1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 »Oh, bitte nicht die Schwerkraft abschalten, bevor ich hier fertig bin«, stöhnte Cotronis und übergab sich erneut.
Lieder lehnte sich gegen eine Wand.
»Was für ein Haufen Waschlappen.«
Zehn Minuten später schwebte Mains schwerelos unter der Dusche und sah auf, als sich Lieder durch den versiegelten Einstieg hineinzog. Sie schaute ihn von oben bis unten an und sagte: »Du hast zugelegt.«
»Liegt an McVicars Kochkünsten«. Er schaltete das Wasser ab, fuhr mit seiner Hand über den Trockner und wählte die mittlere Hitzestufe. Er hatte sich ein wenig Komfort verdient. »Wie sieht‘s aus?«
»Die Flugzeit betrug achtundneunzig Tage, die Entfernung 3,8 Lichtjahre. Wir sind auf Unter-Lichtgeschwindigkeit gegangen und befinden uns sechzehn Milliarden Meilen vor dem Habitat. Frodo hat vor siebzehn Minuten unser Tarnsignal aktiviert. Wir sind jetzt wieder ein Asteroid. Keine Anzeichen dafür, dass man uns bemerkt hat.«
»Und die SpaceSurfers?«
»Die Jagd dauerte sieben Tage. Sie haben zwei Yautja neutralisieren können, aber ihren Corporal verloren. Golden hat einen Speer in die Schulter bekommen und trotzdem weitergekämpft. Hat den Yautja eigenhändig besiegt.«
»Zäher Bursche.«
»Trotzdem ist es eigenartig, dass es zwei Kontakte zur gleichen Zeit gab.«
»Das stimmt.«
Mains nickte und begann, sich anzuziehen. Sein Fliegeroverall hatte sich von den Kletthaken gelöst und war nass geworden. Er fluchte leise in sich hinein, dann schüttelte er den Kopf. Ein nasser Overall. Der würde in ein paar Minuten wieder getrocknet sein. Daran würde er schon nicht sterben.
»Alles okay, Johnny?« Lieders Sorge um ihn war trotz ihrer Witzeleien ernst gemeint. Ihre Zuneigung zueinander saß tief, und obwohl Mains versucht hatte, Abstand zu ihr zu gewinnen, fühlte er sich nur noch mehr zu ihr hingezogen. Er ging davon aus, dass es Lieder ähnlich ging. Das Thema wurde zwischen ihnen nicht näher besprochen. Die von allen akzeptierte Regel – die grundlegende Einstellung – besagte, dass jeder seinen Spaß haben durfte, solange man sich gegenseitig auch seine Freiräume ließ. Von lebhaftem Rumficken waren sie aber mittlerweile bei zärtlichem und hingebungsvollem Sex angekommen, und manchmal lagen sie danach eingehüllt in einer Stille nebeneinander, die von all den ungesagten Dingen zwischen ihnen so aufgeladen war, dass es einen zu ersticken drohte.
»Mir geht‘s gut«, sagte er und schlüpfte in seine Kleider. Er drückte sich von der kleinen Duschkabine ab und schwebte langsam zu der gegenüberliegenden Wand.
»Sicher?«
»Mir geht‘s so gut wie dem Rest von uns«, berichtigte er sich, dann hielt er sich an der Wand fest und gab sich einen leichten Schubs, damit er langsam auf Lieder zuschwebte. Sie blieb, wo sie war, und er presste seine Stirn gegen ihre. Gab ihr einen sanften Kuss, gefolgt von einem stillen, innigen Moment.
»Putze dir die Zähne, L-T«, sagte sie lächelnd und schob sich durch die Tür hinaus.
Mains wartete einen Moment, bevor er ihr folgte.
Der Rest der Crew befand sich auf der Brücke. Lieder ließ sich auf den Platz des Piloten sinken, Faulkner nahm an den Hauptwaffensystemen Platz, und die anderen saßen dicht gedrängt und angeschnallt an ihren jeweiligen Stationen innerhalb des kleinen Raumes. Die leeren Plätze zwischen ihnen fielen dabei umso schmerzlicher auf.
»Also, Frodo, was haben wir?«, fragte er.
Die gelassene, freundliche Stimme des Schiffscomputers hallte über das Deck.
»Schön, Sie wiederzusehen, L-T. Innerhalb des Yautja-Habitats gibt es keine Anzeichen von Veränderungen. Kurs und Umlaufbahn sind gleich geblieben und ich kann in der unmittelbaren Nähe keine Hinweise auf Triebwerkssignaturen erkennen. Doch um das Habitat näher in Augenschein nehmen zu können, müssen wir noch näher heran.«
»Das ist schon in Ordnung. Wie sieht‘s mit dem Geplapper aus?«
»Nur die üblichen Yautja-Übertragungen. Ein paar kurze Sendungen. Ich lasse sie gerade durch die allerneuesten Übersetzungsprogramme laufen, aber die Dialekte scheinen kaum identifizierbar zu sein. Es gibt nur eine Anomalie, über die ich Sie vielleicht unterrichten sollte. Ein sich wiederholendes Signal, das irgendwie fehl am Platze wirkt.«
»Welche Art von Signal?«
»Soweit ich das sagen kann, mutet es wie eine Art Countdown an.«
»Ein Countdown für was?«
»Tut mir leid, L-T, das weiß ich nicht. Es handelt sich um ein komplexes, sich selbst wiederholendes symbolhaftes System, wie ich es von ihnen noch nie zuvor empfangen habe.«
»Woher weißt du dann, dass es ein Countdown ist?«
»Ist nur so ein Gefühl«, ließ sich die Stimme des Computers vernehmen.
»Danke, Frodo. Findet sich alles darüber im Hauptrechner?«
»Aber natürlich.«
Mains fuhr seinen Sitz zurück, an Lieder vorbei. »Snowdon?«
»Bin schon dran«, sagte sie. Snowdon war die selbst ernannte Yautja-Expertin an Bord. Die Spezies hatte sie schon von Kindesbeinen an fasziniert, und sie betonte immer wieder, dass es deren kriegerisches Gesellschaftsmodell war, das sie dazu bewogen hatte, sich als Colonial Marine zu verdingen. Dabei hielt sie sich nicht nur mit den allerneusten Geheimdienstinformationen über sie auf dem Laufenden, sondern verbrachte auch einige Zeit damit, eigene Theorien und Überlegungen anzustellen.
Eine Weile flogen sie schweigend dahin. Mains sah sich auf der Brücke um und musterte seine Crew, seine Familie. Für einen Moment blieb sein Blick dabei auf den leeren Sitzen von Reynolds und Willis hängen. Ihre ungeplante Kursabweichung, diese kurzen, nervenaufreibend gewalttätigen Momente des Kampfes zwischen den langen Flugphasen schien sie alle mit neuem Elan versorgt zu haben.
Die Aufregung auf der Brücke ließ sich beinahe mit den Händen greifen.
»Genug herumgegammelt«, sagte er. »Fliegen wir näher heran.«
ISA PALANT
Love Grove Basis, Forschungsstation auf LV-1529, Mai 2692
Immer wieder suchte Isa Palant die unwirtliche und brutale Atmosphäre von LV-1529 mit ihren wilden Gewitterstürmen auf, um sich ins Gedächtnis zu rufen, wo sie sich eigentlich befand.
In Wirklichkeit gab es für sie keinerlei Grund, hier draußen zu sein. Terraforming war ein langsamer, gefährlicher Prozess, und kein Planet wollte die erzwungenen Veränderungen einfach so hinnehmen. Sie hätte sicher und ungestört in der Love Grove Basis sitzen und die Annehmlichkeiten der Lebenserhaltungssysteme genießen können, eingeigelt in ihrem Laboratorium mit ihrer antiken Kaffeemaschine und den eigens aus Weavers World importierten gerösteten Kaffeebohnen, und ihrer Pritsche, die es ihr ermöglichte, an ihrem Arbeitsplatz zu schlafen.
Die Arbeit bedeutete ihr alles, genau wie ihren Eltern. Sie füllte beinahe ihren ganzen Tag und einen Großteil ihrer Träume aus, und genau das war auch der Grund, warum es gut war, einmal rauszukommen.
»Wird gleich etwas holperig werden«, sagte Rogers.
»Ich habe absolutes Vertrauen in Ihre Fahrkünste.«
»Ich auch. Nur bei diesem beschissenen Rover bin ich mir nicht so sicher.«
»Bislang hat er ganz gut zusammengehalten.«
Palant, die wusste, dass das nicht so ganz der Wahrheit entsprach, überprüfte noch einmal, ob ihre Gurte festsaßen, und klammerte sich an den Griff über ihrem Sitz. Zweimal hatten sie auf ihrem Weg über die Begrenzung der Station hinaus angehalten, und beide Male hatte Rogers seinen Schutzanzug anlegen müssen, um auszusteigen und den Auspuff zu reparieren. Beim ersten Mal hatte der herumwirbelnde Staub ihn verstopft, und beim zweiten Mal war er direkt geplatzt. Seitdem röhrte er wie eine zornige Katze. Gern hätte sie ihm dabei geholfen, doch was mechanische Gerätschaften anging, musste sie sich ihre komplette Ahnungslosigkeit eingestehen. Das war einfach nicht ihr Fachgebiet. Keith Rogers hingegen war Ingenieur bei den Colonial Marines gewesen und wusste, was er tat. Jetzt arbeitete er auf der Station, und war hier kaum mehr wegzudenken. Ursprünglich als Teil der Sicherheit angestellt, half er aber die meiste Zeit den Technikern dabei, die Station am Laufen zu halten.
Читать дальше