Bild 20. Saniertes Altbaudach
Aufbau von außen nach innen:
1. Ziegel mit Lattung
2. Bitumenbahn
3. Holzschalung 20 mm
4. Zellulosedämmung 200 mm
5. feuchtevariable Dampfbremse
6. Installationsebene mit GKB-Platte
Randbedingungen für die Simulation: Klima Holzkirchen: Ø-Temp. 6,6 °C Dachneigung: 40°; nordorientiert Luftdichtheit q 50= 3 m 3/m 2h normale Feuchtelast nach WTA MB 6-2. Start: 20 °C / 80 % rel. Luftfeuchte
01.10. Startfeuchte Zellulose: 5,45 kg/m 3
Bild 21. Die Auswertung der Holzfeuchte in der Schalung. Durch den fehlenden Temperaturbezug kann das Schadensrisiko nicht beurteilt werden. Der grüne und rote Balken zeigt die Zeiträume an, die in Bild 22a und b beispielhaft ausgewertet werden.
Die Holzfeuchte der Schalung steigt im ersten Winter auf 24 M.-% und trocknet dann innerhalb von 4 Jahren im Maximum des Jahreszyklus auf 20 M.-% ( Bild 21). Ob die Konstruktion durch Holz zerstörende Pilze gefährdet ist, ist aus dieser Darstellung aber nicht ersichtlich. Die anfänglichen 24 M.-% erscheinen zunächst als hoch. Eine vereinfachte Grenzziehung bei 20 M.-% würde die Konstruktion als nicht funktionsfähig ausweisen. Aus der Praxis sind aber ausreichende Erfahrungen vorhanden, dass diese Konstruktion funktioniert. Betrachtet man hingegen Bild 22a, so ist gut zu erkennen, dass zum einen die Grenzkurve im ersten Jahr nicht überschritten wird, da die anfänglichen hohen Feuchten auf Grund der zu dieser Zeit herrschenden niedrigeren Temperaturen kein Problem darstellen. Zum anderen nehmen die Feuchten immer weiter ab (Bild 22b). Durch die jährliche Reduktion zeigt die Konstruktion ein ausreichendes Trocknungspotenzial.
3.4.3 Bewertung von Holzwerkstoffen durch Materialfeuchte
Grundsätzlich muss bei Holz und Holzwerkstoffen zwischen den jeweils relevanten Schadensmechanismen unterschieden werden. Während bei Holz die entsprechenden holzzerstörenden Pilze maßgeblich sind für die Begrenzung der Feuchtegehalte, ist es bei den tragenden Holzwerkstoffen wie OSB- oder Spanplatten die Schädigung des Klebegefüges, die bereits relevant ist, bevor holzzerstörende Pilze wachsen können. Die sogenannte Delaminierung, welche durch das Quellverhalten der Holzstreifen (strands)/Holzspäne (particle) hervorgerufen wird, bewirkt einen Verlust der Tragfähigkeit. Das relevante Feuchteniveau ist im Vergleich zur Holzzerstörung dabei sogar noch etwas niedriger.
Die DIN EN 13986 [79] legt die Anforderungen an Holzwerkstoffe fest. Dabei unterscheidet die Norm drei Feuchtebereiche: Trocken-, Feucht- und Außenbereich. Je nach Bereich und Holzwerkstoff müssen entsprechende Produktprüfungen bestanden werden. DIN 68800-2 verbindet die drei Bereiche mit entsprechenden maximal zulässigen Holzfeuchten ( Tabelle 6). Die zulässige Feuchte von 18 M.-% im Feuchtbereich darf bei hygrothermischen Simulationen nach Norm geringfügig bis 20 M.-% überschritten werden, bei einer maximalen Überschreitungsdauer von 3 Monaten. Unklar bleibt, ob dies jährlich oder nur in den Anfangsjahren geschehen darf. In der Praxis wird meist von letzterem ausgegangen.
Es ist also festzustellen, dass bei statisch relevanten Holzwerkstoffen häufig die mechanischen Eigenschaften und nicht das Holzfäule-Risiko maßgeblich für den maximal zulässigen Feuchtegehalt sind.
Bild 22. Die Porenluftfeuchte in der Schalung wird als Tagesmittel über die Temperatur aufgetragen. Die im ersten Jahr (a) vorhandenen, hohen Feuchten stellen aufgrund der niedrigen Temperaturen kein Problem dar. Im dritten Jahr (b) hat sich die Feuchte weiter reduziert und zeigt mit dem starken Abfall zwischen dem ersten und dritten Jahr ein ausreichendes Trocknungspotenzial.
Tabelle 6. Zuordnung der Feuchtebeständigkeitsbereich der DIN EN 13986 zu der zulässigen Holzfeuchte nach DIN 68800-2 und Nutzungsklasse nach DIN EN 1995
Feuchtebeständigkeitsbereich nach DIN EN 13986 |
zulässige Feuchte u zulder Holzwerkstoffe in der GK 0 % |
Nutzungsklasse nach DIN EN 1995-1-1 |
Trockenbereich |
15 |
1 |
Feuchtbereich |
18 a) |
2 |
Außenbereich |
21 |
3 |
a)Bei einem Nachweis mittels hygrothermischer Simulation nach DIN 4108-3, Anhang D kann eine vorübergehende Überschreitung bis zu 20 M.-% toleriert werden, wenn sie nicht länger als 3 Monate andauert.
4 Schlussfolgerungen und Ausblick
Robuste Bauteile mit hohem Trocknungsreserven sind im Holzbau inzwischen weit verbreitet. Die Regelwerke und die Fachliteratur haben sich ebenfalls positiv weiterentwickelt und fördern feuchterobuste Bauteile. Hingegen fällt immer wieder auf, dass der Feuchteschutz und der damit verbundene bauphysikalische und konstruktive Holzschutz gerne in der Planung vernachlässigt werden oder es zu Fehlplanungen kommt. Neben Brandschutz- und Schallschutzkonzepten sind vollständige Feuchte- und Holzschutzkonzepte selten zu finden. Wie die Erfahrung zeigt, wird die Holzbau- und Bauphysikkompetenz in allen Disziplinen oft zu spät in den Planungsprozess eingebunden, wohingegen eine frühzeitige Berücksichtigung in vielen Fällen deutlich effektiver und kostengünstiger wäre. Aufgrund der feuchtetechnischen Anforderungen kann sich ein Bauteil u. U. stark gegenüber der ersten Entwurfsplanung ändern, so z. B. bezüglich Lage und Art der Dämmung, der Dampfbremse oder der Eindeckung. Erfolgt die Ermittlung dieser Anforderungen erst gegen Ende des Planungsprozesses, werden teure Umplanungen oder sogar Umbauten erforderlich.
Die Feuchte- und Holzschutzthematik erfährt aktuell einen weiteren Bedeutungsschub: Aufgrund der geänderten Bauordnungen und der entstandenen Kompetenz hat sich der Holzbau in den letzten Jahren immer stärker vom Einfamilienhaus oder eingeschossigen zum mehrgeschossigen Holzbau weiterentwickelt. Damit sind längere Bauphasen mit einem steigenden Risiko der Beregnung während der Bauphase und mit höheren Beanspruchungen z. B. durch Schlagregen im normalen Betrieb verbunden. Der Holzbau ist angehalten, auf diese erhöhten Anforderungen und Beanspruchungen zu reagieren und sich so weiter zu entwickeln, dass Schäden in diesen Bereichen nicht zunehmen, sondern frühzeitig vermieden werden können.
Bei allen verbesserten Planungs- und Nachweisverfahren und einer deutlichen Ausweitung der Anwendungsbereiche in den vergangenen Jahren sollte aber eines nicht in Vergessenheit geraten: Holz und Holzwerkstoffe bleiben natürliche Materialien, die bei zu hoher Feuchtebelastung auch biologisch zersetzt werden können. Sie dürfen daher nicht in Bereichen eingesetzt werden, in denen sie langfristig oder sogar dauerhaft hohen Feuchten ausgesetzt sind. Während die Anwendungsgrenzen für Massivholz inzwischen schon recht genau erforscht sind, fehlen bei den vielen verschiedenen Arten von Holzwerkstoffen und Faserdämmungen noch verlässliche Anwendungsgrenzen. Etliche Werkstoffe erweisen sich als weniger feuchteresistent als Holz, während andere sogar eine höhere Beständigkeit zeigen. Hier sind neben den Forschungseinrichtungen auch die Hersteller gefordert, entsprechende Informationen über ihre Produkte und deren Anwendungsbereiche und -grenzen zur Verfügung zu stellen. Ein allzu forsches Vordringen in kritische Bereiche ohne eine entsprechende Absicherung birgt das Risiko, den guten Ruf der Robustheit des Holzbaus wieder aufs Spiel zu setzen. Gerade bei der Anwendung von Holzwerkstoffen und -faserdämmungen in Nischenbereichen, die allenfalls wenige Prozent des Gesamtmarkts abdecken, wird hier manchmal ein hohes Risiko bei eher zweifelhaftem Nutzen eingegangen.
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