Azura Schattensang
Schattenkönig
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Inhaltsverzeichnis
Titel Azura Schattensang Schattenkönig Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Epilog
Impressum neobooks
Prolog
Der feuerrote Drache schälte sich aus dem flammenden Inferno des brennenden Hauses. Mit wenigen Flügelschlägen erhob er sich in den dunklen Nachthimmel. Ein wütendes Brüllen löste sich aus der seiner Kehle, als er sich Richtung Norden wandte. Wie ein funkelnder Stern zog er über das Firmament und hinterließ glitzernde Funken, die langsam herab sanken und verglühten. Die Menschen, die ihn sahen, hielten mit offenstehenden Mündern inne und beäugten das Schauspiel. Schließlich schälten sich die dunklen Umrisse eines Schlosses aus der Finsternis und ein weiteres Brüllen erklang. König Roderich stand am Fenster und sah den leuchtenden Feuerball in Drachengestalt auf den Turm des Schlosses zu fliegen. Gelassen hob er eine Hand.
„Du kommst Jahre zu spät, Ansgard. Noch einmal gelingt es dir nicht, mich aufzuhalten“, sagte die dunkle Stimme, die nicht zu König Roderich gehörte.
Der Drache schien ihm eine Antwort entgegen zubrüllen, dann warf er sich mit voller Wucht gegen die Mauern des Schlosses. Flammen stoben auf und leckten am dunklen Stein, doch hinterließen keinerlei Spuren. Ein dunkler Schleier hatte sich wie eine Haut, schützend über die Flanke des Turmes gelegt. Die Flammen erloschen und hinterließen tiefe Finsternis. König Roderich ließ langsam die Hand sinken, dann brach ein hässliches Lachen aus ihm hervor.
Brachmanoth – 323 n. DK
Aurelia erwachte und starrte an die helle Zimmerdecke. Sie lag in einem großen, weichen Bett und das Licht der Morgensonne fiel durch ein breites Fenster herein. Sie drehte den Kopf und staunte über die irrwitzige Größe des Zimmers. Sie zog die Bettdecke ans Kinn und rollte sich zur Seite. Die Laken und Decken waren samtig und rochen nach frischem Leinen. Jemand hatte sie gebadet und ihr ein Nachthemd angezogen. Ihre Haare dufteten nach Seife und Blumen. Seit einer Ewigkeit hatte sie sich nicht mehr so sauber gefühlt. Für einen Moment schloss sie die Augen und versuchte sich daran zu erinnern was geschehen war. Ihr Magen verkrampfte sich, als die schrecklichen Bilder mit Macht in ihr Bewusstsein stürmten. Sie erinnerte sich an das Blut an ihren Händen, den Ausdruck in Roderichs Augen und wie sein Körper leblos zusammenbrach. Seine letzten Worte hallten in ihren Ohren nach, auch wenn sie ihre Bedeutung immer noch nicht verstand. Er schien sie ebenso mit der Schwester des Königs verwechselt zu haben wie Kyle damals. Warum nur? Sie warf die Bettdecke zurück und setzte sich auf. Wo genau war sie eigentlich und wo war Kyle? Dem luxuriös ausgestatteten Zimmer nach zu Urteilen, befand sie sich immer noch auf Schloss Ehrenthal. Daran bestand für sie kein Zweifel. Ein leises Klopfen an der Tür ließ sie herumfahren.
„Herein“, sagte sie unsicher. Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und Kyle streckte den Kopf ins Zimmer.
„Oh, du bist wach“, sagte er lächelnd und trat ein.
Aurelia stockte der Atem. Sie hatte Kyle für gutaussehend gehalten, doch jetzt hatte seine Attraktivität ein neues Ausmaß gefunden. Sein braunes Haar war gewaschen und frisch gekämmt. Er trug ein dunkelbraunes Hemd aus feiner Wolle, eine dazu passende Hose und schwarze Lederstiefel. Sein Schwert hing locker an seiner Taille. Während sie ihn so ansah, regte sich eine weitere Erinnerung in ihrem Geist und ließ ihr die Röte ins Gesicht schießen. Schnell wandte sie sich ab und stand auf.
Kyle beobachtete sie aufmerksam. Verlegen lächelte sie ihn an und ging zu ihm herüber. Seine irritierend grünen Augen schickten einen warmen Schauer durch ihren Körper und sie sehnte sich nach seiner Umarmung. Sie wollte bereits die Arme nach ihm ausstrecken, als sie merkte, dass etwas nicht stimmte. Kyle trat einen Schritt zurück und verwundert ließ sie die Arme sinken.
Er verbeugte sich knapp, steckte eine Hand in die Tasche seiner Hose und zog einen glatten, roten Stein an einer goldenen Kette heraus. Wortlos ließ er ihn in Aurelias Hand fallen. Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch. „Mein Amulett...“
„Ich habe die Kette bei einem Goldschmied reparieren lassen“, sagte er schulterzuckend.
Sie musterte ihn kritisch. „Kyle, was ist los?“
„Nichts“, wiegelte er ab. „Zieh dich an. In einer Stunde komme ich dich abholen. Wir treffen uns mit den anderen, um die Lage zu besprechen.“ Damit verließ er ihr Zimmer und ließ sie allein zurück. Verwundert ging sie zum Bett und setzte sich auf die Kante, während sie gedankenverloren das Amulett betrachtete.
Wenig später tauchten einige Bedienstete auf, um ihr beim Ankleiden zu helfen. Zumindest wollten sie es versuchen, denn Aurelia wehrte sich vehement dagegen. Für ihr befinden war sie alt genug um sich selbst anzukleiden und eines der vielen pompösen Kleider, die man ihr vorhielt, kam erst gar nicht in Frage. Verzweifelt gaben die Bediensteten schließlich auf und legten ihr stattdessen eine dunkelgrüne Bluse und enge, braune Hosen zurecht. Dazu stellten sie ein Paar Stiefel aus Wildleder parat.
Zufrieden betrachtete Aurelia sich im Spiegel. Der Stoff war glatt und schmiegte sich eng an ihre Haut. Ihr Haar hatte man zu einem langen Zopf geflochten und kleine weiße Blüten hineingesteckt. Sie wusste nicht, warum die Bediensteten so viel Aufhebens um ihr Äußeres gemacht hatten, doch das Ergebnis gefiel ihr.
Es klopfte an der Tür und Kyle trat ein.
„Bist du so weit?“, wollte er wissen und vergaß beinahe den Mund zu schließen, als er sie sah.
Sie schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln und hakte sich bei ihm unter.
„Aber natürlich“, säuselte sie und lotste ihn aus dem Zimmer. Draußen auf dem Flur schien er seine Fassung wiedergewonnen zu haben, denn er ging forschen Schrittes den Gang entlang und zog sie mit sich.
„Kyle, wir befinden uns immer noch auf Schloss Ehrenthal, richtig? Ich schätze, ich war einige Zeit außer Gefecht gesetzt. Was ist bisher geschehen und was ist das für ein Treffen?“, wollte sie wissen und versuchte vergeblich sein Tempo zu drosseln.
„Wir befinden uns immer noch auf Schloss Ehrenthal, das ist korrekt. Seit dem Tode König Roderichs sind zwei Tage vergangen...“
„Was?!“ Sie blieb ruckartig stehen und riss ihn zu sich herum.
„Du warst erschöpft und brauchtest Ruhe.“ Er wich ihrem Blick aus.
„Aber ich habe noch nie zwei ganze Tage verschlafen. Zwei Tage!“
Kyle sah sie immer noch nicht an. „Die Nachricht vom Tode Roderichs hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Canthan steht kurz vor einem Bürgerkrieg. Die Rebellen wollen eine unabhängige Regierung, wohingegen viele aus der ländlichen Bevölkerung der Monarchie verbunden sind. Wir versuchen eine Möglichkeit zu finden beide Seite zufrieden zu stellen“, fasste er die Ereignisse der vergangenen Tage kurz zusammen.
„Wie stellt ihr euch das vor? Mit Roderich hat das letzte verbliebene Mitglied der königlichen Familie den Tod gefunden.“ Endlich sah Kyle sie an. Sein Blick war schwer zu deuten, doch sie wusste, dass er ihr etwas verschwieg und dass es ihr nicht gefallen würde, wenn sie es erfuhr.
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