Ich bin gespannt, welche Bauweise er anstrebt: einfache Unterkunft oder Luxusvilla mit Walmdach? Klaus-Dieter zeichnet und radiert, geht wiederholt raus und verwirft, zeichnet neu und ist schließlich zufrieden. Er ruft mich, jetzt darf ich den Bauplan begutachten. Eine Menge Zahlen, Striche und auch ein erkennbarer Kasten, der wahrscheinlich das Haus sein soll. Viel erkenne und verstehe ich auf Anhieb nicht; lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass ich in Kunst immer nur eine „Drei“ hatte. Klaus-Dieter ist allerdings auch kein Kunstgenie …, aber Hobbybauer und das hat ja auch eher mit Architektur denn mit Kunst zu tun.
„Schön“, sage ich, „das sieht ja gut aus.“ Vorsichtig fange ich an zu fragen: „Erklär doch mal.“
„Na, sieht man doch“, antwortet Klaus-Dieter (leicht konsterniert). Hier ist das Haus, es steht auf den Balken vom Gemüsebeet, da haben wir dann schon mal einen guten Untergrund. Da vorne kommt die Tür rein, hier an der kurzen Seite zum Rasen hin. Ein Fenster brauchen wir auch, nach vorne zum Weg, da knallt die Sonne nachmittags nicht drauf.“
„Hört sich gut an. Also ist das Haus im Prinzip so groß wie jetzt das Gemüsebeet.“ „Genau“, entgegnet Klaus-Dieter, „den Platz können wir ja gut nutzen.“
„Und was für ein Dach machst Du?“
„Das wird leicht geneigt, damit der Regen ablaufen kann. Die Neigung über die lange Seite nach hinten weg.“
„Wie, leicht geneigt, nach hinten weg?“, frage ich. Ein schönes Hausdach hat eine Spitze und damit zwei geneigte Seiten – mehr Vorstellungskraft habe ich im Moment nicht.
„Ja, halt etwas schräg, damit das Wasser nicht darauf stehenbleibt“, wiederholt Klaus-Dieter.
„Wie soll das Wasser darauf stehenbleiben? Ach, meinst Du ein Flachdach?“ Jetzt verstehe ich zumindest Teil eins.
„Ja sicher, ein Brett oben drauf.“
Klar Agnes, ein Spitzdach baut sich nicht mal so eben, dann vielleicht schon eher noch das Walmdach. Scherz beiseite. Das Haus wird also ein Kastenhaus. Aber wie kann das Dach eine Neigung haben, die Seitenwände sehen auf der Zeichnung alle gleich lang aus? Also muss ich wieder fragen: „So, jetzt noch einmal mit der Neigung, wie geht das, die Wände vom Haus sind doch alle gleich hoch, wenn da ein Deckel oben drauf kommt, hat der doch keine Neigung.“
„Da setze ich dann noch auf eine Längsseite des Dachs eine Holzleiste, und dann muss auf das Holzdach noch so ein Wellblech zum Beispiel, das dann auf der Leiste aufliegt. Die Leiste kommt hier vorne zum Weg hin, dann geht die Neigung nach hinten weg, so fließt das Wasser ins Beet, nicht zu uns.“
Okay, klar, gute Idee. „Und der Boden?“, wie machen wir den?“
„Dafür nehmen wir auch eine Platte, die auf den Balken des Gemüsebeets aufliegt“, erklärt Klaus-Dieter (noch) geduldig.
„Fängt die nicht an zu faulen, wenn die aus Holz ist und im Prinzip auf der Erde liegt bzw. darüber schwebt? Denn dann ist doch da ein Hohlraum, wenn die Außenwände auf den Balken aufliegen, die höher kommen als das Erdreich? Das ist doch nicht gut.“ Typisch, schon fängt frau an zu beanstanden. Klaus-Dieter beginnt trotzdem, mit mir gemeinsam neu zu überlegen. Da kommt mir eine Idee: „Wir haben doch noch die ganzen Steinplatten, die unsere Nachbarn uns mal geschenkt haben. Die können wir auf die Erde legen, haben damit einen stabilen Untergrund und die Feuchtigkeit von unten ist kein Problem, da die Steine sie abhalten.“
„Müssen wir mal gucken, wie viele das sind“, erwidert Klaus-Dieter. „Aber grundsätzlich geht das natürlich.“
Nächster Punkt: „Und wie kommen wir in das Haus, wir müssen es ja saubermachen.“
Darüber hat mein Hobbyhäuslebauer sich auch schon Gedanken gemacht. „Wir können eine Schublade einbauen, die kann man dann nach vorn zum Weg herausziehen, da ist dann der Dreck drin und man kann ihn einfach auskippen.“
Das klingt gut, muss ich zugeben. Aber natürlich habe ich noch mehr Einwände, das ist mein Job bei der ganzen Angelegenheit. „Wie kommen wir rein, um Futter und Wasser reinzustellen und um die Eierflut herauszuholen? Die Hühnertür wird da nicht groß genug sein. Und es ist ja auch unpraktisch, wenn wir dafür immer in den Auslauf müssen. Kann man das Dach aufklappen?“
„Das ist doof, das wird ja viel zu schwer. Und wenn es regnet, regnet es sofort rein. Und mit dem Wellblech oben drauf, könnte man das Dach auch schlecht aufklappen. Außerdem: So groß bist Du ja auch gar nicht, dass Du Dich von oben reinbeugen kannst. Wir müssen noch irgendwie eine große Tür oder Klappe einbauen.“ Klaus-Dieter überlegt. „Das kann man so machen: Zum Weg hin lässt sich die Hauswand aufklappen.“
„Ist das denn dann groß genug“, frage ich skeptisch. Wir müssen da ja reinpassen!“
„Das ist ja die Längsseite vom Haus, so breit bist Du ja nicht.“
Danke. „Ja, aber wie hoch ist das Ganze dann, man muss ja irgendwie reinkriechen. Wie hoch ist das Haus denn noch mal?“ Habe ich schon wieder vergessen. Es hat ca. einen Meter Höhe, dann kann die Klappe ca. 50 Zentimeter haben und da das Haus ja auch schon erhöht steht, ist das dann ausreichend, um ins Innere vom Haus zu kommen.“
Gut, hört sich plausibel an.
„Und in diese Hauswand kommt auch das Fenster“, ergänzt mein Mann. Denn Hühner benötigen Licht, sonst legen sie keine Eier. Die Internetseiten geben an, wieviel Fensterfläche relativ zur Hausgröße vonnöten ist. Klaus-Dieter hat das für unsere Maße berechnet und sich eine Lösung überlegt, bei der wir eine der im Keller lagernden, vor Zeiten mal von der Oma überlassenen Glasplatten nutzen können.
Jetzt fällt mir erst einmal nichts mehr ein. „Ja, sehr schön, hört sich gut an“, lobe ich meinen Göttergatten.
„Dann sollten wir bald die Sachen im Baumarkt holen“, beendet auch mein Mann die Unterredung, „damit wir zeitnah mit dem Projekt starten können.“
Das ist mir mehr als recht; und wir vereinbaren, das nötige Material am Wochenende zu erstehen.
5b. Das Bauprojekt: Es wird konkret
Das Samstagshighlight ist also der Familienausflug zum ortsansässigen Baumarkt. Klaus-Dieter hat genau überlegt, welches Material er in welchen Mengen benötigt. Wir stehen also zunächst vor den Holzplatten, denn es soll ja ein Holzhaus werden. Die Materialentscheidung ist hier schnell gefallen, denn es bieten sich im Prinzip nur die Sperrholzplatten an. Die sind recht hoch gestapelt und jede einzelne ist schwer. Gemeinsam wuchten wir die benötigten Platten von dem Stapel herunter auf den Wagen und die Kinder schieben alles zum Holzzuschnitt. Dort soll alles die passenden Maße bekommen. Glücklicherweise stoßen wir auf keine Schlange und Klaus-Dieter kann seinen Auftrag gleich abgeben. Die Aussparung fürs Fenster können wir dort nicht machen lassen, das macht mein Heimwerker zuhause mit seiner Stichsäge. Weiteres wesentliches und noch zu erstehendes Material sind Schrauben, Winkel, Kleber und Holzschutzanstrich nebst Pinseln. Das lässt sich relativ schnell zusammensuchen, obwohl das Angebot an Holzschutzanstrich sehr vielfältig ist. Aber letztes Jahr haben wir unser kleines Gartenhäuschen, das echt teuer war und sich beim Auspacken der Einzelteile als nicht wetterfest geliefert entpuppte, auch angestrichen, sodass wir nun auf Altbewährtes zurückgreifen können.
Es ist gutes Wetter gemeldet und so kann die Streicherei gleich losgehen. Wir legen die Platten (das Fenster ist inzwischen bereits ausgesägt) im Vorgarten auf Planen (auch die noch vom letztjährigen Gartenhäuschenprojekt übrig) aus und streichen zu dritt los. Sohnemann hat ein interessanteres Programm mit seinen Kumpeln geplant. Im Vorgarten bleibt unser Tun natürlich nicht unbeachtet. Interessiert fragt unsere Nachbarin Anna, was das denn werden soll. „Ein Hühnerhaus“, antworten wir. Wir hatten zwar schon mal angedeutet, dass wir mit Hühnern liebäugeln, den endgültigen Beschluss hatten wir aber noch nicht kommuniziert. Hiermit ist das nun geschehen. Aber unsere Nachbarn sind sehr tierlieb und finden es toll und spannend, dass es nun tatsächlich losgeht. Mit Rat und Tat und auch geliehenem Werkzeug stehen sie uns im Laufe der Bauphase zur Seite.
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