5. Grenzzoneninfarkt
Infarkt an der Grenze von zwei arteriellen Stromgebieten.
Schlaganfall-„Alarm-Signale“
In nicht wenigen Fällen kommt es einem Schlaganfall vorausgehend – ähnlich wie z.B. bei einer Migräne-Aura – zu
„Schlaganfall-Alarm-Signalen“.
[im anglo-amerikanischen Sprachraum sind diese Vorwarn- bzw. unmittelbaren Warnzeichen geheißen: „Yellow Flaggs“ bzw. „Red Flaggs“ ]
Nach wie vor herrscht hierzulande überwiegend die Meinung vor, dass ein Schlaganfall ein plötzliches Ereignis sei.
Das ist korrekt, aber nur zum Teil bzw. bedingt.
Denn tatsächlich kündigt sich ein Schlaganfall schon Tage vor dem eigentlichen Ereignis und nicht selten sogar Wochen zuvor mit ‚Auffälligkeiten‘ an, den „Schlaganfall-Alarm-Signalen“!
Das können sein/sind:
- Schwindel-Attacken, Gleichgewichtsstörungen
- kurzdauerndes Taubheitsgefühl
- kurzdauernde Sehstörungen
- kurzdauernde Sprachstörungen.
Diese „Warnsignale“ sollten unbedingt beachtet werden.
In der Realität sieht es aber leider nach wie vor völlig anders aus!
Zeigen sich die o.gen. Symptome und wiederholen sie sich binnen kürzester Zeit, dann sollte – quasi als „Erste-Hilfe-Untersuchung“ – der sogen. „Schlaganfall-Schnell-Test“ von den Familienangehörigen bzw. Lebenspartnern durchgeführt werden, der „FAST“:
FASTheißt …
Fwie Face
[ist das Gesicht einseitig ‚gelähmt‘?]
Awie Arms
[ist die Arm-Bewegung einseitig eingeschränkt?]
Swie Speech
[ist die Sprache auffällig, evtl. ‚verwaschen‘?]
Twie Time
[d.h.: keine Zeit verlieren, umgehend Fachhilfe zuziehen!]
Wichtig zu wissen:
„Schlaganfall-charakteristische bzw. –spezifische Symptome gibt es nicht!
Fakt ist, dass …
… die Symptome – korrekter: neurologischen Ausfallserscheinungen – unterschiedlich auftreten, einmal aufgrund der „Schwere“ des Hirn-Infarkts – TIA, PRIND, Complete Stroke – und dann insbesondere dadurch hervorgerufen, welches Hirn-Areal betroffen ist bzw. von der Lokalisation und der Ausprägung des Gefäß-Verschlusses.
Das sind/können sein:
1. Halbseitige Lähmung
(Hemiparese)
[plötzlich auftretende Schwäche oder Lähmung auf einer Körperseite – insbes., eines Armes, Beines, einer Gesichtsseite (= Fazialisparese)]
2. Sprachstörungen
(motorische Aphasie)
[Sprachschwierigkeiten in Verbind-ung mit Lähmung einer Körper-seite (zumeist rechtsseitig)]
3. Störungen Sprachverständnis
(sensorische Aphasie)
[das Sprachverständnis ist eingeschränkt]
4. Sehstörungen
[halbseitiger Ausfall eines Gesichtsfelds = homonyme Hemianopsie / vorübergehender Sehverlust (i.d.R. nur auf einem Auge) = Amaurosis fugax oder bestehenbleibender Visus-Verlust = Amaurosis / Doppelbilder / verschwommenes Sehen]
5. Bewegungsstörungen
[Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsstörungen, Schwindel, Gangunsicherheit]
6. Bewusstseins-Störung
[plötzlich auftretende Eintrübung des Bewußtseins/der Wachheit bis zur Bewusstlosigkeit]
7. Verwirrtheit- und Denk-Störung
[Verwirrtheit, Desorientiertheit zum Ort, der Zeit, der Person, zum Umfeld]
8. Übelkeit
[mit bzw. ohne Erbrechen]
9. Kopfschmerzen
[urplötzlich auftretende bis sehr starke Kopfschmerzen]
10. sogen. „Herdblick“
[d.i. unwillkürliche, nicht beeinflussbare Augenbewegungen hin zur Seite der Hirnläsion nach einem Schlaganfall = „ Déviaton conjuuée“ ]
11. Gedächtnis- und Erinnerungs-Störung
[ Amnesie = die sich durch eine zeitliche und/oder inhaltliche Beeinträchtigung der Erinnerung bemerk-bar machende Störung / eine teilweise Minderung bezeichnet man als Hypomnesie ]
12. Pathologische Reflexe
[d.s. automatische, unwillkürliche Körperreaktionen (= Reflexe), welche bei Gesunden nicht vorkommen]
Bei einem Infarkt im Bereich des Hirnstamms [Truncus cerebri = alle unterhalb des Zwischenhirns/Diencephalon liegenden Hirnabschnitte – ausgenommen das Kleinhirn (Cerebellum) –; d.s. Mittelhirn/Mesencephalon mit den Großhirnschenkeln, Mittelhirnhaube und Mittelhirndach sowie Rautenhirn/ Rhombencephalon mit Brücke/Pons und Verlängertem Mark/Medulla oblongata] finden sich als charakteristische Beschwerden die …
13. „Alternans-Syndrome“
[sie entstehen durch eine einseitige Läsion von Strukturen des Hirnstamms („Hirnstamm-Syndrom“). Sie sind gekennzeichnet durch auf derselben Hirnhälfte (ipsilateral) auftretende Ausfälle von Hirnner-ven und eine auf der anderen Körperseite auftretende Lähmung (kontralateral) bzw. die andere Kör-perhälfte betreffende Ausfälle der Sensibilität]
Schlaganfall-„Diagnostik“
Kurz-Info zu Beginn.
Hirninfarkt-Diagnostik heißt:
a) Anamnese
b) Körperliche (internistische) Untersuchung
c) Neurologische Untersuchung
einschl.
d) Apoplex Score-Diagnostik
[NIHSS]
e) Bildgebende Verfahren
[cerebrales CT, cerebrales MRT, Angiographie, Sonographie – EEG, EKG, Echokardiographie (i.d.R. TTE = Transthorakale Echokardiographie)]
f) Labor-Diagnostik
Hinweis:
Die Schlaganfall-Diagnostik – wie auch die nachgehende Schlaganfall-Therapie – sollte soweit als möglich erfolgen nach den aktuellen Leitlinien „Schlaganfall“ der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
! Sehr wichtig !
Ein Schlaganfall-Patient sollte binnen 10 Minuten nach der Krankenhaus-Einweisung von einem Arzt – optimalerweise von einem Neurologen – gesehen und die Untersuchungen eingeleitet werden.
Umgehend müssen dann die erforderlichen Erst-Diagnostik-Verfahren durchgeführt werden, um die notwendige Schlaganfall-Therapie einzuleiten.
Nun „en detail“:
Anamnese
In vielen Schlaganfall-Fällen ist eine Anamnese-Erhebung mit dem Patienten nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Daher ist es sehr wichtig und hilfreich, wenn bei der Aufnahme-Anamnese ein Familienmitglied oder ein Lebenspartner mit hinzugezogen werden kann!
Wichtig:
Bei der Aufnahme wird aus „Zeitgründen“ lediglich eine orientierende Kurz-Anamnese vorgenommen – später dann eine ausführliche Anamnese –.
Die „Kurz-Anamnese“ sollte enthalten:
Aktuelle Erkrankung – wann aufgetreten mit welchen Symptomen, der weitere Krankheitsverlauf bis zur Krankenhausaufnahme –; sonstige und bes. chronische Krankheiten des Patienten – so u.a. insbesondere Blutungsneigung/bekannte Gerinnungsstörung/Bluterkrankung, Herzinfarkt/ Herzrhythmusstörungen/Herzerkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechsel-Störungen, Nierenfunktionsstörung/Niereninsuffizienz, arterielle Durchblutungsstörungen, Thrombose/Embolie in der Vorgeschichte, TIA/PRIND/Hirninfarkt in der Vorgeschichte – Lebensstil – Stress, Schlaf, Erholungszeiten, Arbeitsbelastung, Ernährung, Rauchen, Alkohol – und Familien-Anamnese – Erkrankungen in der nächsten Familie an Diabetes, Hypertonie, Vorkommen von Herzinfarkt und/oder Schlaganfall –.
Körperliche (internistische) Untersuchung
Hinweis:
Aus „Zeitgründen“ muss sich die internistische Aufnahme-Untersuchung beschränken auf eine „orientierende Basis-Untersuchung“ – Herz, Gefäße, Blutdruck, Lunge –.
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