Jürgen Ruszkowski
Seemannsschicksale 1 – Begegnungen im Seemannsheim
Lebensläufe und Erlebnisberichte von Fahrensleuten aus
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jürgen Ruszkowski Seemannsschicksale 1 – Begegnungen im Seemannsheim Lebensläufe und Erlebnisberichte von Fahrensleuten aus Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort
Niedergang der deutschen Seemannschaft
Marc braucht immer heiße Action
Das Nordlicht im Maschinenraum
Matrose Fiete aus Bremerhaven
Seemann mit Leib und Leben
An Bord geboren, an Bord geblieben
Aus alter Fischdampfer-Matrosen-Zeit
Kabinensteward auf Passagier- und Frachtschiffen
Otto, der Lebenskünstler
Über die Fremdenlegion zum Schiffskoch
Jumbo, ein seemännisches Schwergewicht
Von der Loreley an den Maschinenleitstand
Sehnsucht nach Geborgenheit
Mindestens zweimal rund um den Erdball
Vom Marine-Funker zum Seemannsdiakon
Weltweit unterwegs als Reedereiinspektor
Ein Kapitän mit alter Darß-Tradition
Die Abenteuer eines Kapitäns
Über das Trockendock in freies Fahrwasser
Hoffnungsvoller Neuanfang nach tiefem Absturz
Der tauchende Steuermann
Vorurteilsfreie Begegnung mit Menschen in aller Welt
Der Bootsmann aus Tuvalu / Südsee
Der Motormann aus Guayaquil
Ein Maschinenwart aus Indien
Der Decksmann aus Westafrika
Decksmann-Koch aus Indien
Der Weltenbummler aus dem Inka-Reich
In Costa Rica geankert
Der Schiffsmechaniker aus Chile
Der kleine Mann vom Bosporus
Als philippinischer Koch auf deutschen Schiffen
Der Aufklarer aus Indonesien
Vom U-Boot auf die Luxusyacht
Der Schiffsmechaniker aus der Türkei
Viel zu früher Tod in Brasilien
Der EDV-Funker aus Nürnberg
Von der Volksmarine zur Handelsschifffahrt
De Jung vun Fischmarkt
Blutend wankte er zur Wache
Blickrichtung Mekka
Letzter Ankerplatz: Seemannsfriedhof
Geisteskranker lief Amok
Eine lange Nacht auf dem Dachsims
Ein Stück Heimat in der großen fremden Stadt
Seeleute aus der Sicht eines prominenten Passagiers
Seeleute vor 100 Jahren
Psalm 107
Weitere Informationen:
Maritime gelbe Buchreihe „Zeitzeugen des Alltags“
Impressum neobooks
des Herausgebers
Seit Jahrtausenden fahren Menschen mit Schiffen über die Meere: Phönizier machten schon vor über 3.000 Jahren vom heutigen Libanon aus weite Reisen bis in den Atlantik hinein, Griechen und Römer ruderten mit Galeerensklaven über das Mittelmeer, die Wikinger brachen von Norden aus zu neuen Ufern auf, die Ägypter drangen früh bis zum Fernen Osten vor, später arabische Dhaus. Hansekaufleute schufen durch Handel und Seefahrt auf Koggen Reichtum in den Städten Mittel- und Nordeuropas, Portugiesen und Spanier suchten und fanden vor fünfhundert Jahren ihr Glück an neuen Küsten und Kontinenten. Auch die Briten eroberten ihr koloniales Imperium auf Schiffen. Die vielen Schiffsbesatzungen aller Zeiten und Völker setzten sich immer aus einzelnen Menschen zusammen. Mit Menschen und ihren Einzelschicksalen haben wir es zu tun, wenn wir die großen historischen und die alltäglichen Taten in der Geschichte und Gegenwart der Seefahrt betrachten.
Die alte Segelschiffepoche oder die Zeit der Kohlendampfer hatte aus unserer heutigen Sicht zwar auch ihre Reize und Faszination. Wir sehen sie gerne durch eine romantische Brille. Das Leben an Bord war aber für die dort tätigen Menschen oft sehr hart und entbehrungsreich (siehe Band 4 dieser gelben Buchreihe!). Die Devise hieß: Navigare necesse est – „Seefahrt ist not!“ – Aber ebenso galt: Seefahrt ist Not!
Der bedeutende Hamburger Theologe, Diakonie-Praktiker und Sozialpolitiker Johann Hinrich Wichern forderte schon vor über 150 Jahren in seiner Stegreifrede auf dem Kirchentag in Wittenberg im Jahre 1848 und später immer wieder, die Kirche und ihre Diakonie dürfe die Seeleute in ihrer seelischen und sozialen Not nicht vergessen. Vor über 100 Jahren entwickelte sich daraus, englischen und amerikanischen Vorbildern folgend, die Deutsche Seemannsmission, die sich seither weltweit in vielen Seemannsheimen und Seemannsclubs um deutsche und Seeleute aus aller Welt kümmert.
Der Mensch an Bord und der Mensch im fremden Hafen, in der unbekannten großen Stadt, dieser Mensch stand immer im Mittelpunkt der Hilfsangebote der Seemannsmission, die sich um Seeleute kümmerte, die in der Fremde heimatlos in soziale und seelische Nöte gerieten.
In der deutschen Seefahrt waren in ihrer Blütezeit und der der Seemannsmission vor Ausbruch des ersten Weltkrieges etwa 100.000 Menschen beschäftigt. Weitere 20.000 deutsche Seeleute arbeiteten unter fremden Flaggen. Auf einem Überseepassagierlinienschiff fuhren 1913 etwa 1.000 Mann Besatzung.
Wenn auch nicht mehr jeder deutsche Knabe einen Matrosenanzug trägt, wie einstmals, so ist doch seit der wilhelminischen Zeit her in unserer Gesellschaft trotz des Niederganges und der gewaltigen Strukturveränderungen der deutschen Seeschifffahrt in den letzten Jahrzehnten bei vielen Menschen immer noch ein romantisch verklärtes Interesse an der Seefahrt vorhanden, was seinen Niederschlag an der Langlebigkeit der Hafenkonzert-Rundfunksendungen, der Hans-Albers- und Freddy-Romantik findet.
Als Diakon und Diplom-Sozialpädagoge leitete ich 27 Jahre lang von 1970 bis 1997 das große deutsche Seemannsheim der Seemannsmission in Hamburg am Krayenkamp neben dem Michel – ein berufsspezifisches 140-Betten-Hotel für Fahrensleute – und hatte in dieser Zeit Kontakte mit Tausenden Seeleuten aus aller Welt. Dabei bestätigte sich mir immer wieder, dass es kein einheitliches Bild „des Seemannes“ gibt. Sehr verschiedenartige Menschentypen, die unterschiedlichsten Charaktere, Menschen mit gänzlich anderen Vorgeschichten treffen auf dem Arbeitsplatz Schiff aufeinander. Schon immer kamen an Bord eines Schiffes Besatzungen verschiedenster Nationalität oder Rasse zusammen. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt, so dass auf manchen Schiffen oder in den Seemannsheimen in den Hafenstädten heute oft eine babylonische Sprachenvielfalt und ein multikulturelles Miteinander herrschen. Eine Umkehr dieser Tendenz ist wohl auch nicht mehr zu erwarten. Unsere Welt wird immer kleiner. Die fortschreitende Mobilität unserer Gesellschaft, die Großraumflugzeuge, die ganze Schiffsbesatzungen innerhalb von Stunden um die halbe Welt fliegen, macht es möglich, Menschen, die etwa auf den Philippinen oder auf einer Kiribati-Insel im Pazifik zu Hause sind, nach gründlicher Fachausbildung von ihrer Heimatinsel als „kostengünstige“ Arbeitskräfte in fast jedem Hafen der Welt an Bord zu holen. Oft werden diese Menschen aus noch ungestörten gänzlich, anderen Kulturen gerissen und in unsere europäische Denk- und Arbeitswelt versetzt.
Die Technik hat die Welt an Bord der Schiffe in den letzten Jahrzehnten revolutioniert. Durch den Container und die Mikroelektronik wurden an Bord mindestens so große Veränderungen und Umwälzungen hervorgerufen, wie beim Übergang vom Segel- zum Dampfschiff. Die Hafenliegezeiten reduzierten sich drastisch. Landgang in fremden Häfen wird immer kürzer und seltener möglich. Die Zahl der Besatzungsmitglieder eines großen Überseefrachters sank in den letzten Jahrzehnten von 40 über 20 auf 12 Mann. Das ferngesteuerte unbemannte Überseeschiff ist nicht nur denkbar, sondern wurde bereits getestet. Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass in Zukunft unbemannte Schiffe den Seemann völlig überflüssig machen.
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