War es ein Befehl von Life Tree? Etwas Schreckliches muss passiert sein … aber meine Panik ist zu groß, dass ich im Augenblick weiter darüber nachdenken kann.
Zitternd stolpere ich aus dem Raum und schleppe mich auf wackeligen Beinen durch das Haus. Ein Versteck! Ich brauche sofort ein Versteck … oh, mein Gott … wenn sie mich finden! Das viele Blut … Malory ...
Im Wohnraum fällt mein Blick auf die Tür, die hinunter in den Keller zu Trents Behandlungsräumen führt. Was, wenn Trent noch dort ist? Er hat heute Morgen das Haus verlassen … aber er könnte zurückgekehrt sein, ohne dass ich es bemerkt habe. Andererseits wäre es der ideale Ort, mich eine Weile zu verstecken.
Ich denke nicht lange darüber nach und öffne die Tür. Was habe ich schon für eine Alternative? Wie erwartet ist sie nicht abgeschlossen. Dann gehe ich die Treppe hinunter und den Gang entlang bis zu Trents Behandlungslabor. Kurz lege ich mein Ohr gegen das kalte Metall der Tür, doch ich kann nichts hören. Das muss natürlich nichts bedeuten, aber ich habe keine andere Wahl, als nachzusehen, also öffne ich langsam die Tür.
Der verhasste Raum ist leer! Viel zu oft habe ich ihn in den letzten zwei Jahren betreten … Trents schmierige Anwesenheit ertragen. Auch, wenn er abfällig über mich und die anderen Frauen spricht - seine Finger kann er trotzdem nicht von uns lassen. Wenn er mir die Verhütungsimplantate unter die Haut setzt oder mich untersucht … immer bleiben seine Hände und Finger einen Moment zu lange auf meiner Haut. Ich weiß von ein oder zwei Frauen, dass sie Trent hin und wieder sexuelle Gefälligkeiten erweisen. Danach erklärt Trent sie immer ein paar Tage für krank – damit die Trooper nicht am Geruch herausfinden können, dass Trent sich an ihrem „Fleisch“ bedient hat. Die Frauen spielen freiwillig mit – weil die Krankschreibung ihnen ein paar Tage Ruhe vor den Dingen gibt, die abends in ihren Zimmern passieren.
Mit einem Klumpen im Magen sehe ich mich in dem Labor um. Links an der Wand steht die Behandlungsliege, auf die ich mich legen muss, während Trents Finger mich betatschten, rechts gibt es eine Kühleinheit für Blutproben.
Ich öffne die Tür und nehme die zwei Blutproben heraus, während ich nicht darüber nachdenke, dass ich meine Lebensmittel in eine Kühleinheit lege, in der Trent seine Proben aufbewahrt. Aber so verderben sie nicht so schnell.
In dem Schrank an der Rückseite des Labors finde ich Thermodecken, die bei Schockzuständen eingesetzt werden. Ich nehme mir eine heraus und lege sie um die Schultern, da es hier unten kälter ist als oben im Haus. Der in weiß gehaltene Raum ist alles andere als gemütlich und mit Erinnerungen verbunden, die ich am liebsten vergessen würde. Trotzdem ist es im Augenblick der sicherste Ort – zumindest, bis ich herausgefunden habe, was dort oben passiert ist. Kurz werfe ich einen Blick auf die Liege, doch ich kann mich nicht dazu überwinden, mich darauf zu setzen oder gar zu legen.
Stattdessen kauere ich mich in die hinterste Ecke des Labors und wickele mich fest in die Thermodecke. Ich muss nachdenken, aber mein Verstand ist wie gelähmt … ich kann nur auf die Tür starren – voller Furcht, dass sie sich öffnet und Trent hereinkommt … oder noch schlimmer … Beast!
„Hör auf ...“, sage ich immer wieder zu mir selbst, bis ich das Gefühl habe, dass meine eigene Stimme mich in den Wahnsinn treibt ...
Faun
„Geh und sieh nach, ob noch etwas in dem Bungalow ist, das wir gebrauchen können.“
Beast bellt seinen Befehl in meine Richtung, und ich muss mich schwer beherrschen, nicht meinen Finger in einer eindeutigen Geste zu heben. Er hat sich selbst zum Leader von Sektion B erklärt! Alles in mir sträubt sich dagegen, aber im Augenblick bleibt mir nichts anderes übrig, als mitzuspielen. Mit einem letzten Blick auf den zitternden Trent, den Beast am Arm gepackt hat, drehe ich mich um und gehe. Trent! Dieses Kriechtier von einem Arzt! Er war nicht in seinem Labor, als Beast das Haus gestürmt hat, wo er lebt und arbeitet. Das war sein Glück, denn so hat er Beasts unmittelbaren Blutrausch nicht selbst abbekommen. Als Trent ein paar Stunden später von Troopern aufgegriffen wurde und zu Beast gebracht, hat er es mit seiner Arschkriecherei irgendwie geschafft, Beast einzureden, dass er nützlich für ihn wäre. Eines muss man Trent lassen – er ist klüger als seine Kollegen, mit denen Beast kurzen Prozess gemacht hat. Genauso, wie mit Stone! Ich habe das Gesicht des Alphas vor Augen … die Überraschung, als Beast ihm sein Jagdmesser quer über die Kehle zieht … und das Mädchen … Malory … ihre aufgerissenen Augen, zuerst Unglauben, dann Panik, dann der Schrei … als hätte man ihr das Herz aus dem Körper gerissen. Sie hat Stone angesehen, als ob er ihr etwas bedeutet hätte, während Beast und die anderen seinen toten Körper an den Armen aus dem Raum gezogen haben, um ihn mit den abgeschlachteten Life-Tree-Ärzten zu verscharren. Es war eine Säuberungsaktion der grausamen Art – genau nach Beasts Geschmack! Ich schüttele mich, um die Bilder von Malory aus meinem Kopf zu bekommen. Natürlich hat Stone ihr nichts bedeutet … aber die Panik in ihren Augen … die Angst … die Angst in den Gesichtern von Frauen ist ein Bild, das mich verfolgt, seit ...
Shit! Ich könnte mich selbst dafür in den Arsch treten, dass ich nicht so konsequent wie Ace gewesen bin. Er hat sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht – hat gestern zwei von Beasts Wachen vor dem Waffenmagazin KO geschlagen, sich Jadelin geschnappt und ist aus Sektion B geflohen, während ich hier mit Beast als neuem Leader festsitze. Auf seiner Flucht hat Ace noch drei andere Trooper getötet, die sie ihm in den Weg gestellt haben. Er war klug genug, seine Chance zu nutzen. Ich werde die nächstbeste Gelegenheit nutzen, ebenfalls zu verschwinden. Leider ist Beast durch Aces und Jadelins Flucht gewarnt und lässt alle Zäune sowie die Waffen gut bewachen.
Ohnehin ist Beast gereizt … sein erster Weg, sobald man die beiden Wachen fand, hat ihn geradewegs zu Aces Quartier geführt. Als ihm klar wurde, dass Ace und die Rothaarige geflohen waren, hat er getobt und Malory angeschrien – das Mädchen, das gerade mit Stone zusammen war, als er vor vier Tagen die Frauenhäuser gestürmt hat. Als ob sie etwas dafürgekonnt hätte! Das Problem ist nur, dass Beast das egal ist … er entscheidet vollkommen willkürlich, wer seine Brutalität zu spüren bekommt.
„Du bist so ein Idiot, Faun ...“, murmele ich vor mich hin und schultere meinen Bogen, während ich auf den Bungalow zugehe, zu dem ich gehofft habe, nicht mehr zurückkehren zu müssen, nachdem Beast dort so grausam gewütet hat. Die Mädchen und Frauen tun mir leid … Beast will sie behalten … als Pfand und Handelsware. Die meisten Frauen auf Terra Alpha leben in Sektion B, und er will sie als Druckmittel einsetzen, um seinen Anspruch gegenüber den anderen beiden Leadern von Sektion A und C durchzusetzen. Es sieht so aus, als würde es Krieg geben … und ich hänge hier fest.
Mit dem Fuß trete ich die Tür des Hauses auf, vor dem ich die letzten Jahre in meinen Einsatzurlauben Wache gestanden habe. Jetzt ist es leer. Keine Ahnung, was Beast hier noch zu finden hofft. Trent, das feige Stück Dreck, liegt Beast damit in den Ohren, dass die Medikamente aus seinem Labor wertvoll sind, und ein neuer Leader jemanden bräuchte, der damit umzugehen weiß. Zwar sind die Immunsysteme der Trooper robust, aber die der Frauen nicht … sie sind eine zerbrechliche Ware – genau das hat er zu Beast gesagt und damit einstweilen seinen Hintern gerettet. Trent – dieses feige Schwein! Ich gebe mir selbst das Versprechen, ihn mir vorzunehmen, bevor ich mich aus Sektion B verabschiede!
Ohne große Lust durchstreife ich das Haus und lasse meine Nase die Arbeit verrichten. Zwar ist mein Geruchssinn nicht so gut, wie der von Ace – ich bin kein Mantrailer – aber doch gut genug, dass ich es bemerken würde, wenn sich hier jemand versteckt. Angst verursacht ein starkes Kribbeln in der Nase, und der Geruch ist scharf und unangenehm. Das Einzige, was ich hier jedoch wahrnehme, ist der alles überlagernde Gestank von getrocknetem Blut.
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