"Der verzärtelte Mann
(Den daheimgebliebenen Helden gewidmet)
Uns're Soldaten, im Felde sie fechten,
Ein jeder von ihnen so gut er es kann.
Sie ringen mit den Rebellen, den schlechten,
Doch was tust du, oh verzärtelter Mann?
Die Tapf'ren, sie leben in Zelten aus Leinen,
Ein jeder mit gutem Beispiel voran,
Derweil ihre Liebchen zuhaus um sie weinen,
Was hält dich noch hier, oh verzärtelter Mann?
Du trägst deines prächtigen Schnurrbartes Zierde
Gleich einem stolzen Armeeveteran,
Doch ist um deine Hüfte kein Säbel gegürtet;
Wo ist deine Uniform, verzärtelter Mann?
Gebt Kleider ihm, Hosen sind für ihn zu schade!
Schützt sein blasses Gesicht vor der Sonne sodann.
Mustert ihn ein in die Weiberrock-Garde!
Das rechte Regiment für den verzärtelten Mann!
Ein Trupp junger Mädchen sei seine Eskorte!
Bewaffnet mit je einem Stock aus Rattan;
Zu schützen vor jedem verächtlichen Worte
Der spottenden Knaben den verzärtelten Mann.
Sammelt euch um ihn herum, all ihr Schönen,
Pflückt aus euren Hauben die Federn, wohlan!
Flechtet zum Kranz sie, um damit zu krönen
Zum Fürsten der Feigheit den verzärtelten Mann.
Oh, sie sind wahre Helden, uns're Weiberrock-Garde!
Sie drillten bereits, als der Krieg erst begann.
'Präsentiert den Spazierstock! Rechtsum zur Promenade!'
Derart spielt er Krieg, der verzärtelte Mann!
Gilt das Land es zu retten? Vorneweg ist es wichtig
Sich selbst nur zu schützen, so lautet sein Plan.
Wo geschossen wird, stirbt man, ja das ist schon richtig,
Drum bleibt er zuhause, der verzärtelte Mann.
'Mein Leben soll jenen wohl ich anvertrauen,
Die einst so schmählich gefloh'n am Bull Run;
Auf die schützende Heimat will lieber ich bauen!'
So spricht und so tut er's, der verzärtelte Mann.
Er sieht sich vom Schlage der Malakoff-Stürmer,
Männer wie er fochten auf dem Redan.
Blutdürstige Quäker und sonstige Würmer,
Fürchtet den Zorn vom verzärtelten Mann!
Ihr Zofen und Ammen, steht ihm nicht im Wege!
Sauve qui peut! Rette sich, wer noch kann!
Kühn wie ein Tiger im Streichelgehege
Stolziert er einher, der verzärtelte Mann.
Der Flegel des Krieges, er wütet im Felde,
Drischt das Menschengetreide mit blut'gem Elan;
Die Spreu der Rebellen wird verweht sein in Bälde,
Doch was wird dann aus ihm, dem verzärtelten Mann?
Was wird er empfinden, wenn die Kämpfer heimkehren
Und mit wissenden Blicken starren sie ihn an?
Und was sagt er ob seines Liebchens Begehren
Ihn nie wieder zu sehen, den verzärtelten Mann?
Um ihn sei euch nicht bange, er riskiert nicht sein Leben;
Zu kurz ist bereits dessen kostbare Spann'!
Würden Frauen zum Schutze den Besenstiel heben,
Er ließe sie für sich kämpfen, der verzärtelte Mann.
Ein Hoch dem Beschützer von Witwen und Waisen!
Stoßt in die Tröte! Trommelt auf der Pfann'!
Du versteckst dich zuhause bei den Kindern und Greisen,
Dir gebührt die weiße Feder, verzärtelter Mann!"
Die verzärtelten Männer des Jahres 1861
Der 16. April war ein denkwürdiger Tag in der Geschichte des alten Neuenglandstaates. Das Wetter stand dem trostlosen Anlasse mit unablässigem Regen und Graupel in nichts nach. Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Tag. Beseelt von dem typischen Eifer und Enthusiasmus der Jugend, hatte ich meinen Vater um seine Zustimmung gebeten, mich zur Kompanie A des 4th Regiment melden zu dürfen, welche in meinem Heimatorte aufgestellt wurde. Der alte Herr wollte jedoch von meinem "Unsinn" nichts hören und da ich erzogen worden war, seinen Anordnungen Folge zu leisten, schloss ich mich der ersten Freiwilligenwelle noch nicht an, obgleich ich bereits das wehrfähige Alter von 18 Jahren erreicht hatte. Die Kompanie zog nicht mit voller Stärke ins Feld, tatsächlich konnten die meisten Einheiten ihre Ränge nicht vollständig füllen. Mehrere meiner Mitarbeiter waren der Kompanie beigetreten. Jene von uns, die ihrem Abmarsch an diesem stürmischen Vormittage von den Fenstern aus zusahen, erfüllte der Anblick mit allerlei düsteren Vorahnungen.
Die Truppen brachen also aus den kleinen Städtchen der küstennahen Counties von Massachusetts auf. Die meisten Kompanien der einberufenen Regimenter meldeten ihre Einsatzbereitschaft an jenem 16. April in Boston; zwei Kompanien aus Marblehead waren die ersten, die dort eintrafen. Eine dieser Kompanien wurde von Captain Knott V. Martin angeführt, welcher gerade damit beschäftigt gewesen war, ein Schwein zu schlachten, als der Adjutant (und spätere Major-General) E. W. Hincks geritten kam und ihn anwies, so bald als möglich auf dem Boston Common vorstellig zu werden. Der Captain zog sein Messer aus der Kehle des Schweins, stieß seinen Ruf aus, welcher in die Geschichtsbücher einging, warf das Messer zu Boden und eilte unverzüglich davon, um seinen Ordonnanz-Sergeant zu benachrichtigen, bevor er sich endlich wieder seiner Schlachtung zuwandte. Am folgenden Morgen waren er und seine Kompanie abmarschbereit. [Anm. d. Übers.: Laut der Legende rief Martin nach kurzem Zögern aus: "Ach, zum Teufel mit dem Schwein!" und stürzte sich mit ungeteiltem Eifer in seine militärischen Pflichten.]
Adjutant Hincks benachrichtigt Captain Knott V. Martin
Die zurückbleibenden Angehörigen konnten dem Abmarsche ihrer Lieben, die einem ungewissen Schicksale entgegenzogen und womöglich nicht mehr zurückkehren würden, nicht ruhig zusehen. So spielten sich an den verschiedenen Bahnsteigen zahlreiche anrührende Szenen ab, als die Männer die Züge nach Boston bestiegen. Als die Kompanien aus Marblehead die Stadt erreichten, brandete ihnen ein beispielloser Jubel entgegen und bei jeder neuen Abteilung von Soldaten, die auf den Straßen erschien, erschallten von den Gehsteigen entlang der gesamten Marschkolonne donnernde Hochrufe. In den ersten Monaten des Krieges ging es in Boston hoch her, denn nicht nur marschierte die Mehrzahl der Regimenter aus Massachusetts auf dem Wege an die Front durch die Straßen der Stadt, sondern auch jene aus Maine und New Hampshire. Ein auf dem Parkgelände rastendes Regiment oder eine zu den schmetternden Klängen einer Militärkapelle zu einem Bahnhofe marschierende Einheit war dort in jenen Tagen ein alltäglicher Anblick.
Captain Knott V. Martins Kompanie auf ihrem Weg zur Faneuil Hall in Boston
Ich hatte stets den Eindruck, dass diese "Dreimonatsmänner", also die ersten, für neunzig Tage einberufenen Milizionäre, nicht einmal die Hälfte jener Anerkennung erhalten haben, welche ihnen für ihre geleisteten Dienste zusteht. Die Tatsache, dass ihre Dienstzeit im Vergleich zu den später aufgestellten Einheiten so knapp bemessen war und dass sie an keinen nennenswerten Kampfhandlungen teilnahmen, erwies sich hierbei wohl als abträglich. Doch ließen diese Männer gänzlich unvermittelt ihr Alltagsleben zurück und eilten zur Verteidigung der Hauptstadt, ohne zu wissen, was das Schicksal für sie bereithalten mochte und mit ihrem glühenden Patriotismus als einziger Motivation. Dies erscheint mir nicht weniger achtenswert als das Opfer der später nachfolgenden Soldaten, als ihr Dienst unzweifelhaft notwendig war, die Not des Krieges bereits spürbar war und keine Illusionen bezüglich seiner blutigen Realität mehr bestanden. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass das zeitige Eintreffen dieser kurzzeitig dienenden Milizionäre nicht nur die Hauptstadt rettete, sondern auch den Rebellen zeigte, dass der Norden in der Lage war, binnen kürzester Zeit eine große und vergleichsweise gut ausgerüstete Streitmacht ins Feld zu führen und zudem willens war, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Darüber hinaus verschafften diese Soldaten der Regierung eine dringend benötigte Atempause, um mit der gebührenden Sorgfalt ihre Lage zu überdenken und einen Aktionsplan auszuarbeiten.
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