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In einer weiteren Entscheidung ist das BAGdieser Ansicht gefolgt und hat das Diskriminierungsverbotdirekt aus § 4 Abs. 1 TzBfGabgeleitet und nicht von weiteren Bedingungen abhängig gemacht.[9]
So spielt es gerade keine Rolle, ob der Arbeitnehmer vor dem Wechsel des Arbeitszeitmodells seinen Erholungsurlaub hat nehmen können. Krankheit oder Beschäftigungsverbot sind keine Bedingung für den Erhalt der einmal erworbenen Urlaubsansprüche. Auch der Grund des Wechsels von Vollzeit zu Teilzeit ist unerheblich.
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Abgerundet wurde der Entscheidungsreigen durch die Sache Greenfield.[10] Eine britische Arbeitnehmerin wechselte von Teilzeit zu Vollzeit. Ihr wurde der in der Vollzeit erworbene höhere Urlaubsanspruch wie auch das höhere Urlaubsentgelt jedoch zu Unrecht verwehrt. Auch ihr musste sodann der Erholungsurlaub entsprechend der jeweiligen Zeitabschnitte konkret gewährt und entlohnt werden.
b)Auswirkungen auf die Praxis
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Mit der nunmehr gefestigten Rechtsprechung hat sich gezeigt, dass Urlaubsansprüchebei einem Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit wie auch Teilzeit zu Vollzeit stets abschnittsbezogenzu berechnen sind. Jeder Zeitabschnitt muss getrennt betrachtet und geprüft werden. Hieran hat sich auch das zu zahlende Urlaubsentgelt zu orientieren. Je nach Zeitabschnitt ist auch dieser Betrag gesondert festzulegen. Das kann zur Folge haben, dass bei der Inanspruchnahme von Urlaub aus einem vorhergehenden Arbeitszeitmodell das Entgelt im laufenden Monat unterschiedlich hoch sein kann.
Eine Arbeitnehmerin wechselt nach der Rückkehr aus der Elternzeit ab dem 1.1.2021 in eine 3-Tage-Woche. Sie hat aus dem vorhergehenden Arbeitszeitmodell noch fünf Tage Resturlaub. Wenn sie im Jahr 2021 diesen Resturlaub in Anspruch nimmt, muss sie fünf Arbeitstage von der Arbeitspflicht befreit werden. Folglich hat sie eine Woche und in der darauffolgenden Woche noch zwei weitere Tage einen Urlaubsanspruch.
Eine Arbeitnehmerin arbeitet vom 1.1.2021 bis zum 28.2.2021 in einer 5-Tage-Woche. Ab dem 1.3.2021 wechselt sie in eine 4-Tage-Woche. Aus der Zeit der Vollzeitbeschäftigung hat sie 2/ 12von 30 Tagen, folglich 5 Tage Urlaub erworben. Ab dem 1.3. steht ihr ein Anspruch von 10/ 12von 24 Tagen, folglich 20 Tage zu. Nimmt sie den Jahresurlaub erst zum Sommer, so muss sie in ihrer 4-Tage-Woche, wenn sie den Urlaub aus Januar und Februar abbaut, für eine Woche und einen weiteren Tag von der Arbeit befreit werden.
Eine Arbeitnehmerin arbeitet vom 1.1.2021 bis 30.4.2021 in der 3-Tage-Woche und ab dem 1.5.2021 in der 4-Tage-Woche. Für den ersten Zeitabschnitt erwirbt sie 4/ 12von 18 Tagen, folglich 6 Tage. In dem darauffolgenden Zeitabschnitt erwirbt sie einen Anspruch auf 8/ 12von 24 Tagen, folglich 16 Tage.
Ergibt sich für einen Bezugszeitraum im Kalenderjahr ein Bruchteil, so erfolgt für diesen Zeitraum eine Rundung, wie aus § 26 Abs. 1 S. 4 TVöD abgeleitet werden kann.
Eine Arbeitnehmerin arbeitet vom 1.1.2021 bis 31.3.2021 in einer 5-Tage-Woche. Zum 1.4.2021 wechselt sie in eine 4-Tage-Woche. Für den ersten Zeitabschnitt steht ihr ein Anspruch von 3/ 12von 30 Tagen, folglich 7,5 Tagen zu, die auf 8 Tage gerundet werden. Im zweiten Zeitabschnitt stehen ihr 9/ 12von 24 Tagen, folglich 18 Tage zu.
Sofern ein Arbeitnehmer mehrfach im Kalenderjahr das Arbeitszeitmodell wechselt, müsste, um eine zutreffende Urlaubsermittlung sicherzustellen und weder eine Benachteiligung noch Bevorzugung auszuschließen, der Urlaubsanspruch wie bei flexiblen Arbeitszeitmodellen üblich, nicht monatsbezogen, sondern jahresbezogen unter Zugrundelegung von 260 Arbeitstagen ermittelt werden.
Erfolgt der Wechsel nicht zum Beginn eines Monats, sondern im laufenden Monat wird der höhere Ansatz nach BMI unter entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 4 S. 3 EUrlV herangezogen.[11]
Eine Arbeitnehmerin wechselt zum 2.2.2021 von einer 5-Tage-Woche in eine 2-Tage-Woche. Für die Monate Januar und Februar wird daher von einer 5-Tage-Woche und erst ab März hinsichtlich der Berechnung von einer 2-Tage-Woche ausgegangen: 2/ 12von 30 Tagen, folglich 5 Tage sowie 10/ 12von 12 Tagen, folglich 10 Tage, so dass sich ein Gesamtanspruch von 15 Tagen ergibt.
7.Erfüllung des Urlaubsanspruchs
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§ 26 TVöD trifft keine Festlegung, wann der Erholungsurlaub konkret im laufenden Urlaubsjahr zu nehmen ist. Lediglich in Absatz 1 Satz 6 findet sich der Hinweis, dass der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr zu gewähren ist und auch in Teilen genommen werden kann.
Ergänzt wird die tarifvertragliche Regelung durch die dazugehörigeProtokollerklärung, nach der der Urlaub grds. zusammenhängend gewährt werden soll; insoweit soll ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt werden.
Im Übrigen wird sodann einleitend im Absatz 2 des § 26 TVöD auf das BUrlGverwiesen. Dort findet sich denn auch in § 7eine Regelung zur Festlegung des Urlaubs, wonach bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs, die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt. Zudem ist der Urlaub zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitgebers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
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Vorausgesetzt wird daher zunächst einmal, dass der Beschäftigte sein Urlaubsbegehren gegenüber dem Arbeitgeber beantragt.
Die Antragstellung als solche führt jedoch nicht bereits dazu, dass der Beschäftigte den Urlaub anzutreten berechtigt ist. Der Beschäftigte hat selbst dann kein Selbstbeurlaubungsrecht, wenn der Arbeitgeber auf den vorgetragenen Urlaubswunsch hin überhaupt nicht reagiert.
Beurlaubt sich der Beschäftigte selbst, verstößt er gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung. Folge dessen ist zumindest, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, den Beschäftigten abzumahnen, ggfs. kann auch im Einzelfall eine verhaltensbedingte Kündigung – zumindest im Wiederholungsfall – angemessen sein. Daneben kann sich der Beschäftigte nach § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig machen, wenn dem Arbeitgeber aufgrund des Ausfalls ein Schaden entsteht oder er eine zusätzliche Kraft einstellen muss. In jedem Fall kann er die Zahlung des Lohns verweigern.
Will der Beschäftigte seinen Urlaubswunsch kurzfristig trotz fehlender oder ablehnender Reaktion des Arbeitgebers durchsetzen, muss er dies im Wege des einstweiligen Rechtschutzes mittels einer einstweiligen Verfügung vor dem Arbeitsgericht ersuchen.
Der Arbeitgeber ist allerdings auch nicht frei, nach Gutdünken über den Urlaubsantrag zu entscheiden. Vielmehr hat er dem Begehren zu entsprechen, soweit keine dringenden betrieblichen Interessen entgegenstehen. Dazu zählen etwa ein außergewöhnlich hoher Krankenstand, ein unvorhergesehener Auftrag oder besonders arbeitsintensive, branchenübliche Zeiten. Nicht dazu rechnen regelmäßig wiederkehrende Organisationsstörungen, die auf eine mangelnde Planung zurückzuführen sind. Solche Phasen sind vielmehr durch entsprechenden Vorhalt an Personal aufzufangen oder aber vom Arbeitgeber hinzunehmen.
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