen Tätigkeiten. In seiner Freizeit hat Frank bereits mehrere Male in Litauen und Rumänien gemeinsam mit anderen Ofenbauern in Kinderheimen Heizquellen eingebaut. Bemalt wurden die Kacheln von der Schule in Winden. Und so trägt er den Traum von Geborgenheit und Wärme in die Welt hinaus. Kundschaft haben die Männer aus Winden übrigens in ganz Europa: Auf Sylt im hohen Norden, in der Schweiz und sogar auf Mallorca stehen Schwarzwälder Kachelöfen. Besonders stolz ist Frank auf den Designpreis für den schönsten handwerklich gebauten Kachelofen – ein Meisterstück in schlichtem Design, aus heimischem Sandstein, schwarzer Keramik und ganz viel Wärme. Ein neuer Wohlfühlplatz für einen Schwarzwälder Rücken.
Kontakt
Die Ofenmacherei
Frank Gehring, Ofenbaumeister
Kirchberg 4a
79297 Winden im Elztal
Tel.: 07682 8444
info@die-ofenmacherei.de
www.die-ofenmacherei.de
Meinrad, der Kunstschmied
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Ein Geselle auf der Walz schlägt dreimal mit dem Hammer seitlich an den Amboss und spricht: ›Glück auf, ihr Meister und Gesellen, ein fremder Schmied spricht vor.‹ ›Ein fremder Schmied? Sag, was kannst du? Was hast du gelernt?‹ ›Ein Stück davon!‹, lautet die einzig gültige Antwort.« |
Wie aus einem simplen Rundstahl ein geschwungenes Blütenblatt mit einer gebogenen Spitze, einem abgerundeten Rand und feinen Blattadern wird, das erlebt man bei Meinrad, dem Kunstschmied und Herrn über das lodernde Feuer. Eine großräumige Werkstatt erwartet jeden Besucher mit einer großen Fensterfront, hell und luftig, die das Sonnenlicht in das Innenleben der Schmiede eintreten lässt. Meinrads Arbeitsstätte hat so gar nichts mit der dunklen, verrußten und staubigen Schmiede in unserer Vorstellungswelt zu tun.
Das lodernde Feuer, die Kohlenglut in der Esse, das glühend heiß erhitzte Eisen, die Hammerschläge auf dem Amboss, das Sprühen der Funken, der Geruch des Zunders, das Zischen des Wassers, wenn das verformte Eisen gekühlt wird, all das macht die Faszination des Berufs aus. Und dann natürlich die künstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten. Ein guter Schmied benötigt Kraft, Geschicklichkeit und viel Kreativität. Meinrad hat alles. »Ein Stück davon«, wie er immer wieder betont. Dabei ist der Kunstschmied eher zufällig auf den Beruf gestoßen. Ein Bekannter suchte einen Auszubildenden, und der jugendliche Meinrad dachte damals: »Das Wörtchen Kunst vor dem Wort Schmied kommt bei den Mädels sicher gut an.« Lauthals lacht er über seine damaligen Gedanken, fügt aber ernster hinzu: »Ich gehöre in die Werkstatt, abends sehe ich, was ich geleistet habe.« Und es freut ihn, überall im Ländle seine Werke zu sehen: schön geschwungene Portale vor einem Bankgebäude, ein kunstvoll dekoriertes Werbeschild eines Gasthofs oder eine individuell gefertigte Wetterfahne auf einem Dach.
Nach der Lehrzeit in den achtziger Jahren hatte Meinrad das große Glück, in der damaligen Tschechoslowakei bei Alfred Habermann, Kunstschmied, Bildhauer, bedeutender Restaurator und einer der besten Schmiede weltweit, sein Wissen zu vertiefen. Das war ein Augenöffner für die Welt der künstlerischen Eisengestaltung und ihre unendlichen Möglichkeiten. Zurück in der Heimat legte Meinrad seine Meisterprüfung ab, machte sich selbstständig und bildet seitdem nun selbst Lehrlinge aus Deutschland und Praktikanten aus ganz Europa aus. Als erstes bedeutendes Werk dürfen seine Auszubildenden eine Zange schmieden, eines der wichtigsten Werkzeuge eines Schmieds und eine nicht ganz einfache Angelegenheit. Über 250 unterschiedliche Zangen hängen an Meinrads Werkstattwand, zusammen mit über 150 verschiedenen Hämmern. Eine Unzahl an Meißeln, Punzen, Ziselierern und Rippern bereichern die Werkzeugsammlung, die meisten davon hat er selbst hergestellt. Und dann steht da noch der Amboss, der Stahlblock, seit 2000 Jahren unverändert in seiner Form, auf dem mit kräftigen Schlägen das glühende Eisen verformt wird. Herzstück der Werkstatt ist natürlich die Esse, die offene Feuerstelle, die mit Steinkohle kräftig angeheizt wird und in der die Eisenstangen liegen. Die Farbe des Stahls verrät Meinrad, welche Temperatur das Material hat. »Kirschrot liegt bei 800 °C, gelb bei ungefähr 1000 °C und weiß dann bei 1300 °C«, erzählt der Fachmann. Schnell verformt er den Stahl am Amboss und legt sein Stück wieder in das Feuer, denn das Material kühlt schnell ab. Und damit kein Leerlauf aufkommt, hat Meinrad mehrere »Eisen im Feuer«, die er gleichzeitig bearbeitet. Und so entstehen Stück für Stück kunstvoll geschmiedete Türknaufe, elegante Fenstergitter und filigran gearbeitete Grabkreuze, die überall im Schwarzwald stehen. Ein wichtiges Aufgabengebiet ist heute auch die Denkmalpflege und die Restauration historischer Kulturgüter.
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