Denn: Du musst Dich erst so richtig, richtig scheiße fühlen, bevor Du erleuchtet wirst. Daher ist es das Wichtigste, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Wie dem auch sei:
Mein Schaffensdrang, die Welt zu retten und meine Kreativität für neue Worstseller erlahmte. Verzweifelt und fertig mit der Welt, mit der selbstgestellten Diagnose „Burnout“ zog ich mich irgendwann an den einzigen Ort der Weltzurück, an dem mein Handynetz gefühlt keine Verbindung hatte:
Meinen Badesee.
Ich werde jetzt nichts von den geographischen Vorzügen meines Sees erzählen, sondern einfach von dem Ereignis berichten, welches letzten Endes mein Leben ruinierte:
Nachdem ich das erwähnte Handy ordnungsgemäß in die Recyclingtonne entsorgt hatte, lag ich in der Sonne, passte meinen Teint dem eines Steinkohlenbriketts an und versuchte mich zu entspannen. Ich überlegte, was mir noch für Möglichkeiten blieben, die Welt im Rahmen meiner ebensolchen doch noch zu retten und zum rechten Glauben zu bekehren (also, zu meinem Glauben), kam bei meinen Überlegungen auf exakt „Null“ - und plötzlich geschah es:
Irgendwer oder irgendwas aus dem Kosmos zwinkerte mir zu!
Ich identifizierte nach einigen Sekunden Unsicherheit dieses „Irgendetwas“ einmal willkürlich als „Gott“ (Du kannst es auch kosmisches Bewusstsein oder so was nennen) und stellte nach einer knappen halben Minute fest, dass alle Religionen sich geirrt hatten, Gott weiblich war und gerade anfing, heftig mit mir zu flirten!
Das hatte einen profunden Effekt: Ich fühlte mich wieder wie ein Kind. Auf einem riesengroßen Spielplatz, an dem man sich nirgendwo weh tun konnte. Ich plantschte beschwingt im Badesee, ich fuhr mit dem Rad und sang irgendwelche komischen Lieder aus meiner Jugend, schaute mir fasziniert Blümchen und Schmetterlinge an, wurde dabei kein einziges Mal von irgendeinem Insekt gestochen und grinste und kicherte dümmlich in mich hinein. Meine Frau bemerkte als erstes meinen neuen Zustand:
„Was ist denn mit Dir los? Was grinst Du so dümmlich und latschst so entspannt durch die Gegend?“
„Alles in Ordnung!“
„Hä?! Das hast Du noch nie gesagt!“
Tja, und so stellten sich Veränderungen in meinem Leben ein, die mich mit der Zeit dahin führten:
Statt die Welt zu retten zu versuchen, gucke ich sie nur noch an. Und grinse dabei dümmlich in mich hinein.
Meine Frau liebt mich und das immer noch, obwohl es fast keinen größeren Schussel gibt als mich. Ehrlich!
Ich schreibe keine Worstseller mehr. Das hat sowieso keinen Zweck, da ich damit keinerlei Leserschaft erreiche. Ich schreibe stattdessen lieber Bücher, wieso Erleuchtung doof ist und wie man sie vermeidet
Ich schaue entspannt in die Gegend und denke…oh, Shit! Jetzt habe ich vergessen, was ich denke, wenn ich so entspannt in die Gegend schaue. Naja, war nicht so wichtig!
Ich mache was mir Spaß macht, z.B. ausgiebige Probefahrten.
Ich freue mich auch, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch (nach Karl Valentin – der war übrigens auch erleuchtet. Ich habe Gott gefragt) und überhaupt:
Wenn ich Gott etwas frage, antwortet sie mir. Sofort! Im Prinzip wie bei Don Camillo. Nur, dass Gott bei mir eine schöne Stimme hat. Und auch mal flirtet, wenn sie Lust hat.
Meine Frau ist nicht mal eifersüchtig auf Gott! „Das kann man nicht vergleichen“, sagt sie.
Ich gehe auf keinerlei Esoterik-Seminare. Ich gebe auch keinerlei Esoterik-Seminare. Und das ganz freiwillig…
Ich habe meine Arbeitszeit auf sinnvolle 40 Wochenminuten reduziert
Ich gehe nicht mal mehr zur Beichte! Wozu auch? Wer sich die Welt einfach nur anschaut, dabei immerzu dümmlich in sich hinein grinsend, sündigt schließlich nicht. (Du ahnst es vielleicht schon: nicht zu sündigen, ist auch doof!)
Keine Aufgaben. Keine Ziele. Keine Ideale. Keine Ideologie. Kein Platz im Leben mehr, wo ich hingehöre (das Abstellgleis, siehe oben.) Alles weg! Irgendwie öde, oder? Ich las mir Seiten von irgendwelchen Gurus durch und über Erleuchtete, aber nur am Anfang, weil ich feststellte, dass die alle furchtbar langweilig waren. Licht und Liebe. Liebe und Licht. Äh…Ja, nee…is‘ klar! Und wenn wir fertig sind mit Licht und Liebe, wenden wir uns dem Geldzählen zu?
GÄÄHN!!!
Ich bin nicht mehr ich selbst, seit ich erleuchtet bin. Und wenn Du weißt, was gut für Dich ist, dann lies dir dieses Buch sehr genau durch, damit Du nicht so elendig endest wie ich: den ganzen Tag dümmlich in Dich hinein grinsend die Welt einfach nur anschauend.
Erleuchtete leiden zwar nicht – Familie und Freunde aber schon!
Ich bin mir sicher, Du liebst Deine Familie. Und Du magst Deine Freunde. Das ist schon mal ein triftiger Grund zur Erleuchtungsvermeidung.
Bei mir ist das nicht ganz so dramatisch: meine Familie besteht aus meiner Frau – und die nimmt es gelassen. Freunde habe ich keine, also von daher…? Aber was ist mit Dir ? Weißt Du, es ist irgendwie schon ziemlich doof, wenn Du so vollkommen leidfrei durchs Leben schlingerst, während Deine Familie, Deine Verwandten und Deine Freunde sich Sorgen machen und womöglich Angst um Dich bzw. ihre finanzielle Zukunft haben.
Und besonders die letzte Angst ist berechtigt. Denn: als Erleuchteter bist Du völlig unberechenbar. So könnte es beispielsweise sein, dass Du völlig ohne Vorwarnung Deinen bombensicheren, mit einem vernünftigen Gehalt dotierten Job kündigst. Du tust das ja nicht, es geschieht aus Dir. Aber wenn Deine Familie vor dem finanziellen Ruin steht, ist das eine dämliche Ausrede. Ich weiß es, ich kenne dieses Gesülze. Und da ich meinen mit einem nicht vernünftigen Gehalt dotierten Job zwar vor der Erleuchtung, aber damals aus blanker Doofheit aufgegeben habe, weiß ich, wovon ich rede bzw. wie es sich anfühlt. Zumindest der Geld-Part.
Krankheiten sind auch ein Thema, mit dem man sich besser nicht einem Erleuchteten anvertraut!
Jeder, aber wirklich jeder labert spätestens ab seinem 40. Lebensjahr über seine komischen Zipperlein. Dann, ab 50, über die chronisch gewordenen Sachen. Wenn man in trauter Runde darüber spricht, erntet man sorgenvolles Stirnrunzeln allerorten (vorausgesetzt natürlich, Du hast im Gegensatz zu mir Freunde …). Wenn man dann so anfängt á la „der Professor sowieso hat gesagt, ich wäre ein ganz besonders seltener / komplizierter / schwerer Fall!“ (Unzutreffendes bitte streichen), hat man sofort alle auf seiner Seite.
Nur den Erleuchteten nicht. Ich greife mal kurz vor, auf das Kapitel „so findest Du schlechte Beispiele im Hier und Jetzt“ – dort unterscheide ich zwischen Erleuchteten und Pseudo-Erleuchteten. Wenn Du einem von denen mit Deinen Beschwerden kommst, mach Dich auf was gefasst!
Der Pseudo-Erleuchteteist schon schlecht. Da kommen dann so Sprüche wie: „Ich empfehle Dir, die ausgetretenen Pfade der Schulmedizin zu verlassen und es mal mit Naturheilkunde zu versuchen!“ oder: „Liebe heilt alles! Liebe Dich selbst, und die Krankheit wird gehen!“
Der richtig Erleuchtetemacht es noch schlechter, denn er ist neben erleuchtet auch noch vollkommen taktlos. Da kannst Du dann so etwas erwarten: „verdrängte Konfliktthemen aus dem Unterbewusstsein triggern Spannung zwischen diesem und Deinem Verstand. Dadurch entsteht Stress, der Dein Immunsystem unterdrückt. Mit der Zeit führt das zu einer chronischen Krankheit. Die Nieren z.B. stehen für Partnerschaftskonflikte. Liebst Du Deinen Partner wirklich ?“ Das sagt er zudem vollkommen emotionsfrei, was Dich noch mehr triggert, denn schließlich sind es Deine Schmerzen und nicht seine.
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