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Ich traf auch einmal auf einen Mann, der unbedingt reich sein wollte, aber es gelang ihm nicht richtig und deswegen war er sehr „unglücklich“. Er sagte mir:
„Dantse, das Leben ist unfair. Warum sind nur die anderen glücklich und ich nicht?“
Ich fragte ihn: „Woher weißt du, dass die anderen glücklich sind?“ Er antwortete mir: „Schau dir mal Konrad und seine Familie an: Jedes Jahr haben sie neue Autos. Jede Ferien fliegen sie in den Urlaub. Ich sage dir, sie fliegen! Die Flugkosten allein für alle 6 sind schon ein kleines Auto wert. Die haben Glück! Das Glück lacht ihnen zu und du siehst doch, wie glücklich sie sind. Und ich armer, unglücklicher Kerl stehe hier vor dir und jammere!“

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Vor 25 Jahren, als ich Student war, fuhr ich mit Freunden mit der S-Bahn zu einem Job. Es war ungefähr 7 Uhr morgens. Wir erzählten uns Geschichten und lachten, wie Afrikaner es gerne laut tun. Da wo Afrikaner sich treffen, werden nur Geschichten zum Lachen erzählt. Es wird kaum über den Job, Autos, Urlaube, Familien etc. geredet. Alles, was im Alltag stresst, wird nicht angesprochen. Und deswegen ist die Laune fast immer so gut.
Nach einigen Minuten kam eine ca. 50-jährige Frau zu uns und fragte uns, warum wir so viel lachten, so früh am Morgen. Ein Freund antwortete: „Verehrte Dame, wir sind nicht nur glücklich über diesen Morgen, sondern auch glücklich darüber, dass wir gesund sind und lachen können.“ Die Frau beschuldigte uns, dass wir lügen würden und nicht ehrlich wären. Wir würden nur lachen, um unser Unglück zu verstecken. Einer meiner Freunde, derjenige, der damals am besten von uns Deutsch sprach, fragte sie, warum sie denke, wir würden unser Unglück verdrängen. Sehr höflich meinte sie: „Sie können doch nicht glücklich sein. Nicht glücklicher, als andere Menschen in dieser Bahn, die alle ernste Mienen haben. Ernste Mienen bedeuten, dass es ihnen bewusst ist, was sie an diesem Tag leisten werden. Haben Sie mehr Gründe als diese anderen, glücklich zu sein?“ Wir lachten weiter und fragten sie, warum sie so denke. Sie redete weiter:
„Wie können arme Menschen glücklich sein? Afrika hat doch so viele Probleme und viele können sich doch nichts leisten!“
Dieser Satz brachte uns dann richtig und endgültig dazu, uns kaputtzulachen, so wie man in Afrika eben lacht. Einer von uns fiel vor lauter Lachen auf den Boden. Überrascht und irritiert sah die Frau uns an und fragte: „Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Wir antworteten: „Nein!“, und mein Freund sagte: „Siehst du, du sagst, dass nur Menschen, die viel haben und reich sind, glücklich sein und lachen dürfen. Wir tun es aber doch. Und das bedeutet, wir sind reich. All das, was du brauchst, um glücklich zu sein, ist kostenlos. Wie zum Beispiel das Lachen. Es ist kostenlos. Deine Meinung über Afrika kannst du gern behalten. Wenn wir dir sagen, dass deine Meinung falsch ist, wirst du uns nicht glauben. Unser Lachen sagt doch alles darüber, wie es uns geht. Es mangelt uns an nichts. Wir können uns alles leisten was wir brauchen, um so zu lachen, und deswegen sind wir glücklich. Deine Logik stimmt nicht wirklich!“ Nun lachte sie mit uns, richtig laut, gab uns ihre Karte und ging mit einem schönen Satz weg: „Ich wünsche euch einen wundervollen Tag, ihr glücklich lachenden Afrikaner!“ Später erfuhren wir über ihre Karte, dass sie eine Journalistin war, und ich habe bis heute einen tollen Kontakt zu ihr. Wenn wir uns sehen, fangen wir immer wieder an zu lachen!
Was lernen wir aus all
diesen Geschichten?

Diese Geschichten zeigen uns eins: Unser Bild in Bezug auf das Glücklichsein ist zu sehr an materielle Dinge geknüpft.
So werden Menschen subtil programmiert und ihnen wird die wahre Bedeutung des Glücklichseins genommen, bzw. geraubt. Glücklichsein wird mit vergänglichen und äußerlichen Sachen verbunden, anstatt mit Dingen, die die Persönlichkeit, das Innere und die Seele stärken. Dies geschieht zum Beispiel durch Medien, Politik, Wirtschaft, Werbespots, Kinofilme, das Fernsehen, usw. Über all diese Kanäle wird Druck ausgeübt.
Es werden uns die Menschen, die materielle Dinge besitzen, als fröhliche, glückliche Menschen verkauft. Wir sehen die Stars mit ihren großen Autos, ihren Privatjets, ihren Kindern, die nur Designerkleidung tragen, und vor der Kamera strahlen sie alle vor Glück und Erfolg. In der Werbung sehen wir gutaussehende Menschen mit keinem Gramm Fett am Körper, die uns ihr Boot, ihr Auto, ihr Haus, ihren tollen Partner und ihre gesunden Kinder zeigen. Die Zeitungen und Magazine greifen das auf und betiteln sie: „Eine glückliche Familie…“. Solche Bilder und Wörter prägen Menschen extrem tief, ohne dass es ihnen bewusst wird. Gleichzeitig, damit das Einprogrammieren und die Konditionierung nicht gestört werden, werden wichtige innere Werte, die, die einen Menschen stark machen und sein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein hervorheben, sabotiert. Werte wie Selbstliebe, Demut, Dankbarkeit, Glaube, Respekt, eine gute Kommunikation, Geben, Gemeinschaftssinn und ein positives Bild von Leistung werden als esoterisch oder religiös abgestempelt und den Kindern bewusst nicht mehr aktiv weitergegeben. Um an Mehmet Scholl und sein Zitat über die neue Generation von Fußballern anzudocken: „Es kommt eine weichgespülte Masse an, ohne Persönlichkeit, ohne eigene Meinung, die nicht nein sagen kann, die ihre Macht an Dritte abgegeben hat, die erfolgreich sein will, aber niemals das Große gewinnen wird.” Das Große hier bedeutet: Glücklichsein, egal, was passiert.
Warum ist diese
Konditionierung so wichtig?

Der große deutsche Soziologe Max Weber hat diese Situation schon vor über 30 Jahren beschrieben und ein befreundeter deutscher Philosoph und Soziologe sagte mir neulich dazu:
„Dantse, wir müssen es so machen: Schauen Sie zum Beispiel mal den Alkoholkonsum an. Es wurde den Menschen subtil beigebracht, dass man nur dann hemmungslos und fröhlich sei, wenn man Alkohol getrunken habe, erst dann habe man richtig Spaß bei einer Feier. Immer wieder sieht man, wie Jugendliche heutzutage Partys feiern. Sehen Sie Eltern und die Gesellschaft, die sich aufregen? Nein, im Gegenteil. Sie sagen: „Lass die Kinder ihren Spaß haben. Sie sind glücklich.“ Findet man Jugendliche nicht komisch, wenn sie auf einer Party nur Wasser trinken? Die Leute fragen sofort, ob es ihnen nicht gutgeht. Wir denken alle, dass das normal ist. Das ist eine bewusste Konditionierung der Gesellschaft. Und wer gewinnt dabei? Auf jeden Fall nicht das Portemonnaie und die Gesundheit. Es hat einen rein wirtschaftlichen, aber auch politischen Grund, dass wir so denken und warum die Definition von Glück so oberflächlich und vergänglich gehalten wird. Es ist Absicht und ist gezielt geplant. Wissen Sie, warum?“
Der
Philosoph
Ich antwortete ihm Folgendes:
„Sicherlich wird die Masse auf diese Art konditioniert, damit die Konsumgesellschaft überlebt. Ich nenne es Konsumglück, Spaßglück. Wir brauchen Menschen, die nicht viel nachdenken und einfach nur funktionieren. Jeder will glücklich sein. Indem man den Menschen sagt: ‚Wenn du dieses und jenes hast und tust, wirst du glücklich‘, entbrennt ein Kampf um den Konsum. Der weniger Reiche, sowie auch der Reiche, kämpfen um das gleiche Ziel: So viel zu konsumieren, wie man kann. Der Reiche steht unter Druck zu zeigen, dass er etwas hat, und dafür muss er ständig konsumieren und kaufen. Der Arme will zeigen, dass er auch etwas kann. Dafür muss er konsumieren, und sich notfalls auch verschulden, um seinen Urlaub machen zu können. Und darin liegt etwas Perfides, das niemand auf den ersten Blick sieht: Arbeit. Für den Reichen wie für den Armen ist dieser Konsum nur möglich, wenn er arbeitet und sich dafür aufgibt. Der Verlust der Arbeit bedeutet keinen Konsum mehr. Diese extrem perfekte Konditionierung macht aus Menschen Arbeits- und Konsumsklaven, die nach dem Glück und dem Glücklichsein streben.“
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