1 ...7 8 9 11 12 13 ...29 Stehen die Urlaubswünsche anderer Beschäftigter entgegen, so sind der Entscheidung des Arbeitgebers, wem er den Urlaub bewilligt, soziale Gesichtspunkte zugrunde zu legen. In Betracht kommen z.B. Urlaubsmöglichkeiten des Partners oder von schulpflichtigen Kindern, das Alter oder die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Auch die Tatsache, ob es sich um den ersten Erholungsurlaub oder einen weiteren im Kalenderjahr handelt, ist ebenso zu berücksichtigen wie auch der Grad der Erholungsbedürftigkeit. Auch jahreszeitliche Aspekte verdienen Beachtung: Leidet der Beschäftigte oder Partner/Kinder etwa an Heuschnupfen, kann etwa ein Urlaubswunsch im Frühjahr besonders angezeigt sein, um an der Nordsee der Pollenbelastung auszuweichen.
Ausschlaggebend kann es schließlich auch sein, wie der Urlaub in den Vorjahren verteilt wurde, so dass in rotierenden Systemen alle Beschäftigten mit Familie und ggfs. auch kinderlose Beschäftigte einmal in den Sommer- oder insbesondere während der Weihnachtsferien in Urlaub fahren können.
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Zur Vereinfachung werden bisweilen schließlich auch Urlaubslistenund Urlaubspläneerstellt.
Werden die Urlaubswünsche der einzelnen Beschäftigten abgefragt, handelt es sich zunächst einmal um eine unverbindliche Urlaubsliste.
Zu einem verbindlichen Urlaubsplanund damit einer Art Richtlinie für die Gewährung des Urlaubs kann die Liste jedoch erstarken, wenn aufgrund betrieblicher Übung der Beschäftigte davon ausgehen darf, dass der Urlaub als genehmigt gilt, wenn sich der Arbeitgeber nicht ablehnend äußert. Weicht der Arbeitgeber später hiervon ab, kann er sich schadensersatzpflichtig machen; der Beschäftigte kann dann die Kosten ersetzt verlangen, die ihm entstanden sind, weil er darauf vertrauen durfte, dass seinem Eintrag im Plan nicht widersprochen worden ist, so etwa hinsichtlich angefallener Buchungs- oder Stornierungskosten.
Die Rechtsprechung hat insoweit entschieden, dass von einem Arbeitgeber verlangt werden kann, auf die Einträge im Urlaubsplan in angemessener Zeit zu reagieren. Erfolgt kein Widerspruch, darf der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sein Urlaub entsprechend dem Urlaubswunsch als gewährt gilt. Als angemessene Zeitspanne ist in der Regel ein Zeitraum von einem Monat nach Vorlage des Urlaubswunsches oder Erstellung des Urlaubsplans anzusehen.[12]
Hat der Arbeitgeber dem Urlaubswunsch des Beschäftigten nicht entsprochen und stattdessen einen anderen Zeitraum bestimmt, so ist erneut auf die persönlichen Belange des Urlaubsberechtigten Rücksicht zu nehmen und ein neuer Termin für den Urlaubsantritt zu finden.
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Der Arbeitgeber kann sich hingegen nicht einem Urlaubswunsch versperren, soweit dieser die Zeit im Anschluss an eine Kuroder Rehamaßnahmebetrifft. Hier sieht das Gesetz ausdrücklich eine Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährungvor. Dem kann der Arbeitgeber weder Wünsche anderer Beschäftigter noch betriebliche Gründe, selbst keine bereits angeordneten Betriebsferien entgegenhalten. Denn der Erholungsbedürftigkeit des (zuvor) gesundheitlich beeinträchtigt Beschäftigten wird oberste Priorität eingeräumt.
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Macht der Arbeitnehmer keinen Urlaub geltend, so kann der Arbeitgeber eine Freistellungserklärungvornehmen und dem Arbeitnehmer gleichwohl Urlaub erteilen. Dass der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat, steht dem nicht entgegen.[13] Aus Fürsorgegesichtspunkten trifft den Arbeitgeber hierzu eine Pflicht. Auch das Fehlen eines Urlaubsantrags steht dem nicht entgegen.
Legt der Arbeitgeber einen Zeitraum fest, innerhalb dessen der Arbeitnehmer Urlaub zu nehmen hat, ist diese Erklärung bindend und wirksam. Allenfalls soweit der Arbeitnehmer auf die Freistellungserklärung des Arbeitgebers hin einen anderweitigen zeitlichen Urlaubswunsch äußert, ist diese Erklärung nicht bindend.[14] Der Arbeitnehmer kann sich folglich nur auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen, wenn er persönliche Gründe – wie eine andere Urlaubsplanung – vorbringen kann. Eine pauschale und generelle Weigerung, Urlaub in Anspruch zu nehmen, genügt hierzu nicht. Damit würde dann auch dem Sinn und Zweck des Urlaubs, der Regeneration von Körper und Geist, widersprochen werden.
8.Änderung der zeitlichen Festlegung des Erholungsurlaubs
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Die Festlegung, wann der Erholungsurlaub genommen werden soll, entfaltet für Arbeitgeber wie auch Beschäftigte Bindungswirkung. Weder die eine noch die andere Seite kann sich von der Festlegung einfach lossagen. Der Arbeitgeber erteilt insoweit im Voraus eine unwiderrufliche Freistellungserklärung zu Erholungszwecken.
Dabei ist es unerheblich, dass die Freistellungserklärung nicht erkennen lässt, an welchen Tagen der Arbeitgeber dem Beschäftigten zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen er zu anderen Zwecken freistellt. Denn einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung soll der Beschäftigte regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen – so bei einem aus dem Betrieb ausscheidenden, freigestellten Beschäftigten.
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Sind sich beide Vertragsparteien jedoch einig, den Urlaub auf einen anderen Zeitraum festlegen zu wollen, so ist eine solche einvernehmliche Verlegungfreilich jederzeit möglich.
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Will der Arbeitgeberden festgelegten Urlaub abändern, kann er den Urlaub weder einseitig widerrufen noch den Beschäftigten aus dem Urlaub zurückrufen. Weder das BUrlG noch der TVöD geben dem Arbeitgeber ein entsprechendes Recht; dieser muss sich vor der Genehmigung des Urlaubs vielmehr gründlich Gedanken machen, ob er den Urlaub zu dem gewünschten Zeitpunkt gewähren kann oder nicht.
Hat der Arbeitgeber unter Vorbehalt den Urlaub bewilligt, um den Beschäftigten gleichwohl aus dem Urlaub zurückrufen zu können, fehlt es an einer uneingeschränkten und damit wirksamen Urlaubsgewährung.
Eine solche Erklärung verstößt hinsichtlich des Mindesturlaubsanspruchs gegen § 13 Abs. 1 BUrlG und ist mithin rechtsunwirksam.
Was den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruch betrifft, so ist auch diese „Vereinbarung“ unwirksam. Denn nach § 4 Abs. 4 S. 1 TVG ist ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig.
Da es bislang an einer vorherigen Zustimmung der Tarifvertragsparteien fehlt, hat der Arbeitgeber keine Möglichkeit, sich von dem einmal dem Beschäftigten gegenüber erteilten Urlaub zu lösen.
Auch der Beschäftigtekann sich nicht von dem zuvor festgelegten Urlaub wieder lossagen. Eine einseitige Änderung des Beschäftigten ist gleichfalls unwirksam.
Im Rahmen der Corona-Epidemiekommt diesem Grundsatz besondere Bedeutung zu. Nicht wenige Arbeitnehmer haben – in Anbetracht dessen, dass die Beschäftigungsstellen ohnehin (teilweise) geschlossen oder begrenzt besetzt wurden oder der Urlaub aufgrund von Reisebeschränkungen nicht angetreten werden konnte – sich darum bemüht, ihren Urlaub zu stornieren. Im Einverständnis mit dem Arbeitgeber ist dies möglich. Allerdings haben Arbeitgeber zunehmend die Rücknahme des Urlaubs aus Sorge darum verweigert, dass sich die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs auf das Jahresende verlagert und insoweit Personalengpässe entstehen können. Zudem geht die Sorge um, dass es zu einem Konflikt mit den Verfallsfristen des Urlaubs kommen könne.
9.Zusammenhängende Urlaubsgewährung
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Die gesundheitspolitische Zielsetzung des BUrlG und diesem folgend der TVöD sehen eine zusammenhängende Inanspruchnahmedes Urlaubs vor, damit sich ein nachweisbarer Erholungseffekt für den Beschäftigten einstellen kann.
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