Das Schiffshorn tönte dreimal.
Dann fuhr die Rugard zügig nach Warnemünde zurück.
Sie schwankte wie die anderen auch zu ihrem Platz zurück.
Die Witwe ließ sich erschöpft auf den Stuhl fallen. Der Wind hatte ihre Frisur zerzaust, ihre roten Augen starrten in ein Nichts. Niemand sprach.
Die Mutter der Witwe hielt das Mädchen im Arm, und der Vater der Witwe den Jungen. Die Kinder haben den Vater in einem Alter verloren, in dem auch Hannes und Jost ihn verloren hatten.
Das Schweigen dauerte. Dann hörte sie leise Stimmen, die lauter wurden, vorwiegend in bayrischem Dialekt.
Jemand lachte.
Blaue Wolken drängten sich vor die Sonne. Dunkelblaue Wolken! »Die dunkelblauen Wolken, die tun dir nichts«, hatte ihr Großvater, der alte Fischer, gesagt als sie noch ein Kind gewesen war. »Aber bei grauen Wolken sieh zu, dass du ein Dach über dem Kopf hast!«
Nachdem die Rugard am Neuen Strom festgemacht hatte, legte ein Matrose die Gangway aus.
Sie ging als Erste von Bord. Der Kapitän half ihr dabei und verabschiedete sie. Sie wusste nicht, ob sie noch warten oder gehen sollte. Worauf denn sollte sie warten?
»So eine Seebestattung ist ja ergreifend. War Gregor denn irgendwie mit der See verbunden gewesen?«, fragte ein Mann.
»Aber ja doch! Gregor hat mir oft von seiner Zeit als Kampfschwimmer bei der Nationalen Volksarmee erzählt und wie ihm bei einem Einsatz die Nase gebrochen worden war«, sagte die Witwe.
Ihr war, als würde eine Krähe das Herz aus ihrer Brust rupfen.
»Er war doch Kampfschwimmer bei der NVA?« Die Witwe und die anderen sahen sie erwartungsvoll an.
Sie schwieg.
Da war er also, dieser Moment, auf den sie immer gewartet hatte. Der Moment, um für alle Kränkungen entschädigt zu werden. In ihrer Vorstellung war dieser Moment immer größer gewesen.
»Aber er war doch Kampfschwimmer bei der NVA!« Die Stimme der Witwe überschlug sich.
»Ja«, sagte sie leise. »Er war Kampfschwimmer bei der NVA.« Dann drehte sie sich um und ging eilig zum Bahnhofstunnel.
Der Himmel war schon schiefergrau. Ob sie es noch schaffen würde, trocken bis zum Auto zu kommen?
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