Tango unterm
Regenbogen.
Ein Roman vom
Familienportraet-Produzenten
Tilo Braun-Wangrin
„Ick bin wat alle sind. Een kleenet Menschenkind.“
Mit 16 sagte ich still:
Ich will,
will groß sein, will siegen,
will froh sein, nie lügen.
Mit 16, sagte ich still:
Ich will,
will alles oder nichts.
Für mich soll's rote Rosen regnen,
mir sollten sämtliche Wunder begegnen,
die Welt sollte sich umgestalten
und ihre Sorgen für sich behalten.
Und später sagte ich noch:
Ich möcht verstehen, viel sehen, erfahren, bewahren.
Und später sagte ich noch:
Ich möchte nicht allein sein und doch frei sein.
Für mich soll's rote Rosen regnen,
mir sollten sämtliche Wunder begegnen,
Das Glück sollte sich sanft verhalten,
es soll mein Schicksal mit Liebe verwalten.
Und heute, sage ich still:
Ich sollt mich fügen, begnügen,
ich kann mich nicht fügen,
kann mich nicht begnügen:
Will immer noch siegen.
Will alles, oder nichts.
Für mich soll's rote Rosen regnen,
mir sollten ganz neue Wunder begegnen,
mich fern vom Alten neu entfalten,
von dem, was erwartet, das Meiste halten.
Ich will, ich will. {1}
PROLOG: Tango mit alten Bekannten
Ich bewohnte meine erste eigene Wohnung in Strausberg Hegermühle. Bevor es dazu kam, musste ich jedoch noch einige Wochen mit den Eltern meiner ehemaligen Mitbewohnerin Doreen zusammenwohnen. Sie hatten sich entschieden, nach Strausberg zurückzukehren. Da die Wohnung Doreens Eltern gehörte, wohnten wir vier Wochen wie Mutter, Vater, Kind zusammen, bis ich den Bescheid für meine eigene Wohnung bekam.
Doreen, die seit ihrem Umzug nach Gera nicht mehr gesehen wurde, hatte sich in Thüringen gut eingelebt und sich einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Sie nahm das Leben wie es kam. In guten wie in schlechten Zeiten.
Nachdem mich meine Freunde Jana und Ronny (Ronda) hintergangen hatten waren sie nun ein Paar.
Ich brauchte einige Zeit, um die Trennung von meinen engsten Freunden zu verkraften und mich quälten noch immer viele Gedanken. Knapp neun Monate nach dem Vorfall, nahmen Jana und ich den telefonischen Kontakt zueinander wieder auf.
Fast zwei Jahre nach dem Bruch unserer Freundschaft, begegnete ich vor meinem Haus im Försterweg meinen alten Kumpel Oliver (Oli), Janas Exfreund. Nach einigen Unstimmigkeiten hatten wir kaum noch ein Wort miteinander gesprochen. Nun war er gekommen, um sich mit mir auszusprechen. Wir waren beide erwachsener geworden. Wir fanden schnell wieder einen Draht zueinander und knüpften an frühere Zeiten an. Die enge Beziehung zu Jana war für uns beide Geschichte, doch dafür hatten wir eine gute Freundschaft wieder zurückgewonnen. Oli absolvierte seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr und begann im Anschluss eine Lehre im Groß- und Einzelhandel.
Bei Marén (Reni) und Markus standen die Sterne auf dem Höhepunkt. Nachdem sie nach Berlin Hellersdorf in eine größere Wohnung gezogen waren, bekamen sie ihr erstes gemeinsames Kind, welches sie Isabelle nannten.
Besonders harte Schicksalsschläge trafen Manuela und Marc. Immer wieder gab es Höhen und Tiefen. Während einer Trennungsphase hatte Manuela kurze Liaisons mit Jan (Janosch) und mit Frank. Nachdem es bei beiden Männern nicht für mehr reichte, gab sie Marc noch eine letzte Chance. Dieser kiffte und trank inzwischen ziemlich stark. Unberechenbare Situationen bestimmten Manuelas Alltag.
Dann kam der nächste Schock: Peter, Manuelas Vater erlitt einen Herzinfarkt. Eine schwere Zeit stand ihr bevor.
Sie trennte sich endgültig von Marc, da sie Michél kennengelernt hatte und blitzartig davon überzeugt war, ihre große Liebe gefunden zu haben.
Ihre Prüfung hatte sie mit guten Ergebnissen bestandenen und wurde für eine befristete Zeit bei New Yorker {2}
angestellt. Im Laufe der Zeit zog Manuela bei ihren Eltern aus und bei Michél ein. Mit der Zeit stellten sich jedoch auch in dieser Beziehung erste Krisen ein.
Jennifer (Jenne) unternahm den Versuch, sich selbstständig zu machen. Nachdem sie damit scheiterte und auch mit ihrer Berliner Wohnung Pech hatte, kehrte sie zunächst nach Eggersdorf zu ihrer Familie zurück.
Unsere Freundschaft hatten wir intensiviert. Als der theoretische Teil ihrer Ausbildung abgeschlossen war, suchte sie sich einen Praktikumsplatz in einer Kindertagesstätte in Bielefeld, wo sie kurzerhand hinzog. Dort lebte auch ihr Vater.
Aus der gemeinsamen Zeit mit Ronda, Jan und Jana war nur noch Janosch übriggeblieben. Regelmäßig besuchte er mich, um sich mit mir über aktuelle Geschehnisse auszutauschen. Er übernahm die Fliesenarbeiten für die neuen Familienportraet{3}-Studios und überlegte sich den erlernten Beruf an den Nagel zu hängen.
Die Bundeswehr schien ihm die Entscheidung abzunehmen und nach seiner Einberufung, verpflichtete er sich für einige Jahre.
Daniela (Dani) erlebte eine intensive Veränderung. Nach dem Abitur zog sie nach Berlin und nahm ein Studium im Bibliothekarwesen auf.
In der privaten Selbstständigkeit wurde sie schnell erwachsen. Ein paar Wochen später hatte sie ihre erste feste Beziehung. Sie hatte ihn in der Uni kennengelernt. Auch unsere Freundschaft hatte sich gefestigt. Während wir früher viel stritten, uns manchmal hassten und grundsätzlich anderer Meinung waren, erlebten wir inzwischen eine andere Art des Miteinanders.
Unseren Polizisten Frank, Annette und Katja ging es richtig gut. Frank führte sein gewohntes Leben. Oft fuhr er mit seinem besten Freund Oli zur Disko - nicht nur zum Tanzen.
Auch Oliver und Frank hatten ihren Status wieder neu entdeckt, nachdem Oli den zwiespältigen Oliver G. in die Wüste geschickte hatte.
Frank hatte seinen Opel Astra zu Schrott gefahren, was mächtig an seinen Nerven zehrte. Er trug die Schuld, da er bei einem Überholmanöver die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hatte. Nun zahlte nicht einmal die Versicherung. Aber er ließ den Kopf nicht hängen und sparte bereits auf das Nachfolgemodell.
Annette und Katja hatten ebenfalls eine Krise zu meistern, die ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellte.
Familienportraet entwickelte sich stetig. Seit Beginn der 5. Staffel gab es einen festen Cast{4}. Ich, als Produzent, entschied, wer in einer neuen Staffel Hauptfigur und wer Gastdarsteller war. Die Einteilung hing von der Präsenz der jeweiligen Figuren ab. Grundsätzlich war die Beteiligung an dem Projekt freiwillig. Immer zum Familienportraet-Jubiläum, am 9. August eines Jahres, begann eine neue Staffel. Wir befanden uns inzwischen in der 7. Staffel und in der Saison 1997/98.
Familienportraet-Ensemble 1997
1. Abenteuerurlaub Bundeswehr
Ich bin ein Mensch der Gewalt ablehnt und auch kein Freund von Waffen ist. Wenn es nach mir ginge, bräuchte es keine Armeen geben. Nie wollte ich einer solchen Institution dienen. Aber wie auch schon in der DDR, gab es im wiedervereinigten Deutschland einen Grundwehrdienst. Dieser betrug zehn Monate.
Gern stelle ich mich Dingen, die mir nicht liegen. Und so entschied ich mich dann doch ganz bewusst für die Bundeswehr. Außerdem hätte der Zivildienst weitere Monate meiner aktiven Arbeitszeit gekostet. Der Zeitpunkt der Einberufung war äußerst ungünstig. In der Marketingabteilung hatte ich feste Aufgabenbereiche übernommen, die schwer für einen so langen Zeitraum übergeben werden konnten. Mein damaliger Chef setzte sich für mich ein und wollte eine Unabkömmlichkeit erwirken. Da der Ort der Einberufung Strausberg war und die Sparkasse gute Beziehungen zur Bundeswehr hatte, wurde das Verfahren nicht angeschoben. Stattdessen ließ ich mich durch einen Vertrag mit geringfügiger Beschäftigung an die Sparkasse binden, für die ich Projekte während der Zeit des Wehrdienstes erledigte.
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