Die Suche nach Ähnlichkeiten
Im Lauf der letzten sieben Jahre habe ich viel Zeit damit verbracht, Fallstudien von Menschen zu analysieren, die Remissionen und Spontanheilungen erlebt hatten. Die dabei gesammelten Informationen und die Geschichten, die mir diese Menschen erzählt haben, sind wirklich eindrucksvoll. Sie zeigen wesentliche, klinisch nachweisbare Veränderungen in Fällen von gutartigen und bösartigen Tumoren, Herzkrankheiten, Diabetes, Atembeschwerden, Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel, Krampfadern, Schilddrüsenproblemen, Zahnproblemen, Augenbeschwerden, Muskelschmerzen und seltenen genetischen Störungen, denen die Medizin machtlos gegenübersteht, um nur einige zu nennen.
Diese Männer und Frauen wurden gesund, obwohl ihnen weder konventionelle noch alternative Therapien geholfen hatten. Sie alle haben ihren Körper selbst geheilt. Bei der medizinischen Überprüfung ihrer Krankengeschichten konnte ich auf der äußeren Ebene keinen gemeinsamen Faktor finden, der diese Genesungen erklärt hätte.
Durch diverse Therapien hatten manche zuvor zwar Erleichterung erfahren, aber keine Heilung. Einige Krebspatienten hatten sich beispielsweise bestrahlen lassen oder Chemotherapien gemacht, doch war der Krebs dadurch nicht ganz verschwunden oder schnell wiedergekommen. Andere hatten sich operieren lassen, was ihre Beschwerden linderte, aber nicht wirklich zum Verschwinden brachte. Viele hatten jahrelang Medikamente eingenommen, etwa gegen hohen Blutdruck, ohne dass sich dadurch wirklich etwas verändert hätte. Einige Patienten hatten an klinischen Studien teilgenommen und neue Medikamente getestet – ohne positive Wirkung. Manche hatten auch auf Vitamine und spezielle Ernährungsweisen gesetzt. Ein paar berichteten, durch Fastenkuren hätten sie sich zwar besser gefühlt, seien jedoch nicht dauerhaft beschwerdefrei geworden. Auch alternative Heilmethoden waren erfolglos angewendet worden. In manchen Fällen hatte eine Psychotherapie geholfen, den Stress zu reduzieren, aber auch keine Heilung herbeigeführt.
Viele Patienten hatten ihre Therapien wegen erwiesener Nutzlosigkeit abgebrochen. Manche hatten sich auch nie um medizinische Unterstützung bemüht. Was also hatten alle diese ehemals Kranken letztlich getan, das sie wieder gesund werden ließ?
Nach Auswertung der Informationen aus meinen sämtlichen Gesprächen musste ich aus wissenschaftlicher Perspektive davon ausgehen, dass es sich hier um mehr als einen Zufall handelte. Ein einmaliges Ereignis heißt im Englischen incident. Geschieht das Gleiche ohne erkennbaren Grund ein zweites Mal, nennen wir das co-incident, vielmehr coincidence: ein überraschendes, zufällig wirkendes Zusammentreffen von Ereignissen.
Doch ereignet sich das Gleiche ein drittes, ein viertes und gar ein fünftes Mal, müssen wir die Zufalls-Hypothese fallenlassen: Es muss etwas in Übereinstimmung geschehen sein, damit es zu diesen Wiederholungen kommen konnte. Im Licht dieser Wiederholungen erscheint es sinnvoll, dem alten Spruch nachzugehen, der besagt: Keine Wirkung ohne Ursache. Angenommen – so fragte ich mich –, es gibt hier eine Ursache-und-Wirkung-Beziehung und weiter angenommen, die Wirkung ist in all diesen Fällen die spontane Wiederherstellung der Gesundheit: Was kann das in allen diesen Individuen verursacht haben?
Da in keinem der Fälle eine wie auch immer geartete Behandlung in direkter Weise auf den Körper eingewirkt hätte, nahm ich an, es könnte vielleicht ein innerer Prozess im Gehirn diese Veränderungen hervorgerufen haben. Sollte unser Denken tatsächlich so viel Macht haben? Wie die meisten Ärzte zugestehen, beeinflusst die innere Einstellung eines Patienten den Erfolg seiner Behandlung. Wäre es möglich, dass die Heilung aller dieser Menschen einfach auf einer Veränderung ihres Geistes, ihres Denkens beruhte?
Ich sann auch darüber nach, ob es eine wissenschaftlich haltbare Beziehung zwischen den Vorkommnissen in diesen Fällen und dem menschlichen Geist gab. Wenn wir das Ganze streng wissenschaftlich angingen, würden wir dann vielleicht entdecken, dass ein Prozess im Geist – und zwar unmittelbar im Gewebe des Gehirns – stattgefunden hatte, der solche Heilungen hervorruft? Könnten wir diesen Prozess mit denselben Ergebnissen wiederholen? Würden wir dabei wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten aufspüren, mit deren Hilfe sich die Verbindung zwischen Körper und Geist erklären ließe?
Fasziniert von meinen Erkenntnissen an der Ramtha-Schule, deren Credo gerade das Primat des Geistes über die Materie ist, machte ich diese Fragen zum Ausgangspunkt meiner Studien der Spontanheilungen und ihrer möglichen Beziehung zum menschlichen Geist. Ich war sehr geneigt, an diese Beziehung zu glauben – immerhin hatte ich die Erfahrung, dass der menschliche Geist den Körper heilen kann, bereits selbst gemacht. Tatsächlich waren einige Menschen, die ich im Lauf der Zeit zu diesem Thema interviewte, Schüler der Ramtha-Schule, die gelernt hatten, ihren eigenen Körper zu heilen.
Manchmal bereitete es mir durchaus Mühe, die Heilungen zu akzeptieren. Andererseits wird seit Menschengedenken davon berichtet. In alter Zeit wurden sie in der Regel im Rahmen der jeweiligen religiösen Überzeugungen interpretiert. Aus christlichen, buddhistischen, islamischen, alten ägyptischen oder hebräischen Überlieferungen erfahren wir, dass viele zivilisierte Kulturen an die Möglichkeit einer spontanen Wiederherstellung der Gesundheit glaubten und davon berichteten.
In der Vergangenheit bezeichneten die Menschen es oft als »Wunder«, wenn etwas geschah, das sich mit dem Wissenschafts- und Kenntnisstand der jeweiligen Zeit nicht erklären ließ. Das Lexikon definiert ein Wunder als eine Wirkung oder ein außergewöhnliches Ereignis in der physischen Welt, das alle bekannten menschlichen oder natürlichen Kräfte übersteigt und deshalb einer übernatürlichen Ursache zugeschrieben wird.
Wie das Studium geschichtlicher Quellen zeigt, pflegte man früher Ereignisse, die nicht in die kulturellen Überzeugungen und die sozialen, wissenschaftlichen oder politischen Konventionen passten, als »Wunder« zu bezeichnen. Stellen Sie sich einen Mann vor, der aus einem Flugzeug springt: Sein Fallschirm öffnet sich und er landet sicher auf der Erde. Noch vor zwei Jahrhunderten hätte das als Wunder gegolten und wäre, wie andere unerklärliche Phänomene, dem Wirken einer übernatürlichen Kraft zugeschrieben worden – sei sie göttlicher oder dämonischer Natur.
Zurück in die Gegenwart: Eine Frau bildet eine schwere Krankheit aus, die normalerweise zum Tod führt, und erhält die Prognose, sie habe nur mehr sechs Monate zu leben. Nach sechs Monaten sucht sie den Arzt erneut auf, um sich untersuchen zu lassen. Und dieser stellt zu seiner Überraschung fest, dass er keinerlei Anzeichen der Krankheit mehr finden kann. Nach objektiven Kriterien ist die Frau geheilt.
Wenn wir eine Genesung dieser Art als »Wunder« bezeichnen, übersehen wir eine weiter reichende Wahrheit: Sobald eine Gesellschaft die Ursachen, Funktionen und Auswirkungen eines Ereignisses begriffen hat, erhebt sie es nicht mehr auf die Ebene des Übernatürlichen. Früher dienten Mythen und Legenden der Erklärung von Naturphänomenen. So hat jede Kultur beispielsweise ihren eigenen Schöpfungsmythos. Und es berichten neben der christlichen auch viele andere Überlieferungen von einer großen Flut. Wie wir heute erkannt haben, könnte unsere individuelle oder die Unfähigkeit unserer Kultur, ein Ereignis zu erklären, mit unserem Wissensdefizit zusammenhängen. Vieles, was einst als wundersam galt, betrachten wir heute als natürlich. Existiert also vielleicht auch für Spontanheilungen eine plausible Erklärung?
Das Wundersame besitzt eine interessante Komponente. Wer nach sogenannten wundersamen Erfahrungen oder Ergebnissen strebt, die nicht den jeweiligen kulturellen Überzeugungen entsprechen, handelt gegen die medizinischen, sozialen oder gar religiösen Konventionen. Angenommen, bei einem Mann werden Bluthochdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel festgestellt. Sein allopathischer Hausarzt erklärt ihm die Therapie und deren Aussichten, gibt ihm einen Behandlungsplan, vielleicht verschreibt er Medikamente, empfiehlt eine bestimmte Diät und gibt ihm alle möglichen Verhaltensratschläge. Reagiert der Patient in der Weise, dass er sich freundlich bedankt, aber andeutet, er würde auf seine eigene Weise damit umgehen, wäre der Arzt sicherlich der Ansicht, er setze mutwillig sein Leben aufs Spiel. Jeder, der sich auf den hoffnungsvollen Weg zu einer wundersamen Veränderung in seinem Leben begibt, muss damit rechnen, für fehlgeleitet, irrational, fanatisch oder sogar verrückt gehalten zu werden.
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