„Ich vertraue ihnen, Sayid. Sie haben ein ehrliches Gesicht und kommen aus einem ehrenwerten Land“, fuhr der Mann mit den Goldzähnen unterwürfig fort. „Als die Wachen bei der Auseinandersetzung dazwischen gingen, habe ich etwas Ungewöhnliches beobachten können. Einer von ihnen hat dem toten Schwarzen ein Messer in die Hand geschoben. Das ist doch seltsam, finden sie nicht? Entweder hat er Spuren legen oder verwischen wollen oder vielleicht sogar selbst dem Franzosen das Licht ausgeschaltet. Er hat garantiert im Auftrag einer der Parteien gehandelt, wahrscheinlich des Russen. Vielleicht wollte der den Franzosen loswerden und hat das Ganze angezettelt.“
„Erzählen sie weiter“, forderte Raschid den Saudi ungeduldig auf. Ein kleiner Funken Hoffnung stieg in ihm auf.
In diesem Moment trat der Wachmann, der den Araber gebracht hatte, zurück an den Tisch. „Ende der Besuchszeit. Zurück mit dir in deine Zelle, Goldie!“
Er ergriff den Arm seines Gefangenen und zog ihn unsanft von seinem Stuhl.
„Moment noch“, protestierte dieser, schien aber bei seinem Bewacher auf taube Ohren zu stoßen. Auch Raschid hob die Hand, um dem Beamten zu signalisieren noch einen Moment innezuhalten, aber auch das interessierte den Wachmann nicht.
„Rabane!“, rief der Häftling noch seinem Besucher zu, während er aus dem Besuchsraum geschoben wurde. „So heißt der Wärter. Blaise Rabane! Sprechen sie mit ihm. Und holen sie mich hier raus!“
Dann war er hinter einer Türe verschwunden und die Kommunikation mit ihm bis auf Weiteres beendet.
Raschid stand auf und begab sich zu dem Anmeldezimmer zurück, in dem er zuvor seine Personalien zu Protokoll gegeben hatte. Er stellte sich geduldig in die Schlange der Wartenden, um seine Chancen, angehört zu werden, nicht gleich im Keim zu ersticken. Mit den Besuchern wurde hier nicht sehr freundlich umgegangen, man stellte sie offenbar mit den Insassen auf die gleiche Stufe.
Als er an die Reihe kam, fragte er nach der Möglichkeit noch weitere Besuche abstatten zu dürfen und nannte die Namen des Franzosen und des Russen. Mit einer abfälligen Bemerkung zu den offenbar seltsamen Bekanntschaften des Besuchers erklärte ihm der Beamte, dass beide bis auf Weiteres nicht zu besuchen seien. Eine Begründung dafür bekam Raschid nicht, allerdings benötigte er die auch nicht, war doch diese Ablehnung Bestätigung genug für die Aussagen seines Informanten.
Auf die Frage, ob er einen Beamten namens Blaise Rabane sprechen könne, teilte man Raschid mit, dass er sich mit dieser Bitte an der Hauptpforte melden solle. Der Kollege glaubte sich aber zu erinnern, dass Rabane im Urlaub sei.
Samir El Afaf, alias Raschid bin Hamdan verließ das Gefängnis und eilte zurück in sein Hotel, wo er sich an den Concierge wandte, dessen Aufgabe einzig und allein darin bestand, den Hotelgästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen.
„Bitte besorgen sie mir die Telefonnummer und Adresse eines gewissen Blaise Rabane“, äußerte Raschid seinen Wunsch in Französisch mit englischem Akzent und schob dezent einen Fünfzig-Euro-Schein über den Rezeptionstresen. Trotz einiger Zweifel hoffte er darauf, dass es nicht mehrere Männer dieses Namens in Paris gab. „Ich warte in der Lobby. Vielleicht können sie mir bis dahin einen Tee mit Minze besorgen. Danke!“
„Sehr wohl, Monsieur!“, war die Antwort des Concierge. „Ich kümmere mich augenblicklich darum. Nehmen sie doch bitte so lange Platz.“
Raschid begab sich ins hintere Eck der Lobby und setzte sich hinter einen kleinen vergoldeten Tisch in einen der opulenten, roten Louis-XIV-Sessel. Kurz darauf kam auch schon ein Kellner aus der Bar und brachte ihm einen dampfenden, nach frischer Minze duftenden Tee. Es galt nun die neuen Informationen zu verarbeiten.
Der Neffe des Emirs atmete den Minzedampf ein und nippte an seiner Tasse. Die einzige Chance, die Raschid jetzt noch blieb, schien tatsächlich dieser offenbar bestechliche Gefängniswärter zu sein. Dies machte ihn einerseits zu einem unehrenhaften, andererseits aber vielleicht auch zu genau dem auskunftsbereiten Kriminellen, den er jetzt brauchte. Was aber, wenn er unauffindbar war, oder tatsächlich im Urlaub? Oder schlimmstenfalls auf der Flucht? Oder sogar gar nicht bestechlich und der Informant im Gefängnis hatte sich geirrt?
„Monsieur?“ Der Concierge riss Raschid aus seinen Gedanken, indem er an den Tisch trat und sich dezent räusperte. „Ich habe die Informationen, nach denen sie fragten. Leider gibt es drei Herren namens Blaise Rabane. Ich habe von allen die Daten notiert. Wenn sie telefonieren möchten, kann ich ihnen gerne ein Telefon an den Platz bringen.“
Raschid nahm den sorgfältig zusammengefalteten Zettel aus den Händen des Hotelbediensteten und sah sich die Notizen darauf an.
„Das wird nicht nötig sein“, quittierte er den Vorschlag des Concierge und steckte ihm einen weiteren Geldschein zu. „Vielen Dank, Monsieur! Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen?“
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