Florian sah die Urkunden, die hinter Dr. Schreiber an der Wand hingen. Er konnte seinen Fokus nicht scharf stellen, um die Fachgebiete für die sie verliehen wurden genau zu entziffern, dennoch las er auf jedem das Wort „Psycho“, soviel konnte er erkennen.
Hinter ihm hörte er eine Wanduhr monoton ticken.
Er entspannte sich und sein Körper sackte wieder in sich zusammen, während er seinem eigenen Atem lauschte. Als ihm dies bewußt wurde, riss er sich erneut zusammen.
Das waren die Nachwirkungen dieser verfluchten Medikamente. Sie machten ihn immer noch müde.
Kapitel 28 Jobangebot - Mittelmeer
Klaus hob die Hand und blickte dabei zu Gabi. Als er ihr bejahendes Nicken vernahm, richtete er seine Worte an Jenny:
„Erzähl uns mal, was du sportlich so alles drauf hast“.
Sie verstand nicht so richtig was er meinte, hatte aber eine Vorahnung, dass nun der „sie betreffende Teil“ kommen würde.
„Wie meinst du das“, fragte sie, während sie begann, ihre Antwort im Gedächtnis zu formulieren.
„Na, wie ich es sage. Dass du nicht schwimmen kannst haben wir ja bereits heute Morgen miterleben dürfen, als dieser Ral dich gerettet hat“.
Alle lachten.
Jenny sah im Augenwinkel, in der Ferne, eine höhere sich anbahnende Welle.
Während sie Klaus konterte, „ok, eins zu null für dich“, blickte sie kurz zu Skip und erkannte, dass auch er die Welle gesehen hatte.
Sofort war ihr klar, dass das Schiff bei der derzeitigen Fahrt und Richtung, die Welle volle Breitseite abbekommen würde. Als Skip den Kurs korrigieren wollte schüttelte sie fast unmerklich den Kopf. Keiner der anderen hatte das bemerkt, aber Skip hatte begriffen.
Sie sah Klaus in die Augen und sagte:
„Dafür hab ich eine sehr gute Balance“.
Kurz bevor die Welle auf das Schiff traf, vollendete sie den Satz: „Komm, ich zeig´s dir“.
Sie erhob sich, bereits ein Bein nach hinten gestellt, um dem bevorstehenden Einschlag der Welle entgegen zu halten. Dabei streckte sie Klaus, der immer noch im Niedergang stand ihre Hand entgegen. Als er aus der Luke trat, schlug die Welle gegen den Rumpf der Seadream. Sie hob und neigte sich gleichzeitig, um sofort danach wieder abzufallen. Da es eine große Yacht war, war die Bewegung nicht ganz so stark wie sie gedacht hatte, aber es reichte aus. Klaus verlor kurzzeitig die Balance und stolperte nach vorn, wobei er zwei Gläser vom Tisch fegte und Sabine auf den Fuß trat. Er landete direkt in Jenny´s Armen, die sich ihm entgegen stemmte und ihn auffing.
Die Frauen kreischten.
Als die Welle unten durch war und sich alles wieder normalisiert hatte, begann Skip zu lachen. Jenny stimmte sofort mit ein und es dauerte eine ganze Weile, bis Klaus, und nach und nach auch die anderen, begriffen, was passiert war.
Klaus, der in Jenny´s Armen hing, versuchte sich wieder aufzurichten und auf seinen eigenen Beinen zu stehen. Währenddessen warf er Skip einen vernichtenden Blick zu. Dieser zuckte mit den Schultern und meinte nur:
„Ups“.
„Dann steht´s jetzt wohl eins zu eins“, bemerkte Klaus, leicht beschämt. Er nahm seine vorherige Position am Niedergang wieder ein und rieb sich das Schienbein, das er beim Sturz angeschlagen hatte.
„´Tschuldige, aber ich konnte nicht anders“, ergänzte Jenny unnötiger Weise.
„Das hat er verdient“, sagte Gabi mit Tränen in den Augen.
„Möchtest du immer noch wissen, welche Sportarten ich beherrsche“?
Klaus nickte, und sie begann mit ihren Aufzählungen, die eher bescheiden ausfielen:
„Ich kann ein bisschen Skifahren, ich jogge und ich surfe gerne“. Klaus nickte abwartend, während sie sprach, hakte dann aber nach, als ob er fühlte, dass sie mehr drauf hatte.
„Wie gut fährst du Ski? Hast du schon Mal auf ´nem Snowboard gestanden? Welche Wassersportarten hast du ausprobiert? Bist du schwindelfrei? Erzähl uns alles“.
Jenny war etwas verwundert und meinte:
„Wird das jetzt ein Verhör? Warum willst du das alles so genau wissen“?
Die anderen waren ebenfalls irritiert und lauschten gespannt, während die Seadream sich unermüdlich ihren Weg, durch die immer rauer werdende See bahnte.
„Das werde ich dir schon noch sagen, aber zuerst du“.
Jenny holte Luft und begann erneut, diesmal nahm sie kein Blatt vor den Mund.
„Ich habe als Dreijährige das erste Mal auf Skiern gestanden. Ab meinem zwölften Lebensjahr habe ich regelmäßig die Pokale im Abfahrtslauf und Slalom der Mädchen unseres Skiclubs abgeräumt. Auf dem Board komme ich zurecht, wobei ich keine Rails oder solche Sachen fahre. Im Wasser gibt´s fast keine Disziplin die ich noch nicht gemacht habe. Ich kann schwimmen, schnorcheln, tauchen, surfen, wellenreiten und kitesurfen. Ich kann Rad fahren, habe den Motorradführerschein und bin auch schon mal Cross gefahren. Das würde ich aber lieber als einmaligen Versuch abhaken. Ich bin schon zweimal im Tandemsprung aus `nem Flugzeug gesprungen und hab `nen Gleitschirmflug, ebenfalls als Tandem, absolviert. Ich jogge mindestens zweimal die Woche. Ballsportarten wie Fußball, Tennis oder Golf, machen mir nicht so viel Spaß, aber es hat sich herausgestellt, dass ich auch da recht begabt bin“.
Sie war fertig und hielt seinen Blick, während die anderen dasaßen und sie ungläubig anstarrten. Sabine verdrehte die Augen und meinte nur:
„Daher die Figur, und du behauptest du machst keinen Sport“.
Nach einem Moment antwortete Jenny: „Ich hatte diese Sportarten nicht des Sportes wegen gemacht“.
„Warum nicht“, wollte Klaus wissen.
Jenny schluckte kurz und antwortete dann: „Das hatte private Gründe“.
Nun waren alle still, und nach ein paar Sekunden begann Klaus in die Hände zu klatschen.
„Bravo“!
Er blickte zu Gabi, um ein weiteres Mal ihre Bestätigung zu bekommen. Als diese ihm ermutigend zunickte, fuhr er unbeirrt fort:
„Das heißt, du hast auch keine Angst vor großen Geschwindigkeiten und Höhen“?
Jenny nickte.
„Ich hatte ja schon angedeutet, dass wir nach Korsika übersetzen“.
Jetzt waren alle aufmerksam, und sogar Skip veränderte seinen Stand hinter dem Steuer, um besser hören zu können. Offensichtlich kannte auch er nicht alle Details.
Klaus ließ noch eine Sekunde verstreichen um die Spannung zu erhöhen.
„Nun lass schon hören“, drängte Peter, „sonst erzähle ich es“.
Alle sahen ihn an.
„Wie, du weißt schon Bescheid“, fragte Gabi ungläubig.
Peter hielt sich die Hand vor den Mund und Klaus warf ihm einen strafenden Blick zu.
„Naja, nicht alles, aber einen Teil, ja“.
Klaus übernahm und sagte: „Ich habe Peter, letzte Nacht in den Covas, davon erzählt. Als wir alleine an der Bar gesessen hatten. Da war, außer Peter und mir niemand, der etwas hätte mitbekommen können“.
Bei diesen Worten dachte Jenny spontan an Ral, der die beiden an der Bar bedient hatte.
Ein kurzer Moment der Wehmut durchströmte sie.
„Jedenfalls werden wir vor der Steilküste Korsikas, mit den Dreharbeiten zu einem Werbespot für unser neuestes Produkt beginnen“.
Klaus machte erneut eine kleine Pause, bis die „Ohs“ und „Ahs“ der anderen verebbten.
„Das Casting für die Besetzung der Acteure, findet morgen in Zürich, in der Firma statt. Ich muss daher bereits heute die Katze aus dem Sack lassen, sollte meine Idee fruchten“.
Fragende Blicke wanderten hin und her und Jenny begann es zu dämmern.
„Also, die Idee war eigentlich erst heute Morgen beim Frühstück geboren. Gabi hatte mich darauf gebracht, mit einem Satz, der sofort von euch allen bestätigt wurde. Ihr konntet das ja nicht ahnen“.
„Außer Peter“, erinnerte ihn Gabi.
„Außer Peter“, bestätigte Klaus, und fuhr fort:
Читать дальше