T. D. Amrein
Anna und Jadwiga
Mädchenmörderjagd
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Inhaltsverzeichnis
Titel T. D. Amrein Anna und Jadwiga Mädchenmörderjagd Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
Epilog
Impressum neobooks
Quadratzentimeter für Quadratzentimeter suchte Kommissar Krüger die Gegend ab, die hauptsächlich aus Wald bestand. Eine lang gezogene Ortschaft lag im Zentrum des Suchgebiets. Ab und zu wurde das Meer der seltsam genau geformten Baumkronen durch scharf begrenzte Wiesen und einige wenige Äcker unterbrochen. Der Ort hieß Schramberg, das hatte jemand in Handschrift am unteren Rand des tischgroßen Luftbildes notiert. Der einzige weitere Hinweis, ein mitten im Wald sauber gezogener Kreis, trug den Vermerk: Fundort.
Hier hatte der Hund eines Wanderers einst einen halbverwesten Torso aufgespürt. 1987, vor fünfzehn Jahren. Die Aufnahme stammte jedoch aus dem September 2002. Angefertigt auf ausdrücklichen Wunsch Krügers, der sich damit im wahrsten Sinne des Wortes erst mal einen Überblick verschaffen wollte.
Den Torso hatte man damals der seit einigen Monaten vermissten Anna Duda zuordnen können. Ein polnischstämmiges Kindermädchen, gerade 19 Jahre alt geworden, das in Diensten einer vermögenden Familie in Schramberg stand. Sie stammte aus der Nähe von Krakau, aus der unmittelbaren Umgebung von Oswiecim. Am Fundort konnte damals außer Annas Überresten nur ein einziger interessanter Gegenstand sichergestellt werden. Ein einzelner Latexhandschuh. Aus seinem Innern stammte die DNA-Spur, die kürzlich zu einem weiteren Treffer geführt hatte. In einem als gestohlen gemeldeten Wagen, der in Konstanz beschlagnahmt worden war, wurde an einer Herrenuhr, die unter dem Fahrersitz gelegen hatte, eine identische Gensequenz festgestellt.
Wer die Spuren hinterlassen hatte, blieb bislang völlig im Dunkeln. Die Sicherstellung an sich lag bereits mehrere Monate zurück. Die Auswertung der im Fahrzeug gefundenen Spuren hatte im Rahmen von Routineuntersuchungen erst mit der üblichen Verspätung stattgefunden. Trotzdem entschloss man sich im BKA, aufgrund der neuen Erkenntnisse, einen Sonderermittler einzusetzen. In Person des erfahrenen Hauptkommissars Max Krüger, der bisher in der Dienststelle Freiburg im Breisgau Dienst geleistet hatte. Sein erster Fall in dieser Funktion. Da Schramberg bloß 40 Kilometer entfernt liegt, konnte Krüger direkt aus seinem Büro in Freiburg agieren.
Die wenigen Schriftstücke, die zum Sachverhalt existierten, hatte der Kommissar rasch ein erstes Mal grob durchgearbeitet. Außer der Identität und der Herkunft des Opfers lag das meiste in Dunkeln. Die Ausnahme: Anna hatte eine gleichaltrige Kollegin gehabt, die damals ebenfalls in Schramberg angestellt gewesen war. Zwar in einer anderen Familie, aber die beiden hatten sich gekannt. Man hatte Jadwiga Grabowska natürlich befragt, sogar mehrfach. Ohne zu relevanten Erkenntnissen zur Tat zu gelangen. Bis sie schließlich ein halbes Jahr später spurlos verschwand. Erst nahm man an, dass sie einfach den Ort oder die Familie gewechselt hatte. Aber Jadwiga tauchte nie mehr auf. Weder tot noch lebendig.
***
Krüger erwartete an diesem Tag seine neue Assistentin, die ihm von Wiesbaden für diesen Fall zur Verfügung gestellt wurde. Die Dame hieß Nadja Smolenska, eine Deutsche mit polnischen Wurzeln. Sie solle beide Sprachen absolut perfekt beherrschen, das war die Hauptqualifikation, hatte Krüger schon gehört. Als ehemalige Kommissarin verfüge sie außerdem über Erfahrung bei der deutschen Kripo. Allerdings habe sie in den letzten Jahren nicht mehr bei der Behörde gearbeitet, sodass man ihr wohl eine gewisse Eingewöhnungszeit zugestehen müsse. Klang fast perfekt. Bloß die verklausulierte Beschreibung weckte einen kleinen Argwohn in Krüger. Wenn sie eine normale Wiedereinsteigerin war, dann konnte man das ganz einfach so nennen, fand er. Sonst entstand leicht der Eindruck, dass mit der Kollegin etwas nicht stimmte.
Sprachliche Feinheiten dieser Art waren ihm früher kaum aufgefallen. Erst seit er mit seiner neuen Partnerin, Elisabeth Graßel, zusammenlebte, hatte sich das verändert. Eine Frau mit messerscharfem Verstand und gnadenlosem Durchblick durch windige Fassaden. Sie hatte ihm nicht bloß öfters mit unerwarteten Ideen ausgeholfen. Sondern auch seine Wahrnehmung für ungewöhnliches Verhalten oder versteckte Andeutungen enorm geschärft.
Selbstverständlich wusste sie Bescheid über seinen Tag und würde ihn heute Abend mit Fragen bezüglich "der Neuen" ziemlich hart bedrängen. Deshalb konnte er froh sein, dass er zwischenzeitlich über die Formulierungen eines vermutlich männlichen Kollegen lästern konnte, anstatt selbst eine möglichst neutrale Beschreibung einer attraktiven Dame abzuliefern.
Schon an sich ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen.
Ob Frau Smolenska diese Bezeichnung verdiente, wusste er zwar noch nicht, hoffte es jedoch sehr. Interessante, selbstbewusste Frauen inspirierten ihn. Es ging dabei nicht bloß um markante, weibliche Formen oder gutes Aussehen. Er wünschte sich eine echte Partnerin mit eigener Meinung, keine devote Untergebene. Obwohl es, ebenfalls eine Erfahrung von zu Hause, manchmal ziemlich anstrengend werden konnte. Wenn man sich, anstatt einfach zu befehlen, in echt einigen musste. Trotzdem überwogen die Vorteile. Eine Kollegin mit starker Ausstrahlung hielt beispielsweise die meistens männlichen Kunden Krügers in Unruhe. So dass sich manch einer mangels Konzentration in Widersprüche verwickelte, wenn er versuchte, ihr einen Bären aufzubinden. Andererseits im Umkehrschluss, was geschah bei einem Zeugen, bei dem diese Wirkung keineswegs erwünscht war? Stellte dies nicht das ganze Prinzip in Frage?
Über solche Ansichten hatte er mit Elisabeth noch nie diskutiert. Was die wohl dazu sagen würde? So ein Blödsinn! Es macht dir einfach viel mehr Spaß, mit einer attraktiven Frau zu arbeiten. Aber das würdest du niemals zugeben! Krüger zuckte mit den Schultern. „Wo sie recht hat, hat sie recht“, murmelte er.
***
Die Dame vom Empfang brachte die Besucherin zu Krüger.
„Guten Tag, Herr Hauptkommissar!“, begann sie. „Ich bin Nadja. Nadja Smolenska. Man hat mich Ihnen zugeteilt.“
Krüger ergriff ihre ausgestreckte Hand. „Herzlich willkommen, Frau Smolenska!“ Er versuchte, sie nicht zu taxieren. Jedoch gelang es nicht vollkommen. Ihre leuchtend weißen Zähne und das unglaublich dichte, kupferfarbene Haar fielen einfach auf. Dazu trug sie eine hellblaue Bluse und eine dunkelblaue Hose. Aus den vorne offenen Schuhen leuchteten ihre Fußnägel in exakt demselben Blau wie das Oberteil. Für eine Frau hatte sie einen festen Händedruck, empfand Krüger.
„Nehmen Sie doch bitte Platz, Frau Smolenska!“, forderte er sie auf.
„Danke, Herr Hauptkommissar!“
„Darf ich Ihnen etwas anbieten?“
Sie schien amüsiert. „Ich bin Ihre persönliche Assistentin, Herr Hauptkommissar. Ich bin gekommen, um Sie zu unterstützen, nicht um mich verwöhnen zu lassen“, stellte sie lächelnd fest. „Aber trotzdem: Danke, nein.“
„Ist schwierig für mich“, versuchte Krüger zu erklären. „Ich fühle mich nicht wohl, wenn der Eindruck entsteht, dass ich jemanden als Bediensteten behandle. Also wenn Sie denken, Frau Smolenska, dass ich zu viel von Ihnen verlange, dann wehren Sie sich bitte!“
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