CALLGIRL UNTERM WEIHNACHTSBAUM
Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Copyright © 2021 dieser Ausgabe Obo e-Books Verlag,
alle Rechte vorbehalten.
M. Kluger
Fort Chambray
Apartment 20c
Gozo, Mgarr
GSM 2290
Covergestaltung: Art for your book
1. Die schlimmsten zwei Wochen meines Lebens 1
2. Fuck! 2
3. Only You 3
4. Big big Love 4
5. Der arme Kerl 5
6. Aufheizen 6
7. Jacob verleiht Flügel
8. Schluss mit Reden
9. Schneemänner
10. Todespunsch
11. Hölzerne Einhörner
12. Tock Tock Tock
13. Eine richtige Frau
14. Hilfe, Einbrecher!
15. Exfreundinnen und kleine Monster
16. Der verschollene Bruder
17. Familienbande
18. Schlaf Jacob, schlaf
19. Schnee und anderes Gestöber
20. Auf dem Dach
21. Tauchstation
22. Gitarrenklänge
23. Offenbarungen
24. Schadensbegrenzung
25. Ruhe vor dem Sturm
26. Junge auf der Flucht
27. Ruhe nach dem Sturm
28. Die Frage
29. Zu- oder Absage?
30. Verantwortung
31. Weihnachten
Die „Plötzlich Callgirl“ Reihe
Über OBO e-Books
1
DIE SCHLIMMSTEN ZWEI WOCHEN MEINES LEBENS
EMMA
„Was willst du? Kannst du das bitte noch einmal wiederholen?“
Rory röhrte wie ein brünstiger Hirsch oder so. Auf alle Fälle klang er sehr gefährlich. Als ob er mich fressen wollte. Und so sah er auch aus.
„Urlaub“, wisperte ich.
„Urlaub? Nachdem du mich auf Knien angebettelt hast, dass ich deine Stunden auf Vollzeit aufstocke?“
Ich schloss kurz die Augen, um mich zu sammeln. Wenn ich mich weiterhin einschüchtern ließ, bekam ich den Urlaub nie.
„Ja, es geht um mein Leben. Ich brauche eine Woche“, sagte ich in normaler Lautstärke und raffte die Schultern, um nicht länger dazustehen wie ein Tier, das sich ergeben hatte.
Rory lachte. Aber das Lachen klang nicht lustig, sondern Angst einflößend.
„Nachdem du schon das ganze Wochenende ausgefallen bist?“, wetterte er.
Zwei zu null für meinen Boss.
„Ich arbeite doch nicht erst seit letzter Woche für dich, Rory, sondern seit fast zwei Jahren. Ich hatte noch nie Urlaub. Nicht mal, als ich meine Master-Arbeit schrieb. Sogar am Tag der Urteilsverkündung habe, äh, hätte ich gearbeitet”, sagte ich.
„Das stimmt“, gab Rory zu.
Ich schöpfte bereits Hoffnung, da er ja auch die Stirn runzelte und aussah, als würde er nachdenken, sich besinnen und nach einer Lösung für das Problem zu suchen. Ich gab es ja zu: Aus seiner Sicht war es ein Problem, dass ich nach dem Wochenende in der Bar auftauchte und anstatt zu arbeiten ab sofort Urlaub verlangte. Und auch noch ab sofort.
Ich schämte mich ja auch dafür. Einerseits. Andererseits war da Jacob, der mich in sein Ferienhäuschen eingeladen hatte. Eine Woche. Nur wir zwei beide. Für unsere Liebe. Wir brauchten diese Woche so dringend.
„Nein. Ich brauche dich hier“, sagte Rory und zählte weiter das Wechselgeld in der Kasse.
Ich fasste all meinen Mut zusammen und sagte verzweifelt: „Ist das dein letztes Wort, Rory?“
„Lois ist im Urlaub. Pam und Henrik sind krank. Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, Emma, dann ist es für immer. Dann suche ich mir jemanden, auf den ich mich auch in Zeiten der Not verlassen kann.“
Ich war am Arsch. Ausgerechnet jetzt brauchte Rory mich rund um die Uhr.
„Jacob wird das verstehen. Rory hat dir doch angeboten, dass du in Urlaub kannst, sobald die anderen drei wieder in der Bar sind.“ Tina legte ihre Arme um meine Schultern.
Leider tröstete mich ihre Umarmung überhaupt nicht.
„Aber wann wird das sein? Einen ganzen Tag mit Jacob habe ich bereits verloren.“
„Wenn er dich wirklich liebt, wird er warten.”
Wie klang das denn jetzt wieder?
Wenn …
Genau das war es doch, was ich herausfinden musste. Ich musste wissen, ob er mich wirklich liebte. Ob da mehr war als pure Leidenschaft. Ich musste ganz einfach Zeit mit Jacob verbringen. Ich konnte doch jetzt nicht arbeiten.
Und auch noch in diesem Not-Job. Der ganze Schlamassel mit meinem miesen Examen begann auch schon wieder in meinen Eingeweiden zu rumoren. Die zweitbeste Note … Kein Job in der Wissenschaft … Überhaupt kein Job, für den mein Studium erforderlich war ...
„Kannst du für mich einspringen?“, flehte ich Tina verzweifelt an. „Jacob kann sich nur diese Woche loseisen. Danach muss er sich um die Kooperation mit Klotz Inc. kümmern. Das wird ihn voll beanspruchen. Er weiß nicht, wie lange.“
„Klotz Inc.?“
Ich stöhnte auf. Hatte Tina etwa schon wieder alles vergessen, was ich ihr über das vergangene Wochenende erzählt hatte?
„Der neue Kooperationspartner.“
„Ja, ja, ich weiß.“ Tina streichelte mein zukünftiges Patenkind, das in ihrem Bäuchlein heranwuchs. „Ich habe ein paar Aufträge, die wir dringend brauchen, um über die Runden zu kommen. Am Donnerstag und am Samstag kann ich für dich einspringen. Mehr ist leider nicht drin.“
Ich versteckte das Gesicht hinter meinen Händen. Jetzt fühlte ich mich so mies.
Nur weil ich mich mit Jacob vergnügen wollte, bettelte ich eine Schwangere an, mich in der Bar zu vertreten. Das war fahrlässig.
Wenn Tina in dem Gewühl angerempelt wurde, wenn ihr jemand einen Ellbogen in den Bauch rammte, wenn auch aus Versehen, wenn sie ausrutschte ...
„Ach, Tina. Vergiss alles, was ich gesagt habe. In der Bar ist der Teufel los. Du kannst da nicht arbeiten.“
Sie nickte langsam. „Was ist denn mit Ron?“
„Der ist schon im Einsatz.“
„Kann er vielleicht Doppelschichten machen?“
Das war die Idee! Mein bester Freund half mir bestimmt! Auf Ron konnte ich mich immer verlassen.
Ich hängte mich sofort ans Telefon. Wenn ich Glück hatte, kämpfte Rory nach der langen Nacht noch mit seinen enormen Einschlafschwierigkeiten. Ich würde ihm vorschlagen, dass Anita oder Tammy meine Schicht übernahm und Ron zusätzlich deren Schicht.
Ich hatte Glück! Rory wälzte sich noch mit der Schlafmaske im Bett.
„Du hast sie nicht alle, Emma!”, brüllte er mich an, nachdem er die Ohrstöpsel rausgenommen hatte. „Wir sind total unterbesetzt! Ron schiebt seit Wochen Doppelschichten. Du arbeitest seit gestern für zwei. Nur so als kleiner Hinweis, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte! So wie übrigens alle, die nicht mit Grippe flachliegen. Anita hat sich vorhin auch noch krank gemeldet. Die Urlauber habe ich schon zurückgepfiffen. Und tauschen kann man da gar nichts mehr! Du bekommst keinen Urlaub! Basta!”
Oh nein! Was sollte ich denn jetzt tun? Glücklich verhungern? Oder meine wahrscheinlich ganz große Liebe sausen lassen?
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