Teresa Gilewska
Schnittkonstruktion in der Mode
Grundschnitte
stiebner
Vorwort Vorwort Dieses Buch ist das Resultat von fast 30 Jahren Zusammenarbeit mit Auszubildenden und ihren Fragen. Ob es sich um meine vielen Schüler aus Polen, Frankreich oder China handelt oder aber um Menschen, die ohne den Beruf zu erlernen, einfach ihre Garderobe gestalten wollen – allen wollte ich stets erklären, dass die Entwicklung eines Kleidungsstücks nie auf dem Zufall beruht ! Wie der Körper, so gehorcht auch seine Bekleidung präzisen Regeln der Architektur, an die sich selbst die größten Genies halten müssen. Diese Konstruktionsregeln sind kein Joch, denn sie lassen sich einfach anwenden, wenn man sich die Mühe macht, sie Schritt für Schritt zu verstehen. Oft genug sehe ich, dass Designer mit Schablonen arbeiten (Grundschnitte in den Größen 38 oder 40 als Arbeitsgrundlage), ohne wirklich Zeit zu sparen und den strukturellen Aufbau des zu fertigenden Kleidungsstücks zu verstehen. Ohne dies kritisieren zu wollen, meine ich doch, dass es besser ist, die Schablone im Kopf zu haben als den Kopf in der Schablone ! Deswegen finden Sie in diesem Buch keine Schnittmuster „zum Kopieren und Ausschneiden“, sondern grundlegende Hinweise, die Ihnen helfen, den detaillierten Aufbau des Kleidungsstücks zu verstehen, sei es ein Rock, ein T-Shirt oder eine Jacke. Auf dieser Basis können Sie dann auch einfach und logisch eigene Grundmuster erstellen. Überhasten Sie nichts, denn im Verständnis liegt der Fortschritt und nur so werden Sie besser ! Um Ihre Kreativität zu befriedigen, habe ich die Elemente der Details wie Ausschnitte, Kragen, Ärmel und Taschen kapitelweise abgehandelt. Sobald Sie den Grundschnitt für Ihr Kleidungsstück haben, können Sie ihn nach Belieben anpassen und persönlich gestalten. Ich möchte, dass dieses Buch mehr bietet als eine Methode. Es ist ein Werkzeug, um die Logik von Kleidung zu verstehen und ein Mittel, um ihre Struktur und ihren Aufbau zu beschreiben. Teresa Gilewska
Allgemeines Allgemeines Mit diesem ersten Band über die Schnittkonstruktion in der Mode erlernen Sie die Grundlagen für die Erstellung von Schnittmustern. Die Technik für das Anfertigen von Musterzeichnungen wird in allen Details gezeigt. Zu den Modellen gibt es zahlreiche Zeichnungen mit Beschreibung, damit Sie die Struktur des Kleidungsstücks kennen und verstehen lernen. Die hier entwickelte Methode können auch nicht professionelle Schneider nachvollziehen. Aber bevor wir in das Thema einsteigen, also Schnittmuster konstruieren und die Modelle Schritt für Schritt beschreiben, zunächst ein paar allgemeine Informationen : Körpermaße, Größentabelle und Begriffe für die Schnittbogen.
Körpermaße Körpermaße BILD 1 Ganz gleich, welches Modell oder welche Größe – auf jeden Fall sollte man zunächst einen Grundschnitt fertigen und dann die gewünschten Änderungen vornehmen. Bevor man mit der Schnittkonstruktion beginnt, müssen die Maße sorgfältig genommen werden. Zunächst wird der Sitz der Taille mit einem leicht gespannten Band in der Vertiefung oberhalb des Beckenknochens gemessen. Diese Taillenlinie dient auch als Bezugspunkt für die Längenmaße. Die Maße werden ohne Zugaben gemacht ; die Vergrößerung erfolgt später auf der Konstruktion des Grundschnitts, wenn das Muster abgewandelt wird. BILD 2 1. Brustweite – Maßband um die stärkste Stelle der Brust legen. 2. Taillenweite – gemäß dem Maßband. 3. Obere Hüftweite – etwa 10 cm unterhalb der Taillenlinie. 4. Hüftweite – etwa 20 cm unterhalb der Taillenlinie. BILD 3 5. Rückenlänge – von der Schulter am Halsansatz bis zur Taille. 6. Vordere Taillenlänge – von der Schulter am Halsansatz bis zur Taille, über die Brustspitze. 7. Brusthöhe – von der Schulter am Halsansatz bis zur Brustspitze. 8. Obere Hüfthöhe – etwa 10 cm unterhalb der Taillenlinie nach unten. 9. Leibhöhe – etwa 20 cm unterhalb der Taillenlinie nach unten. 10. Brustzugabe – von einer Brustspitze zur nächsten. 11. Rückenweite – von einem Arm zum nächsten, gemessen an den Armansätzen. 12. Oberbrustweite – von einem Arm zum nächsten, gemessen an den Armansätzen. 13. Halsweite – gemessen am Halsansatz. 14. Schulterbreite – vom Halsansatz bis zum Armausschnitt. 15. Armlänge – gemessen am gebeugten Arm, von der Schulter bis zum Ellbogen und dann vom Ellbogen bis zum Handgelenk. BILD 4 BILD 5 16. Ellbogenhöhe. 17. Oberarmweite – an der stärksten Stelle des Armes. 18. Handgelenkumfang.
Größentabelle Größentabelle Die ursprüngliche Größentabelle basiert auf den Durchschnittsmaßen von 1000 bis 10 000 Frauen, die vom IFTH (Institut français du textile et de l’habillement) gemessen wurden. Auf diesen Standardgrößen basieren die Grundschnitte. Diese Tabelle ist aber nicht allgemeingültig. Viele Hersteller haben für den Bedarf ihrer Kundinnen bei bestimmten Kleidungsstücken eigene Größen oder Zwischengrößen. Auch über die einzelnen Maße herrscht keine Einigkeit. So wird die Länge des Oberkörpers hinten vom Halsansatz an gemessen – manchmal in der Mitte und manchmal an der Schulter. Das gibt natürlich wegen der Vertiefung zwischen den Schulterblättern unterschiedliche Maße. Daher gibt es nicht nur eine Größentabelle. Jede Tabelle ist für eine bestimmte Nutzung bestimmt und es gibt dann entsprechende Konstruktionsmethoden für die Grundschnitte. Die Messungen der Jahre 2003 bis 2004 haben deutliche Unterschiede zu den Messungen um 1950 ergeben. Die Größentabelle gilt für Körpergrößen von 168 bis 172 cm.
Schnittbogen Schnittbogen – Begriffe BILD 6
Grundschnitt Grundschnitt Der Grundschnitt ist die Übertragung der Körperformen und Proportionen und die Verteilung der Abnäher auf eine zweidimensionale Fläche nach den ermittelten Maßen. Die perfekte Anpassung des Modells an den Körper (ohne Kneifen und unerwünschte Falten) hängt von der Qualität des Grundschnitts ab. Es ist nicht besonders schwer, ein Schnittmuster für ein modisches Kleidungsstück zu entwickeln. Das wahre Problem liegt in der Anpassung an den Körper. Man kann die Technik oder die Methode für die Konstruktion eines Schnittmusters aber nicht durch bloßes Ausprobieren erlernen. Um sie wirklich zu beherrschen, muss man verstehen, was man gerade tut, und sich die einzelnen Schritte einprägen. Es gibt drei Methoden für die Konstruktion eines Schnittmusters : 1. Schnittmuster auf der Grundlage der Standardgrößen. 2. Schnittmuster nach Maß – das Schnittmuster wird nach den Maßen der Person konstruiert, für die das Kleidungsstück bestimmt ist. 3. Schnittmuster für Haute Couture – die Konstruktion des Schnittmusters erfolgt nach einem Toile in den Körpermaßen der Kundin. Zu diesem Zweck wird ein Abguss vom Körper genommen und daraus eine Kunststoffbüste angefertigt.
Oberteile Oberteile Unter den vielen Techniken zur Fertigung eines Schnittmusters für ein Oberteil eignet sich diese besonders für Anfänger. Wichtig ist, den Aufbau der Grundlage für das Oberteil zu verstehen und die Schritte sorgfältig zu befolgen, denn von dem erworbenen Können hängen der Erfolg und die Qualität des Kleidungsstücks ab. In diesem Buch wird der Grundschnitt anhand von Beispielmaßen ohne Vergrößerung konstruiert, d. h. ohne Zugaben für mehr Tragekomfort. Die Vergrößerung erfolgt je nach Modell vor der Abwandlung des Grundschnitts. Der Grundschnitt enthält auch keine Nähte, denn er ist eine Arbeitsgrundlage für die Abwandlung des gewünschten Modells. Die Nähte sind auf dem endgültigen Schnittmuster eingezeichnet. Zur Vereinfachung basiert diese Konstruktion auf dem halben Rücken- und dem halben Vorderteil. So erhält man ein absolut symmetrisches Kleidungsstück mit identischen Seiten. Die beiden fehlenden Hälften werden durch einfache Symmetrie entwickelt.
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