Der Glaube besagt, dass der Kosmos in zwei Ebenen unterteilt ist, also zwei Existenzen oder zwei Welten besitzt, wobei es einmal die Welt der Lebenden ist (die dann Nza Yayigenannt wird) und einmal die Welt der Toten (die dann Nsi a Bafwagenannt wird). Beide Existenzen, beide Welten werden durch einen Fluss, durch einen Strom, durch ein Gewässer getrennt, sodass es nicht ohne weiteres möglich ist, diese Welten kreuz und quer zu betreten. Dennoch ist es so, dass man in seiner Existenz diese Welten in einem ewigen Kreislauf immer wieder durchquert. Wenn man so will, dann kann man hier das Prinzip der Reinkarnation sehen, wobei es in diesem Fall kein Paradies und keine Erlösung gibt, sondern einfach eine Unendlichkeit der Existenz, sodass man mal im Diesseits existiert, und dann wieder im Jenseits. Wie auch in der Religion Candomblé so ist es in der Religion Palo selbstverständlich, dass man mit verschiedenen Geistern und Göttern arbeitet, die hier auch wieder als Nkisi / Nkishi (aber auch Minkisi oder Zinkisi) bezeichnet werden. So wird auch hier der Glaube angenommen, dass das Schöpfungsprinzip eine absolute omnipotente Macht darstellt, die kleineren Götter, die Geister, die Nkisi / Nkishi, jedoch alle ihre Spezialitäten haben/hatten, ihre speziellen Arbeitsgebiete, sodass man eben nicht jeden Nkisi / Nkishi mit allen erdenklichen Wünschen, Aufträgen, Arbeiten behelligen bzw. darum bitten kann. Hierdurch entstand eben eine komplexe Religion, die an einen Polytheismus erinnert. Wichtig ist, dass hier der Priester, der Heiler, der Schamane primär darum gebeten wird, eine Kontaktierung zu bewirken, sodass hier also eine weitere Instanz eingeflochten wurde, bzw. es wurde reflektiert, dass man, wenn man mit den verschiedenen Geistern, Gottheiten, Energien und Ahnen arbeiten will, einen entsprechenden energetischen und geistigen Stand besitzen muss, sodass man eben auch wirklich eine Brücke über den „Strom der Existenz“ bauen kann, um beide Ebenen miteinander zu verknüpfen. Die eigentlichen magischen Arbeiten sind jedoch wieder sehr ähnlich, sodass man auch hier immer wieder Heilungsrituale findet, Glücksrituale, Liebesrituale und andere rituelle Ideen, die das profane Leben der Gläubigen vereinfachen sollen. Gerade der energetische Schutz, sodass man eben nicht verflucht wird, dass man kein gepachtetes Pech erhält, ist in diesem Kontext sehr wichtig. Da die Invokation auch immer sehr wichtig ist, werden in diesem Kontext natürlich auch manchmal die Nkisi / Nkishi direkt eingeladen, um die jeweiligen Wünsche zu erfüllen. Hierbei spalten sich aber manchmal die religiösen Meinungen, denn es wird davon ausgegangen, dass die Nkisi / Nkishi nicht nur materielle Opfergaben verlangen, wie zum Beispiel Tabak, Alkohol, Speisen, Getränke oder Blumen, sondern auch energetische Opfer, sodass manchmal davon gesprochen wird, dass Seelenessenzen den Menschen entnommen werden, um die Nkisi / Nkishi zufriedenzustellen.
Hierbei muss man aber auch wieder reflektieren, dass die Nkisi / Nkishi auch als Bezeichnung für Fetische, religiöse Hüllen oder andere magische Gegenstände verwendet werden, sodass hier auch eine Unterscheidung getroffen wird, dass die eigentlichen Geister, die Entitäten der anderen Ebene, die Bezeichnung Kimpungulu(Plural; „ Mpungu“ als Singular), da diese eben die heiligen Gegenstände, die Gefäße, die Fetische, die Nkisi / Nkishi bewohnen, und als Portale in das Diesseits nutzen. Die Priester, die Schamanen, die Nganga haben in diesem Kontext natürlich auch wieder ihre sehr speziellen und individuellen Nkisi / Nkishi, sodass auch hier der Glaube existiert, dass die Kimpungulu auch sehr spezielle Nkisi / Nkishi bewohnen, sodass man sagen kann, dass jeder Nganga mit einem signifikanten Mpungu arbeitet, sodass man hier eine echte Arbeitsbeziehung, eine echte Gemeinschaft erkennen kann. Manchmal wird aber auch davon ausgegangen, dass die heiligen Objekte, die Fetische, die Nkisi / Nkishi nicht von den Kimpungulu bewohnt werden, sondern von den Essenzen der Verstorbenen, also von den Geistern der Menschen, wobei es hier in diesem Kontext nicht direkt die Ahnen sind, sondern eher „fremde Geister“. Diese werden als Nfumbebezeichnet, sodass man auch hier wieder eine enge Zusammenarbeit bewirken kann, wenn der Schamane, der Nganga dies wünscht und forciert. Die wichtigsten Sachen sind in diesem Kontext natürlich die Invokation, wobei neben der Invokation auch immer die Trance und die Ekstase zu nennen sind. Trance und Ekstase werden auch hier wieder durch wilde Trommelrhythmen und durch Tänze erreicht, wobei auch spezielle Begleitungen und sehr grelle Farben verwendet werden, um der Religion einen besonderen Ausdruck zu verleihen. Doch es werden nicht nur die Trommeln geschlagen, nein es werden auch andere, Instrumente gespielt, wobei hier Hölzer aufeinandergeschlagen werden, um einen besonderen Ton zu erlangen, genauso wie Metalle aufeinandergeschlagen werden (hier werden dann aber auch wirklich alltägliche Gegenstände wie zum Beispiel Sparten, Hacken oder Ähnliches verwendet) um einen besonderen Rhythmus und Klang zu erzeugen. Selbst Kuhglocken werden verwendet, um in den Ritualen besondere Töne zu erzeugen.
Wie bei allen Glaubenssystemen der afro-brasilianisch-karibisch-amerikanischen Religionen gibt es hier natürlich sehr deutlich einen Synkretismus mit dem Katholizismus. So gibt es hier natürlich sehr wilde Vermischung, und die katholische Kirche, bzw. der katholische Glaube, findet es nicht amüsant, wenn die entsprechenden Rituale – die dann natürlich als heidnische Rituale tituliert sind – zelebriert werden. Da es auch immer wieder um divinatorische Arbeiten geht, sodass man in seine Zukunft schauen kann, wird auch dies auf das Schärfste kritisiert.
Die divinatorischen Arbeiten sind so konzipiert, dass man entweder in eine Wasserschüssel schaut, um dort die Zukunft zu sehen (also das klassische Scrying, oder eben auch die klassische Spiegelschau), doch manchmal werden auch Kuhhörner bzw. Hörner von anderen Nutztieren auf das Genaueste betrachtet, wobei diese manchmal auch im Spiegel betrachtet werden, um hier entsprechende Merkmale zu finden, die dann gedeutet werden. Da in der Religion Palo die gleichen Götter verwendet werden, wie in der Religion Candomblé will ich hier natürlich nicht eine erneute Aufzählung abdrucken, doch es sei der Hinweis gegeben, dass man sich im Kapitel „Candomblé“ die entsprechenden Informationen holen kann.
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Die nächste Religion, die ich hier behandeln will, trägt den Namen „Rastafari“ und ist im Grunde erst in den 1930er Jahren entstanden, wobei man hier primär Jamaika nennen muss. Mittlerweile ist die Religion weltweit verbreitet, wobei man auch hier ganz klar sagen muss, dass sie aus dem Christentum entsprungen ist, viele Bezüge zur Bibel hat, gleichzeitig aber auch eine Maxime an den Tag legt, sodass man hier sagen kann: „Lebe dein Leben und handle so, wie du behandelt werden willst!“
Manchmal scheiden sich die Geister, ob man hier wirklich eine klassische Religion betiteln kann, oder ob es auch wieder mehr ein Kult bzw. eine Heilsbewegung ist, da hier der zentrale Glaube bzw. die zentrale Prämisse sich einmal auf das Wiederkehren des Messias bezieht, welcher jedoch am 23. Juli 1892 bereits geboren wurde, und den Namen Haile Selassies trug, hierbei ein Monarch war, er war der letzte Kaiser von Abessinien, einem ostafrikanischen Staat, wobei sein Herrschertitel „König der Könige“ war, was in der altäthiopischen Sprache „Neguse Negest“ bzw. „Negusa Nagast“ lautet. Doch der Messias ist am 27. August 1975 in Äthiopien gestorben. Wie gesagt, die Religion Rastafari wurde in den 1930ger Jahren gegründet, und als Haile Selassies am 21. April 1966 auf Staatsbesuch in Jamaika war, wurde er von den Anhängern bzw. von den Gläubigen der Rastafari- Religion als Messias erkannt. Ende der Diskussion! Er wurde als Messias erkannt, und hierdurch erhielt die Religion Rastafari einen primären Ausdruck, der sich eben auf einen lebendigen Gott bezieht, der auf Erden wandelt, die westliche Politik bzw. den Kapitalismus ablehnt und hierdurch eben auf Jamaika Anhänger fand.
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