Die Zimmer der Mädchen sind wie erwartet leer – das Zimmer, in dem Beast seinen ehemaligen Alpha abgeschlachtet hat, umgehe ich bewusst. Ich will bereits dem Bungalow wieder verlassen, da fallen mir die Medikamente im Keller ein. Zwar habe ich keine Lust, Beast in die Hände zu spielen, aber die Frauen tun mir leid. Trent hat nicht übertrieben, als er behauptet hat, dass ihr Immunsystem sehr viel anfälliger ist als das unsere.
Kurz entschlossen öffne ich die Tür, die hinunter führt zu Trents Behandlungslabor, und bleibe alarmiert stehen. Hier kann ich ihn riechen … diesen charakteristisch scharfen Geruch … Angst! Zwar ist er sehr schwach, wahrscheinlich schon ein paar Tage alt, aber er ist wahrnehmbar.
„Shit!“ Tief in mir baut sich ein starker Widerwillen auf, und ich muss an den Tag zurückdenken, der mich geprägt hat … der Tag, der dafür sorgte, dass ich mich nie wieder einer Frau genähert habe!
Mach schon, Faun … du bist jetzt einer von uns … oder willst du deinen Platz in der Einheit nicht? Bist du ein Schwächling … ein Versager? Ich erinnere mich an das Lachen der anderen, als wäre es erst gestern gewesen, als sie mich in das Zimmer gestoßen haben, und an die großen verängstigten Augen der sehr jungen Frau, die mich anstarrte, als wäre ich das Monster, das ihren Albträumen entsprungen ist. Und genau das war ich auch!
Ich habe ihre Angst gerochen, als ich sie genommen habe … und in ihre großen verängstigen Augen gesehen ... und ich habe beides einfach ausgeschaltet … weil ich dazugehören wollte! Jeder von uns ist darauf fixiert, seinen Platz in der Einheit zu finden, sobald wir aus Sektion C kommen … nur mit einer Einheit hat man draußen im Dschungel die Chance, zu überleben - und nach diesem Tag hatte ich meinen Platz. Aber der anfänglichen Erleichterung folgte schnell Ernüchterung. Der Gestank der Angst verfolgte mich … genau, wie die verängstigen Augen der Frau ... und mein schlechtes Gewissen. Vielleicht bin ich wirklich anders als meine Brüder. Sie haben weniger Probleme damit, sich von den Frauen zu nehmen, was sie wollen. Ich für meinen Teil wollte bald nicht mehr zu ihnen gehören … ich wollte nirgendwo mehr dazugehören. Und so ist es bis heute geblieben. Ich suche nur meine eigene Gesellschaft …
Schnell dränge ich meine Erinnerungen in den hintersten Winkel meines Gehirns zurück – an den Ort, wo ich all die Dinge verstecke, an die zu denken gefährlich ist. Dann öffne ich die Tür von Trents Labor und werde fast vom scharfen Angstgeruch erschlagen.
„Was zur …?“ Weiter komme ich nicht, denn etwas Hartes trifft mich seitlich gegen den Kopf. Ich sehe Sterne und lasse meinen Bogen fallen.
Benommen schüttele ich den Kopf und taumele seitwärts, als mich das harte Ding erneut trifft – dieses Mal gegen die Seite.
Der Schmerz macht mich wütend! In nur wenigen Augenblicken habe ich mich gefangen, und mein Arm schnellt zur Seite. Ich bekomme etwas zu fassen, es ist warm und weich … und es schreit, als ich es packe und zu mir ziehe.
Überrascht runzele ich die Stirn und sehe das vor Panik zitternde Wesen an. Es ist eine Frau! Ich will sie beruhigen, doch sie hört von alleine auf zu schreien.
„Was tust du hier unten?“, frage ich mit möglichst ruhiger Stimme, obwohl mein Kopf dröhnt.
„Ich ...“, stammelt sie, und der Angstgeruch nimmt wieder zu. Ich kenne sie – ihr Name ist Cat. Sie ist eines der Mädchen, das in diesem Haus lebt. Mein Blick fällt auf den silbernen Metallkoffer in ihrer Hand, in der Trent Blutproben oder Impfseren transportiert. „Wolltest du mich damit umbringen?“
„Nein … ich dachte, du wärest jemand anderes!“ Ihre Stimme klingt dünn und entschuldigend. Sie sieht aus wie ein verschrecktes Tierchen, und ich widerstehe dem spontanen Drang, ihr über den Kopf zu streichen. Cat hat schönes braunes Haar. Immer wenn ich sie sehe, starre ich es heimlich an und frage mich, wie es sich anfühlt. Lass diese idiotischen Gedanken, Mann … , weise ich mich selbst zurecht und lasse Cat los. „Also … was tust du hier unten?“
Sie atmet tief durch. „Ich verstecke mich … vor Beast … und den anderen. Ich habe gehört, wie sie die anderen Mädchen weggebracht haben.“
Scheinbar hat sie keine Ahnung, was hier vor sich geht; und mir gefällt nicht, dass ich es bin, der es ihr erklären muss. Aber sie muss es erfahren, also wappne ich mich innerlich.
„Sektion B wurde von Trooper-Einheiten übernommen; Beast ist der neue Leader.“
Ihre Augen weiten sich vor Entsetzen und ich kann es ihr nicht verdenken.
„Du verrätst mich doch nicht, oder?“ Diese großen braunen Augen … schon wieder spüre ich den unsinnigen Drang, über ihr Haar streichen zu müssen.
Schnell bringe ich einen Schritt Abstand zwischen sie und mich. „Hör zu … es ist besser, wenn du mitkommst. Ich meine … du kannst doch nirgendwo hin. Wie lange willst du dich hier verstecken?“
Sie schüttelt den Kopf, dann rollen Tränen über ihre Wangen. Oh, Bitte … nicht das … keine weinenden Frauen …
„Kannst du mir nicht helfen? Bitte, Faun!“
Sie kennt meinen Namen! Aus irgendeinem unerfindlichen Grund verursacht diese Tatsache ein warmes Gefühl in meinem Bauch. Und sie spricht ihn aus, als wäre ich nicht das Monster, das ich in ihren Augen sein muss.
„Bitte, Faun! Mein Name ist Cat! Bitte hilf mir!“
Scheiße! Wie komme ich aus der Nummer wieder raus?
„Cat, ich …“, setze ich an, und sie tut etwas, was mich vollkommen überrumpelt. Sie wirft mir ihre Arme um den Hals und klammert sich an mir fest, wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen muss.
Panisch schiebe ich sie von mir. Mein Magen dreht sich, mein Herz rast … ich will nicht, dass Cat mir so nah kommt! Weder sie noch eine der anderen Frauen!
„Tut mir leid …“, stoße ich hervor, befreie mich aus ihrer Umarmung und stürze aus dem Labor, bevor ich etwas Unüberlegtes tue …
Cat
Ich starre Faun hinterher, als er aus dem Labor flieht, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Mir ist zum Heulen zumute, und ich kann nicht sagen, ob es daran liegt, dass Faun mich bei Beast verraten wird, oder wegen der offensichtlichen Abneigung, die er gegen mich empfindet. Was immer ich erwartet hatte … diese Reaktion sicherlich nicht.
Mit dem Handrücken wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht. „Du selten dumme Kuh!“, beschimpfe ich mich selbst. „Hast du ja toll hinbekommen!“ Da steht plötzlich meine heimliche Liebe vor mir … zum Greifen nah … und was tue ich? Vertreibe ihn gleich wieder! Warum musste ich ihn auch wie ein Trampel anfallen?
Langsam hebe ich die Thermodecke vom Boden auf, die ich fallen gelassen habe, als ich Fauns Schritte vor der Tür gehört habe, und wickele mich wieder darin ein. Was soll er denn auch von mir denken? Zuerst schlage ich mit einem Metallkoffer auf ihn ein, und im nächsten Moment werfe ich mich ihm an den Hals!
Meiner ohnehin unerreichbaren Träume beraubt, schleiche ich zurück in meine Ecke, um auf das Unvermeidliche zu warten … darauf, dass Faun mit Beast zurückkehrt, und die beiden mich aus dem Labor zerren. Beast wird wer weiß was mit mir tun! Ich mag gar nicht darüber nachdenken. Mir fallen Fauns Worte wieder ein. Sektion B wurde von den Trooper-Einheiten übernommen, und Beast ist der neue Leader!
Hätte es schlimmer kommen können? „Du warst schon immer vom Pech verfolgt ...“, sage ich leise zu mir selbst, während ich mich in meine Ecke kauere.
Faun
Was, um Himmels willen, war das? Habe ich gerade wirklich vor einer Frau die Flucht ergriffen? Ich spüre, wie mir Hitze ins Gesicht schießt. Du hast dich aufgeführt wie eine männliche Jungfrau! Oh Mann, was muss sie jetzt von mir denken?
Читать дальше