Zweck, zu überprüfen, ob ich auf Kurs bin. In Wirklichkeit geht es nur darum, mir alle möglichen Verfehlungen der vergangenen Woche vorzuwerfen und diese in einer Aktennotiz festzuhalten. Nach dem Gespräch, das eher wie ein Verhör anmutet, gehe ich sofort nach Hause.
Dieses Spiel wiederholt sich nun in den nächsten Wochen und verursacht immer wieder krankheitsbedingte Ausfälle. [18] [19]Dabei nutzt Kotz meine nun unvermeidlichen Fehler aus, die Folge des Psychoterrors sind. Er schreibt sinngemäß in diversen Mails an die Geschäftsleitung: »Markus fühlte sich wohl in seiner Integrität gestört und hat deshalb am Gespräch nicht teilgenommen [20]… Wir müssen alleine schon wegen seines Konsums von Schlafmitteln aufgrund von Schlafstörungen intervenieren [21]« In der Folge versucht er, mich an einen Vertrauensarzt des BIT zu überweisen, was mich erst recht in Rage bringt.
Die Situation eskaliert am 16. September bei einem weiteren demütigenden Zielerreichungsgespräch schließlich vollständig. [22]In diesem lasse ich mich sogar zu einer versteckten Selbstmorddrohung hinreißen. Nach dem Gespräch verlasse ich das Büro umgehend, wie ich das bereits bei den vorherigen gemacht habe.
Ich kontaktiere am gleichen Nachmittag einen Anwalt der Mobbing-Zentrale Schweiz [23]und bitte um Rat. »Schreiben Sie sofort einen eingeschriebenen Brief an die Geschäftsleitung und fordern Sie diese auf, ihre Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Stellen Sie sicher, dass das Schreiben in ihrem Personaldossier hinterlegt wird«, ermutigt mich der Anwalt zur entschiedenen Gegenwehr.
Ich halte mich an diesen Rat. Umgehend schreibe ich als Vorabinformation eine Mail an die Geschäftsleitung inklusive Direktor, in der ich diese auffordere, alles zu unternehmen, um die Angriffe einzustellen . [24]Ich erwähne, dass die Aufforderung auch noch mit eingeschriebener Post zugestellt wird. Diese Nachricht löst eine Kaskade von Mails zwischen den am Konflikt Beteiligten aus. [25-29]Kotz streut gezielt Gerüchte über mich, indem er mir in einer Mail [25]an Abteilungsleiter, Geschäftsleitung und HR unterstellt, ich könnte physische Gewalt gegenüber dem Team oder Management ausüben. Wie er darauf kommt, weiß ich nicht. Ich habe nie so etwas auch nur angedeutet. Die Vizedirektorin des Lösungszentrums flüstert dem Direktor Lügengeschichten über mich ins Ohr. Dabei nutzt sie geschickt den Umstand aus, dass mich ein Team anstellte, das zu einer Abteilung gehörte, dessen Leiter sie erfolgreich entmachtete. Sie kann damit auf das Wohlwollen des Direktors zählen. Sie übersieht dabei aber, dass ich dem Team lediglich vier Monate angehörte, nachdem ich zum BIT stieß. Das scheint sie nicht weiter zu stören. Stattdessen nutzt sie den zu ihren Gunsten ausgegangenen Konflikt aus, um mich zu demontieren.
Wie vom Anwalt angeraten, verschicke ich am darauffolgenden Tag den Brief [30]eingeschrieben an die Geschäftsleitung.
Um die Situation zu beruhigen, fordert mich Hinkebein auf, daheim zu bleiben, da die Angelegenheit vor Rückkehr an den Arbeitsplatz von externen Stellen untersucht werden müsse. [28]Ich werde also freigestellt und kann den nun folgenden Kampf von zu Hause aus führen.
Zwei Tage nach meiner Freistellung wird mein Account gesperrt. [29]
1.3.4. Erfolgreiche Gegenwehr
Die Bombe schlägt ein
Das Schreiben an die Geschäftsleitung scheint Wirkung zu entfalten. Nachdem ich bereits gestern (17.09.) von Hinkebein aufgefordert wurde, zu Hause zu bleiben, treten nun zusätzliche Akteure aufs Schlachtfeld. Der Direktor delegiert den Fall an den Rechtsdienst. Bevor es zu einem Gespräch mit dessen Leiter kommt, treffen sich Kotz und ich zusammen mit dem HR zu einer Aussprache. [31]In diesem Gespräch werden die Gründe für die Unzufriedenheit von beiden Seiten auf den Tisch gelegt. Ich wiederhole im Wesentlichen nochmals meine Kritikpunkte. Adolf Kotz wiederholt ebenfalls bereits bekannte Punkte. Wird diskutieren relativ lange, aber finden keine Übereinstimmung in der Wahrnehmung der Probleme und deren Lösungen.
So kommt es im Verlauf des Oktobers zum entscheidenden Gespräch [32]beim Rechtsdienst. Neben dem Leiter des Dienstes, Siegfried Schweinle (Name Geändert), sind Adolf Kotz und das HR anwesend. Ich wiederhole in diesem Gespräch meine Kritikpunkte und äußere auch, dass die ungewollte Führungsübernahme zu gesundheitlichen Rückschlägen geführt habe. Ich sei 2006 an Krebs erkrankt und hätte deshalb keine Aufgabe mit Führungsverantwortung übernehmen wollen. Da der Projektleiter aber mit seiner Aufgabe offensichtlich überfordert sei und ich mehrmals erfolglos versucht hätte, auf das Problem hinzuweisen, musste ich die Führung übernehmen. Es sei eine organisatorische Fehlkonstruktion, wenn der Aufstieg in der Organisation ausschließlich über die Projektleiter laufe, vor allem weil diese aufgrund von fehlendem technischem Wissen verhältnismäßig wenig zum Projekterfolg beitragen. Ich mache auch gleich einen Lösungsvorschlag: »Entweder werde ich offiziell mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet und adäquat entlohnt oder Sie entlasten mich von Führungsaufgaben. Dann ist da noch das Problem mit der zusätzlichen Zielvereinbarung«, fahre ich fort. Diese Vereinbarung sei nur erstellt worden, um mich zu demontieren. »Es fanden wöchentliche, demütigende Gespräche mit Herrn Kotz statt, die schließlich zu dieser Eskalation führten.« Schweinle entgegnet, niemand habe die Absicht, mich zu entlassen. Das sehe ich allerdings anders. Dann sagt Schweinle zu Kotz: »Sie haben sich verpflichtet, das ganze Team zu übernehmen. Sie können nicht einzelne Mitarbeiter ausschließen.« Kotz nimmt das kommentarlos zur Kenntnis.
Nach längeren Diskussionen und Abklärungen über eine interne Versetzung einigen wir uns schließlich auf einen Neustart unter dem gleichen Vorgesetzten. Ein Wechsel in eine andere Abteilung ist nicht so einfach, weil so kurzfristig keine geeignete Stelle verfügbar ist. Dabei wird mein Wunsch berücksichtigt, dass ich nicht mehr mit dem gleichen Projektleiter zusammenarbeiten muss. Ich wechsle innerhalb des Teams, aber bleibe in der gleichen Organisationseinheit. Kotz hat sich eine neue Probezeit von einem Monat ausbedungen, mit der ich einverstanden bin.
Neustart unter gleichem Vorgesetzten
Und so beginnen die Vorbereitungen für einen Neustart. In einem Gespräch am 27. Oktober werden die Einzelheiten für die Wiederaufnahme der Arbeit und den Ablauf der außerordentlichen Probezeit besprochen. [33]Anwesend sind neben Kotz, Hinkebein und HR ein Coach vom Sozialdienst, der mich in den kommenden Wochen und Monaten begleiten wird. Ich bitte Kotz, sich rechtzeitig bei mir zu melden, wenn er etwas zu beanstanden habe. Ich erwähne das, weil er mich in einem Jahr erneut angreifen und mir Verfehlungen unterstellen wird, obwohl er in den vorangehenden Meilensteingesprächen nichts erwähnt.
Am 31. Oktober nehme ich die Arbeit wieder auf. Ich erhalte in den kommenden vier Wochen diverse Aufgaben von einem Mitarbeiter des zukünftigen Teams und einem Kollegen, der mich im Frühling unterstützt hat. Sie werden die Arbeitsresultate beurteilen, an Kotz berichten und haben damit wesentlichen Einfluss auf die Fortführung der Beschäftigung nach Ende der zweiten Probezeit. Neben der Beurteilung der fachlichen Eignung fließen auch Beobachtungen des Coaches zum Arbeits- und Sozialverhalten in den Bericht ein.
Während den ganzen vier Wochen gibt es nicht die geringsten Probleme. Der zukünftige Teamkollege ist des Lobes voll: »Ich bin überrascht, wie gut sich Markus behauptet«, sagt er gegenüber Hinkebein, als dieser einmal bei ihm vorbeischaut und sich danach erkundigt, wie es läuft. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass ich nach Abschluss der zweiten Probezeit durchweg positives Feedback erhalte: [34]»Markus lernt sehr schnell und hat die Aufgaben gut gelöst.« Die Integration ins Team habe besser geklappt als erwartet. Der Coach legt nach: »Herr Dubach ist ein umgänglicher Mensch. Man kann gut mit ihm reden.« Also alles im grünen Bereich.
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