»Unterschrift ist Unterschrift…«
Dann ging es auch schon los. Großräumig ein Pflaster um den Stichkanal geklebt, mit einem, in die hellblaue Brühe getränkten, Tupfer desinfiziert und die lange, sterile Nadel ins Rückenmark eingeführt.
»Knack…, knack…, ratz…«
Zuerst verspürte ich einen kleinen Piks, der sich kurz danach in einen auszuhaltenden Druck verwandelte. Knapp zwei Minuten später fühlte ich, wie die starken Schmerzen der letzten Stunden endlich, gemächlich aber sicher, nachzulassen begannen. Bisher fühlte es sich an, als würde man mir mit der Faust die Gedärme aus dem Unterleib herausquetschen wollen, Organ für Organ, angefangen mit einem bedeutenden Teil des Dünndarms…
»Wohl von Ihrer Frau das noble Teil?«, fragte ich sichtlich erleichtert. »Was, wer?«, starrte Dr. Tuber in den Schreiber des Langzeit-EKGs, der den körperlichen Zustand des Ungeborenen offenbarte. »Na, der edle Kugelschreiber«, gab ich, schon völlig benommen, von mir. Dann entfernten sich die Stimmen der Personen im Raum reihum. Dumpf hörte ich Hebamme Heidi noch sagen: »Ich denke die PDA war die Lösung…«
Wenige Minuten und einige Presser später, die mir mit einem Mal wie ein einfacher Toilettengang vorkamen, hielt ich Lee fest in meinen Armen und war den Tränen geweiht. Dass das weiße T-Shirt mit Toten-kopf-Aufdruck, welches ich am besagten Tag trug, völlig blutverschmiert war und der Vater des frischgebackenen Mädchens beinahe die eigentliche Geburt verpasst hätte, da er nach der ganzen Anfangstortur, einsam und verlassen, im Aufenthaltsraum seinen leeren Magen stärkte, interessierte gerade niemanden mehr. Sims schob mich überglücklich, zusammen mit unserer Tochter, aufs Zimmer. Laufen konnte ich nicht, da meine Beine, von der Narkose, vom Becken ab taub waren. Heidi legte mir, für den Fall der Fälle, und solange ich kein Gefühl verspürte, einen Katheter. »Wirklich richtig ekelhaft, dieses Schlauchbeutelzeugs. So muss sich also ein Mann ohne Unterhose fühlen«, wurde mir in diesem Moment bewusst. Wirklich lästig, wenn ständig etwas unkontrolliert zwischen den Beinen hin und her schlenkert…
Die erste Nacht ohne dicke Plauze!«, schlief ich, ohnehin ein Bauchschläfer, sofort erschöpft ein. Dass die nächtliche Ruhe aber von kurzer Dauer blieb, sollte sich schon nach rund einer Stunde, in der es gerade gemächlich in die Tiefschlafphase überging, herausstellen. Die pfiffige Nachtschwester, Inge Forz, riss mit einem Ruck die Tür des Vierbettzimmers, Station 4, auf, drückte auf den Lichtschalter, der das grelle Neonlicht gleich durch den gesamten Raum erstrahlen ließ und fuhr eine weitere Dame herein, Dany. »Bitte betätigen Sie sofort die Nachtglocke wenn Sie Auffälligkeiten bemerken, die Dame hatte eine sehr schwere Geburt!«, hörte ich, im Halbschlaf, Inge von sich geben. Prompt fing das Baby der anderen Bettnachbarin an zu schreien. Es wurde durch das grelle Licht geweckt. Dany schien narkotisiert zu sein. Sie jedenfalls schlief tief und fest. Mit meinem nächtlichen Schlaf war es vorerst vorbei. Es dauerte nicht lange und Schwester Inge trat erneut durch die Türschwelle. Diesmal brachte sie Lee, die hungrig war. Ich wusste es nicht auf Anhieb mit dem Stillen anzustellen und bat höflich um Hilfe. Ein mürrischer, strenger Blick, ein tiefes, genervtes Räuspern, zu war die Tür. Jede weitere Erklärung offensichtlich unnötig. Sie drückte mir nach 15-minütiger Wartezeit, in der Lee wie eine hungrige Hyäne brüllte, eine Flasche erwärmte Fertigmilch in die Hand. »Oh, nicht gerade die feine englische Art, dafür die einfachste Lösung!«, wusste ich ohne Zweifel. Die ersten beiden Nächte, nicht mehr als zwei Stunden Schlaf am Stück gegönnt, reflektierten den blanken Horror. Jedes Mal, wenn ich gerade in meine tiefsten Träume sank, in Richtung Schlummerland reiste, und das fiel mir wegen der ungemütlichen, starren Matratzen alles andere als leicht, wurde ich aus irgendeinem Grund wieder geweckt. Die dritte Nacht verlief nicht wesentlich besser und so war ich heilfroh, als ich das Krankenhaus, gemeinsam mit Lee nach vier Tagen verlassen durfte. Heidi betreute uns weiterhin zweimal die Woche mit guten Tipps per Hausbesuch…
Lee war ein braves Baby, das viel schlief und wenig schrie. Das erleichterte mir die Umstellung in der Anfangszeit erheblich. Das erste halbe Jahr verging mit einem Fingerschnipsen und sie wuchs zu einem hübschen, blonden Mädchen mit großen, blauen Knopfaugen heran. Jedem, der sie im Kinderwagen sitzen sah, zauberte es ein Lächeln über die Lippen. Und als die Zeit des Stillens nach über fünf Monaten endlich endete, wohlbemerkt funktionierte es sowieso nie richtig, verspürte ich eines lauen Sommerabends den Drang nach sofortiger Unternehmung. Mit meinen beiden besten Freundinnen, Ela und Sabina, war ich seit über einem Jahr nicht mehr shoppen, Kaffee trinken oder feiern gewesen…
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