Anderes kann nur gelten, wenn er vor Urlaubsbeginn ausdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber erklärt hat, seine Streikteilnahme vorübergehend beenden zu wollen. Aus Gründen der Kampfparität kann der Arbeitgeber allerdings in einem solchen Fall die Urlaubsgewährung verweigern.
Einem Arbeitnehmer ist Urlaub ab dem 20.4.2021 bewilligt worden. Ab dem 22.4.2021 wird die Dienststelle bestreikt. Der Urlaub wird abgebaut.
Erkrankt der Beschäftigte währenddes Streiks, hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen der streikbedingt suspendierten Hauptleistungspflichten. Denn die Krankheit muss die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall sein.
Erkrankt der Beschäftigte jedoch vorStreikbeginn, verliert er nicht den Anspruch auf Entgeltfortzahlung (dies führt dann auch regelmäßig dazu, dass vor Beginn einer Arbeitskampfmaßnahme gerade bei nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten, die kein Geld aus der Streikkasse erhalten, der Krankenstand drastisch ansteigt), soweit er sich nicht an dem Arbeitskampf beteiligt oder beteiligt hätte, wofür den Arbeitgeber die Beweislast trifft.
Darauf aufbauend hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Beschäftigte seinen Urlaubsanspruch behält, der während eines vorStreikbeginn gewährten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Der Nachgewährungsanspruch des § 9 BUrlG besteht daher, wenn der Beschäftigte seinen Urlaub angetreten hat, dann in der Dienststelle bzw. in dem Betrieb ein rechtmäßiger Streik geführt wurde und der Beschäftigte sodann arbeitsunfähig erkrankt. Solange der Beschäftigte sich nicht am Streik beteiligt, behält er seinen Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG. Dadurch kann der Nachgewährungsanspruch nach § 9 BUrlG greifen.
Einem Arbeitnehmer ist Urlaub ab dem 20.4.2021 bewilligt worden. Ab dem 22.4.2021 wird die Dienststelle bestreikt. Ab dem 23.4.2021 erkrankt der Arbeitnehmer, was er durch ärztliches Zeugnis belegt. Hier erfolgt eine Gutschrift der durch Attest belegten Tage der Arbeitsunfähigkeit.
12.Urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeit während des Urlaubs
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§ 8 BUrlGregelt, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeitleisten darf.
Da der Erholungsurlaub der Regeneration von Leib und Seele dienen und damit die Leistungsfähigkeit des Beschäftigten wieder auffrischen soll, besteht die Gefahr, dass eine dennoch zeitgleich ausgeübte Erwerbstätigkeit diesem Zweck zuwiderlaufen könnte.
Daher ist jede selbstständige oder unselbstständige Arbeit verboten, die zum Zwecke der Entgelterzielung ausgeübt wird und durch die die Arbeitskraft überwiegendin Anspruch genommen wird.
Von dem Verbot ausgenommen sind hingegen Tätigkeiten, die dem geistigen Ausgleich dienen, wie etwa die gelegentliche Mitarbeit einer Büroangestellten in einer Straußenwirtschaft, selbst wenn damit ein Entgelt erzielt wird.
Berechtigte Tätigkeiten, die auch sonst während des Arbeitsverhältnisses verrichtet werden, werden ebenso wenig erfasst. Dies gilt im Falle einer regelmäßigen Arbeitsleistung, wie bei Nebenerwerbslandwirten üblich oder auch bei Doppelarbeitsverhältnissen, die in Teilzeit verrichtet werden.
Der Beschäftigte darf daher ebenso seine zuvor schriftlich angezeigte und nicht untersagte Nebentätigkeit innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes, wie Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sowie Schulungen ausüben.
Eigenleistungen – Tätigkeiten für sich selbst – etwa körperlich erschöpfende Arbeiten für die Fertigstellung des Eigenheims oder Arbeiten im Garten, werden gleichfalls nicht vom Anwendungsbereich des § 8 BUrlG erfasst, wie persönliche Hobbies. Ist der Beschäftigte z.B. begeisterter Imker oder Hühnerhalter, so kann ihm die Pflege der Bienen bzw. Hühner auch nicht während der Urlaubszeit untersagt werden.
Auch familiäre Unterstützungen, Nachbarschaftshilfen und Gefälligkeiten im Freundeskreis werden vom Verbot des § 8 BUrlG ausgenommen.
Tätigkeiten für wohltätige Organisationen, familienrechtliche bzw. öffentlich-rechtliche Verpflichtungen bleiben ebenso erlaubt (wie freiwillige Feuerwehr, Betreuung, THW-Helfer).
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Geht der Beschäftigte hingegen einer anderweitigen Vollzeitbeschäftigung während seines Erholungsurlaubs nach, verstößt der Beschäftigte gegen § 8 BUrlG. Dies berechtigt den Arbeitgeber jedoch nicht, den Entgeltanspruch zu kassieren und die Urlaubsvergütung zurückzufordern. Anderweitige dahin gehende arbeitsvertragliche Vereinbarungen mit dem Beschäftigten sind hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs unwirksam.
Denn eine verbotene Erwerbstätigkeit eines Arbeitnehmers während des Urlaubs führt nicht dazu, dass der gewährte Urlaub verfällt. Die suspendierte Pflicht des Arbeitnehmers lebt nicht wieder auf. Ein solches Ergebnis ist nicht vom Gesetz vorgesehen. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts ist von einer urlaubszweckwidrigen Erwerbstätigkeit unabhängig. Aus § 8 BUrlG ergibt sich insbesondere kein Anspruch des Arbeitgebers, das Urlaubsentgelt im Umfang des Urlaubsanspruchs aus diesem Anlass zu kürzen. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts entfällt in einem solchen Fall auch nicht von selbst. Der gesetzgeberische Zweck des § 8 BUrlG kann nur darin gesehen werden, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, die durch die Befreiung von der Arbeitspflicht erlangte Freizeit nicht zu anderweitiger Erwerbstätigkeit zu nutzen. Ein solches Ziel kann nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung oder dem Wegfall des Anspruchs auf das Urlaubsentgelt erreicht werden.
Jedoch berechtigt der Pflichtverstoß den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Abmahnung; im Wiederholungsfall kann auch eine ordentliche Kündigung in Betracht kommen. Eine außerordentliche Kündigung wird hingegen nur im Ausnahmefall zulässig sein.
Daneben besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, mittels einer einstweiligen Verfügung gegenüber dem Beschäftigten einen Unterlassungsanspruch durchzusetzen.
Im Einzelfall kann sich zudem ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beschäftigten ergeben. Wird etwa der Beschäftigte aufgrund der unberechtigten Erwerbstätigkeit längerfristig arbeitsunfähig, z.B. bei einem schweren Sturz auf einer Baustelle, so kann der Arbeitgeber die Kosten für die Einstellung einer Ersatzkraft als Schaden geltend machen.
Für den Arbeitgeber dürfte die Durchsetzung seiner Rechte allerdings vielfach mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, da ihn die Beweislast trifft, den konkreten Pflichtverstoß nachzuweisen.
13.Ausschluss von Doppelansprüchen
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Nach § 6 Abs. 1 BUrlGbesteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist.
Damit dient die Vorschrift der Vermeidung von Doppelurlaubsansprüchen. Der Beschäftigte soll nicht bei einem früheren Arbeitgeber den gesamten Jahresurlaub bereits in Anspruch genommen haben können, um sodann nach einem Arbeitsplatzwechsel gegenüber dem neuenArbeitgeber für das laufende Kalenderjahr erneut Urlaubsansprüche geltend machen zu können.
Ein beim Arbeitgeber I. beschäftigter Arbeitnehmer scheidet zum 30.6.2021 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Er hatte bereits 30 Tage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2021 bis zu seinem Ausscheiden in Anspruch genommen. Von seinem neuen Arbeitgeber II., bei dem er seine Arbeit am 1.7.2021 aufnimmt, erwirbt er für das laufende Kalenderjahr 2021 keine neuen Urlaubsansprüche mehr.
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