Was ich für die Thematik dieses Buches mit diesen Ausführungen deutlich machen möchte, ist, dass die modernen Menschen nicht nur all das gut integrieren müssen, was Menschen schon immer tun mussten, um eine körperlich-seelisch-geistig belastbare Persönlichkeit zu werden. – Nein, sie müssen darüber hinaus beständig durchlässig bleiben für kollektive Entwicklungsanliegen und ein Gleichgewicht zwischen persönlichen und überpersönlichen Bestrebungen finden. Es ist äußerst anspruchsvoll, zumal diese Tatsache nicht so bewusst und ausgesprochener Maßen in unserer Welt Platz hat. Es gibt keine erneuerten Erziehungsanweisungen oder darauf abgestimmte Lebensformen.
Die in diesem Buch besprochenen Krisen haben ganz, ganz viel mit dem Konflikt zwischen persönlicher und überpersönlicher Entwicklung zu tun. Es geht um den Erhalt notwendiger Grenzen und Strukturen auf der persönlichen und sozialen Ebene im Sinne der „unteren Oktave“ von Menschsein und die Überwindung genau dieser Begrenzungen und Strukturen im Sinne der „höheren Oktave“ von Menschsein.
Dafür gibt es keine einfachen Lösungen, keine Patentrezepte. Jede und jeder von uns kann nur von Schritt zu Schritt gucken und spüren, worum es gerade geht. Und wir können uns gegenseitig unterstützen, indem wir Verständnis füreinander aufbringen und ohne schnelle Beurteilungen miteinander nach ungewöhnlichen Lösungen Ausschau halten.
Die von 2012 bis 2015 andauernde Gestirnskonstellation „ Saturn in Skorpion und Pluto in Steinbock in Quadratspannung zu Uranus“ macht dieses Ringen um persönliche wie überpersönliche Lösungen besonders deutlich.
KAPITEL 1 Saturn und Pluto:Sensenmann und Gott der Unterwelt
Diese beiden mythologischen Gestalten stehen symbolisch für Lebenskräfte, die zu jeder Zeit in Mensch und Natur vorkommen. Sie haben beide unmittelbar mit Sterbeprozessen, Tod und Wiedergeburt zu tun und wirken an allen tiefgreifenden Wandlungen mit.
Warum ich jetzt näher auf sie eingehen will, wo wir doch gerade einen laut angekündigten Weltuntergang überstanden haben? Die Welt steht noch, wir leben und der Tribut an Verstorbenen scheint kaum höher als zu anderen Zeiten zu sein.
Was liegt da näher, als sich entspannt zurückzulehnen und sich wieder mehr dem Lebensgenuss zuzuwenden? Endlich schweigen die meisten Miesmacher und Schwarzseher - und nun komme ich und mache darauf aufmerksam, dass es noch nicht an der Zeit ist, auf ganzer Linie Entwarnung zu geben. Wohl bemerkt, ich möchte keine Katastrophen heraufbeschwören und keine Ängste schüren. Ich möchte erläutern und sensibilisieren, um was es in diesen Jahren gehen wird und wie wir konstruktiv mitarbeiten können.
Im ersten und zweiten Teil möchte ich Euch Saturn-Sensenmann und Pluto-Schattenwandler vorstellen, ganz persönlich, so als träfen wir uns auf einer Party mit zwei Überraschungsgästen.
Vor meinen Augen sehe ich freundliche Menschen in heller, farbiger Kleidung, vertieft in lebhafter Unterhaltung. Da trete ich ein und bringe unangekündigt zwei dunkle Gestalten mit. Sie sehen aus wie „Gothik-Freaks“, schwarz gekleidet, pechschwarze Haare, schwarz umrandete Augen, Totenkopf-T-Shirts, rote Blutstropfen als Schönheitsflecken.
Die Gespräche verstummen. Selbstbewusst aufgerichtet stehen die beiden den anderen gegenüber, setzen sich dann und mustern die Anwesenden mit forschendem Blick. Wie soll ich vermitteln, dass diese Beiden meine Freunde wurden, dass ich mich gerade von ihnen besonders gesehen, verstanden und geliebt fühle? Gut verborgene Vorurteile wabern plötzlich greifbar durch den Raum. Die Stimmung schwankt. Die beiden wirken auf die anderen weder vertrauenerweckend noch heiter und sie haben offenbar auch keine Neigung zu Smalltalk. Dann schweigen sie lieber. Das scheint ansteckend zu sein. Das Schweigen entwickelt sich zur Totenstille.
Musste ich sie auch gleich beide mitbringen? Vielleicht hätte die Party einen von ihnen noch verdauen können, als Exoten sozusagen, wobei Saturnwohl trotzdem als Spaßbremse spürbar gewesen wäre. Warum ???
Die drei Fragezeichen ???
1. Warum ?Die Himmelskörper Saturn und Pluto stehen von der Erde aus gesehen in einer Konstellation, die sie bis 2015 derart miteinander verbindet, dass sie sich gegenseitig verstärken und intensivieren. Einen allein kann man also in dieser Zeit nicht haben. Öffnen wir einem die Tür, steht der andere schon hinter ihm und tritt gleich mit ein.
Astrologisch gesagt steht Pluto im Zeichen Steinbock. Zum Steinbock gehört als Planet der Saturn. Saturn wiederum steht seit Oktober im Zeichen Skorpion, zu dem der Planet Pluto gehört. Auf doppelte Weise verbinden sie also ihre Kräfte miteinander. Sie können gar nicht anders. Sie haben den jeweils anderen immer huckepack dabei und müssen dessen Anliegen berücksichtigen. Das ist bis 2015 der Fall.
2. Warum ?Ist Saturn tatsächlich von Natur aus eine Spaßbremse und muss in seiner Gegenwart unbedingt Totenstille einkehren?
Unser Partybeispiel ist ein Bild für eine Dynamik, die sich auf persönlicher wie kollektiver Ebene zeigen kann, in vielen Varianten. Darum werde ich erst einmal einen Überblick geben.
Von Saturnkräften ausgelöste Situationen und Lernprozesse wollen immer in Richtung mehr Konzentration auf das Wesentliche wirken, fordern dafür Ernsthaftigkeit, größere Selbstdisziplin und Übernahme von Verantwortung. Was wir unter der Schirmherrschaft von Saturn lernen und erarbeiten, wird gründlich und auf Beständigkeit angelegt sein. Von daher ist eine Atmosphäre von „locker-flockig“ in solchen Phasen nicht zu erwarten. Ist der Einzelne oder eine kollektive Gruppe dazu bereit und in der Lage, hart und diszipliniert zu arbeiten und lässt sich auch von Widerständen nicht entmutigen, wird eine verlässliche Basis für die Zukunft entstehen, auf der man stabil aufbauen kann. Diese wird auch extremen Belastungen standhalten.
So würde der personifizierte Saturn als Gast unserer Party nicht durch besondere Lässigkeit und sprühenden Charme auffallen. Doch kann er im Gespräch fundierte Wortbeiträge liefern, dem Gegenüber ernsthaft zuhören und wird mit genügend Zeit nach einer anfänglichen Distanziertheit zu einem treuen Freund werden, der auch in problematischen Zeiten zu einem hält.
Als "Hüter der Schwelle" beschützt er einerseits unsere Grenzen, neigt aber dadurch dazu, Schutzmechanismen übertrieben hochzufahren. Vor lauter Bewahrungsdrang versucht er dann, auch an dem Festzuhalten, was schon lange überlebt ist. Andererseits ist er eigentlich ebenso dafür zuständig, Veraltetes „über den Jordan zu schicken“, das heißt, es sterben zu lassen. Ist die Angst davor zu groß, wird diese Kraft in uns vom lebensfördernden „Tod-Bringer“ veralteter Formen zum „Tod-Gegner“.
Saturnkräfte rufen existentielle Ängste hervor. Wir ziehen uns zusammen, wollen zwar Neues, aber möglichst ohne Verlust von Vertrautem, Liebgewonnenen, ob es nun um ein Haus, ein Geschäft, um Menschen oder Überzeugungen geht. Der Saturn in Skorpion zeigt, dass es jetzt dabei gleichzeitig um die Überprüfung tiefer innerer Wahrheiten geht. Steht das in Frage, was wir als wahr empfinden, ist es besonders verunsichernd. Auf was soll man dann noch vertrauen?
Ein solches Erleben kann durchaus einem Gefühl von Weltuntergang entsprechen. Die erlebte Dramatik ist für Menschen mit anderen Lebensthemen und Überzeugungen dann kaum nachzuvollziehen. Doch wird alles Abwiegeln und „vernünftige“ Argumentieren den Druck nur erhöhen. Der innere Sinnzusammenhang ist gefährdet und das ist existentiell bedrohlich. Die Grenze zwischen Sinn und Wahnsinn kann sich plötzlich hauchdünn anfühlen. Es ist wichtig, jeden in einer solchen Verfassung ernst zu nehmen, auch und gerade, wenn es dabei um eine sonst sehr gefasste, verstandesgesteuerte Person handelt.
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