R.J. Simon
Schaaf ermittelt
Der Fall Côte d' Azur
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Inhaltsverzeichnis
Titel R.J. Simon Schaaf ermittelt Der Fall Côte d' Azur Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
"Ich grüße sie Herr Schaaf", empfing ihn sein Chef Herr von Bredow. Dabei strahlte er ihn an, als ob es das Schönste auf der Welt für ihn wäre, Schaaf zu sehen. So viel Freundlichkeit ihm gegenüber, die nicht einmal gespielt war, kannte Schaaf von seinem Chef nicht. Von Bredow drückte seine Hand, hielt sie fest und dirigierte Schaaf einladend in sein Büro. Diese Begrüßung war mehr als ungewöhnlich für von Bredow. Wenn sie zusammentrafen bedeutete das bisher immer eine geladene und ungute Stimmung.
Kriminalhauptkommissar Schaaf wurde sofort stutzig und ahnte Schlimmes. So freundlich hatte ihn der Dezernatsleiter, soweit Schäfchen sich erinnern konnte, noch niemals begrüßt. Normalerweise rief er ihn nur zu sich, um ihm zu sagen, dass er mit den Fortschritten bei den Ermittlungen unzufrieden war, oder wollte ihm seine Meinung aufdrängen, wie seiner Auffassung nach der jeweils aktuelle Fall gelöst werden müsse. Obwohl Schaaf sein bester Kommissar mit einer hervorragenden Aufklärungsquote war.
"Möchten sie sich setzen?"
Einen Sitzplatz hatte von Bredow seinem besten Mann bis dato auch noch niemals angeboten. Was er ihm bisher zu sagen hatte, dauerte selten so lange, dass es gelohnt hätte, sich für den Anpfiff zu setzen.
Das Problem der beiden bestand darin, dass sie zwei komplett gegensätzliche Charaktere waren. Schaaf war der Praktiker und Gefühlsmensch mit Erfahrung. Er äußerte seine Meinung, auch gerne ungefragt, und wich niemals von einer Überzeugung ab. Ihm war es egal, was irgendwer von ihm dachte. Um Täter zu überführen tat er alles was nötig war. Dabei ging er auch notfalls mit dem Kopf durch die Wand aus eingestaubtem Behördenstumpfsinn und Barrikaden von Ignoranz.
Von Bredow war der Theoretiker. Er orientierte sich an Zahlen, Tabellen und Statistiken. An allem, was sich kalkulieren ließ. Alles, was er nicht berechnen konnte, verstand er nicht, oder konnte es in seinen Augen nicht geben. Dafür war er der Diplomat, der es mit der Presse und den Medien hatte. Auf dem Gebiet war er unschlagbar und die Kameras liebten ihn.
Als Ermittler musste und konnte sich Kriminalhauptkommissar Schaaf sehr häufig auf sein Gespür verlassen. Und wie sollte er "Gespür" seinem Chef, der fleischgewordenen Rechenmaschine, erklären? Diese Unternehmen waren stets im Voraus zum Scheitern verurteilt und von Bredow erkannte die Genialität von Schaaf immer erst, wenn der Fall durch ihn gelöst war. Von Bredow war ein Showmaster und seine Bühne bildeten die Pressekonferenzen, bei denen er sich mit Vorliebe in den Fahndungserfolgen seiner Männer, und besonders in denen von Kriminalhauptkommissar Schaaf, badete. Meist jedoch ohne wirklich zu verstehen, wie Schaaf das machte, weil eben Bauchgefühl etwas Fremdes für ihn war. Von Bredow stufte Schaafs Erfolg gerne als gewöhnliches Glück ein, was es aber kaum war.
Kriminalhauptkommissar Schaaf nahm auf einem der weichen Ledersessel Platz, den ihm der Blick seines Chefs zuwies. Von Bredow setzte sich ihm gegenüber und bot ihm einen Kaffee an. Einen Kaffee! Von Bredow wollte ihm etwas Gutes tun? Das war schon beinahe unheimlich. Von Bredow saß fernsehstudiotauglich vor ihm, wie der Starmoderator einer politischen Talkrunde. Schaaf war gespannt, was diese Aktion zu bedeuten hatte. ´Um eine Gehaltserhöhung wird es nicht gerade gehen` dachte er süffisant.
"Ja, einen Kaffee würde ich gerne nehmen." Schaaf nahm das Angebot hauptsächlich an, um zu prüfen, wie ernst sein Chef das Angebot meinte und ob er ihm diesen weiterhin freundlich überreichte; ihn bedienen würde. Sein Chef ihm diesen servieren musste. Das kam einer Ehrung gleich, die Schaaf niemals glaubte erfahren zu dürfen.
"Sofort", ereiferte sich von Bredow. Schaaf bekam ein wenig Angst. Der musste krank sein, oder schnappte über. ´Ob ich ihn um eine neue Einrichtung meines Büros bitten sollte?` durchfuhr es Schaaf. Er war gut gelaunt und genoss diese absonderliche Situation. Seine Spannung stieg weiter an. Was steckte hinter dem ganz befremdlichen Verhalten seines Chefs? Das war alles andere als normal!
Hatte der Dezernatsleiter vielleicht auf Umwege erfahren, dass eigentlich Schaaf und nicht er auf diesem Posten sitzen sollte? Von Bredow war nur zweite Wahl bei der Besetzung gewesen, nachdem Schaaf das Amt ablehnte. Er wäre mit diesem Job todunglücklich geworden. Schaaf war für einen reinen Bürojob nicht geschaffen. Sich gegenüber der Öffentlichkeit politisch korrekt zu verhalten wäre das nächste Problem geworden.
Von Bredow saß, nachdem er Schäfchen den Kaffee gereicht hatte, ihm gegenüber und durch seine Haltung sowie sein Gesichtsausdruck erkannte Schaaf: 'Der will mir eine freudige Mitteilung machen.' Wobei Kriminalhauptkommissar Schaaf gleich zweifelte, ob das, was für seinen Chef erfreulich ist, auch für ihn wünschenswert sein könnte. Aus den Erkenntnissen ihrer bisherigen Zusammenarbeit musste Schaaf das ausschließen.
"Schaaf, ich habe eine unglaublich tolle Neuigkeit für sie", begann von Bredow und strahlte ihn offen an. Wie immer war er perfekt rasiert und frisiert. Sein Anzug saß, wie auf seinen schlanken Leib geschneidert und seine Gestik war, als wenn irgendwo eine Kamera lief, die auf ihn gerichtet war und er sich wieder einmal in Szene setzen wollte.
'Jetzt kommt´s'.
"Sie sprechen doch auch französisch?"
"Naja so halbwegs. Ich hatte das als zweite Fremdsprache."
"Wäre es nicht schön, wenn sie ihre Französischkenntnisse direkt vor Ort auffrischen könnten?"
Gab es etwa ein neues Motivationsprojekt, um erfolgreiche Beamte für gute Arbeit zu belohnen, das Schaaf noch nicht kannte? Begriff von Bredow endlich, dass Schaaf ein hervorragender Ermittler war, gestand sich das ein und wollte das damit honorieren? Bot ihm sein Chef hier tatsächlich einen Urlaub in Frankreich an?
"Ich verstehe nicht ganz", gestand Schaaf.
"Das ist ja öfter unser Problem", lachte von Bredow ungewohnt persönlich und offen.
`Der hat was genommen!` Kriminalhauptkommissar Schaaf war völlig überrascht. Natürlich erkannte sein Chef ihre Missverständnisse nur aus seiner Sicht an. Dass er seinen Hauptkommissar ebenso nie verstand, fiel dem gar nicht ein.
"Sie können für 14 Tage nach Frankreich und dort mit den Kollegen arbeiten. Ist das nicht wundervoll? Was sagen sie?"
´Das ist also seine Freude` überlegte Schaaf sich scherzhaft. `Der sieht die Chance 14 Tage seine Ruhe vor mir zu haben`.
"Ich soll in Frankreich arbeiten? Als Kommissar?"
"Ja! Das ist doch phantastisch! Sie lernen die Arbeitsweise dort kennen. Sehen wie die Verbrechensbekämpfung in Frankreich passiert und das trägt der deutsch-französischen Freundschaft bei." Von Bredow brannte für diese Idee heller als sein blütenweißes Hemd. Seine Begeisterung dafür leuchtete aus seinen Augen, spiegelte sein Gesicht und seine Körperhaltung wider. Er wirkte wie aufgepuscht. Dann saß er in der Erwartung vor Schaaf, dass dieser sich ebenso über diese Nachricht freute, wie er selbst.
"Wie soll das gehen? Rechtlich meine ich", fragte Kriminalhauptkommissar Schaaf unbeeindruckt, und damit ganz anders als sein Chef sich das erwünschte, zurück.
"Das ist ein europäisches Projekt. Es soll einen Austausch von Beamten innerhalb der europäischen Staaten geben. Um von einander zu lernen und die Probleme der anderen Länder kennenzulernen. Natürlich haben sie in Frankreich nicht die Rechte als Beamter wie hier in Deutschland, aber der Kommissar mit dem sie dann zusammenarbeiten hat alle Kompetenzen."
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