K O E H L E R
Die erste Staffel
H.P. Karr
S01 E06 Alles wird gut
Koehler ist ein Medienprofi. Er ist Berater, Spindoctor, Ghostwriter, PR-Hure. Was er nicht hinkriegt, kriegt keiner hin. Egal ob es die Promotion für den Bestseller eines Serienräubers ist, das Drehbuch für die Jubiläums-Episode einer Seifenoper oder die dreckige Vergangenheit des neuen Teenie-Stars. Wenn Koehler ins Spiel kommt, lösen sich Probleme mit widerspenstigen Schauspielern, karrieregeilen Journalisten oder publicitysüchtigen Showstars in Luft auf. Egal, wer dabei auf der Strecke bleibt.
Wer Koehler mag, braucht Jack Reacher nicht.
E06 Alles wird gut
»Autounfall«, schlug Koehler vor.
»Egal«, sagte Schwelin. »Hauptsache tot.«
»Das ist das Leben« ist die Erfolgs-Soap des Senders, seit zehn Jahren zuverlässiger Quotenbringer am Vorabend. Für die Jubiläumsepisode Nummer 2500 hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen – neunzig Minuten in der Primetime, voller unerwarteter Wendungen, spektakulärer Enthüllungen und dramatischer Todesfälle. Ein Drehbuch, das sich quasi von selbst schreibt - denkt Koehler. Bis der Tod ins Spiel kommt. Und zwar nicht im Script der Soap. Sondern im echten Leben.
Table Of Contents
E06 Alles wird gut
1.
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9.
Leseprobe H. P. Karr präsentiert: Geister, Gräber, Gänsehaut
Die Credits
Koehler konnte nicht sagen, dass sie ihn freundlich ansahen, aber damit hatte er auch nicht gerechnet. Im Konferenzcontainer stand die Luft, und obwohl Rauchverbot angesagt war, hatte sich Schwelin seine Havanna angezündet, mit der er seine Position als ausführender Produzent klar machte.
»Herr Koehler ist uns von der Produktion als neuer Headwriter beigestellt worden, um das Jubiläum von ›Das ist das Leben‹ kreativ angemessen zu gestalten!« So, wie Schwelin das sagte, hätte er auch von einem Furunkel an seinem Hintern sprechen können. Koehler lächelte sein verbindlichstes Autoren-Lächeln in die Milchgesichter der DIDL-Storyliner und Dialogautoren, nickte hinüber zu Schwelins Hilfsproduzenten und zur Senderredakteurin, die ihn erwartungsvoll beäugte. Der Chefregisseur strich gelangweilt in irgendeiner Dispo herum, der DIDL-Pressechef stapelte seine Factsheets, Press-Releases und Special-Reports von links nach rechts. Hinten, in der Ecke, saß Mareen, neben einem braun gebrannten Schönling mit perfekt rasiertem Bärtchen. So weit sich Koehler erinnerte, war das »Carlo Sander«, der jugendliche Wilde in »Das ist das Leben«, feuchter Teenager-Traum von Millionen DIDL-Fans und seit vierunddreißig Wochen ungeschlagen der »süßeste Boy« auf der offiziellen DIDL-Homepage.
Mareen lächelte Koehler zu, doch ihr Blick war müde. Wahrscheinlich fragte sie sich, warum er sie immer noch nicht angerufen hatte, obwohl er doch schon seit drei Tagen wieder im Lande war und im DIDL-Flurfunk schon lange von nichts anderem als von seiner Rückkehr ins Team die Rede war. Koehler fühlte sich feige und war froh, als der Pressemann in die Höhe schoss und seine Entwürfe für die Jubliläums-Promo herumreichte. Auf jedem Bogen prangte das quietschgrüne DIDL-Logo, veredelt mit einer goldenen 2500, und wer es noch nicht wusste, erfuhr aus der »DIDL-History«, wie die Serie vor fast neun Jahren angefangen hatte. Koehler blätterte die Zettel durch und war fast überrascht, als er seinen Namen bei »Das DIDL-Team der ersten Stunde« entdeckte.
Der Pressemensch zupfte sich am Schnauzbart und wartete, was seine Herrscher zu seinem Papierberg meinten.
Koehler sagte schließlich: »Sieht doch gut aus!« und Schwelin fand auch nichts auszusetzen. Woran auch? »Das ist das Leben« hatte einen guten festen Marktanteil bei den Daily Soaps. Draußen in der umgebauten Kühlschrankfabrik liefen jeden Tag fünfundzwanzig Sendeminuten vom Band, abgedreht in einer Kulissenstraße mit den Sets von »Babettes Werbeagentur« oder »Bennos Bistro« oder »Wohnung Carlo« oder »Garage Ylmaz«. Auf den Fanseiten im Internet hatten die Statistiker längst ausgerechnet, dass Episode 2500 am 23. August fällig war und in der DIDL-App wurde schon heftig spekuliert, was sie für Überraschungen bringen könnte.
Die Redakteurin schob den Promo-Müll zur Seite und setzte ihr Geldgeber-Lächeln auf. »Produktion und Sender wollen mit dem Jubiläum einen Akzent setzen. Deshalb werden wir die Episode 2500 von ›Das ist das Leben‹ als Neunzigminüter für das Abendprogramm produzieren. Dazu Begleit-Promo in allen Programmbereichen, Unterstützung im Printsektor beim DIDL-Magazin, einem Tonträger mit den DIDL-Hits und eine DIDL-DVD-Edition.« Sie lehnte sich zurück. »Außerdem habe ich gehört, dass sie bei der Illustrierten in Hamburg eine Coverstory über Soaps planen und unser Jubiläum als Aufhänger nehmen wollen.«
Damit war Koehler auch klar, wieso auf seiner Mailbox schon zwei Anrufe von Kissling aus der Chefredaktion der Illustrierten gewesen waren, als er in Düsseldorf aus dem Flugzeug geklettert war.
Schwelin stäubte seine Zigarrenasche in den Behelfsaschenbecher, den er sich aus einer DIDL-Jubiläumsmitteilung gefaltet hatte. »Das Jubiläum«, sagte er und schenkte Mareen und ihrem Nebenmann ein kühles Haifischlächeln, »muss also inhaltlich etwas ganz Besonderes werden. Episode 2500 wird der entscheidende Schritt zum Relaunch der Serie. Wenn wir auch die Episode 5000 erleben wollen, müssen wir jünger werden. Frecher. Aktueller. Soaps sind ein dynamischer Markt. Da müssen wir uns behaupten.«
Er blies einen Rauchring und lauschte in die Stille, die sich im Container ausbreitete. Koehler fragte sich, warum er jetzt hier saß und nicht auf der Veranda seiner Finca beim ersten Glas Riocha Crianza. Er hätte auf die Hügel schauen, sich abends einen Fred Astaire-Film aus seiner Sammlung ansehen können und keinen Gedanken daran verschwenden müssen, wie man sich in einem dynamischen Markt behauptete.
»Und was diese neuen Ideen angeht«, erklärte Schwelin, »vertrauen wir ganz auf Herrn Koehler. Sie werden ja wissen, dass er schon einmal bei DIDL war - damals als das Ursprungsteam die Mutterserie adaptiert hat. Also dass er quasi eins der Urgesteine von ›Das ist das Leben‹ ist.« Die anderen drei Urgesteine, das hatte Koehler kurz gegoogelt, als man ihm den Job anbot, waren entweder tot oder in der Psychiatrie oder vor drei Jahren bei Trekking im Outback verschollen.
Koehler lächelte sein mutmachendes Urgestein-Lächeln und sagte: »Wir werden das schon schaffen, nicht wahr?«
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