Wenn Frauen wüssten, wie Männer über sie denken, dann wäre die Welt eine andere. Ganze Modetrends würden begraben werden und andere dafür aus dem Nichts geboren. Es gäbe auch keinen emotionalen Kummer und keine Missverständnisse mehr.
Wenn Tom schließlich geht und verspricht: „Ja, ich rufe dich an, Klara, versprochen!“, dann heißt das nicht: ‚Du bist eine super tolle sexy Frau zum Verlieben und ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen, um den Boden, den du beschreitest, anzubeten!‘
Sondern es heißt: ‚Ciao bella! Das war eine geile Sache! Wenn‘s mich wieder mal juckt und ich deine Nummer nicht verliere, schiebe ich dich vielleicht wieder mal wo dazwischen!‘
Oder eigentlich meint er damit sogar: ‚Dazwischen schiebe ich dich wieder mal! – Alles klar?! Also, mach‘s gut!‘
Und diese Ansage ist in keinster Weise böse gemeint! Es ist halt so. Männer ticken so!
Natürlich, als aufgeklärter Mann wüsste man um den Umstand, dass Frauen, die einem ihre Nummer geben, zurückgerufen werden wollen, – und tut man es nicht, dann hat man etwas Schlimmes angerichtet. – Nicht zurückzurufen, ist also herzbrechend gemein.
Aber: Als aufgeklärte Frau müsste man auch wissen, dass man selbst Schuld ist, wenn man einen Mann um einen Rückruf bittet. Denn dieser kommt höchstens dann, wenn er ihm in der Hose steht.
Was macht Tom also mit der Nummer und der Aufforderung? – Abspeichern unter Spitztitte Klara , und dann – aus den Augen, aus dem Sinn.
Nicht, dass er nicht nochmal über sie und die vergangen Nacht nachdenken würde. Aber er tut dies primär ein wenig anders als Klara selbst:
Sie: ‚Er hat Humor!‘
Er: ‚Ich mag es, wenn sie lacht und dann die Brüste hüpfen.‘
Sie: ‚Er ist gepflegt.‘
Er: ‚Lecker Schnitte zum lecker Lecken.‘
Sie: ‚Er ist sexy!‘
Er: ‚Mittelgroße Hängetitten wären mir lieber gewesen, aber der Arsch war geil.‘
Sie: ‚Der Sex war gut! Er ist einfühlsam und seine starken Hände sind einfach überall.‘
Er: ‚Sie bläst gut und schreit gerne.‘
Sie: ‚Er hat auch gute Manieren.‘
Er: ‚Mittelgroße Hängetitten wären mir lieber gewesen, aber der Arsch war geil.‘
Sie: ‚Hoffentlich ruft er an!‘
Er: ‚Hoffentlich bleibt das Wetter schön!‘
Nicht, dass Tom (oder ein Single – Männer an sich) nicht auch gerne eine Beziehung hätte. – Sicher doch!
Nur Tom, – der 35 ist und sich gerade auf dem Weg zur Exfrau befindet, mit der er neun Jahre zusammen war und mit der er sich vor drei Jahren getrennt hat und mit der er auch einen gemeinsamen, heute elfjährigen Sohn hat –, hat es nach dieser Sache noch immer nicht so eilig mit einer neuen Beziehung.
‚Warum soll ich mich gleich wieder auf so eine Beziehungssache einlassen, wenn‘s mit den Frauen ohnehin nicht so schlecht läuft?‘, denkt sich Tom.
Familienplanung abgeschlossen, Kind außer Haus, Zeit für Spaß!
Natürlich, – an einem verregneten, trüben Sonntagabend, was gäbe er da nicht manchmal für eine Frau, die ihn liebt und nur für ihn da ist. Aber das gibt es natürlich nur auf Gegenseitigkeit basierend. Da müsste er dann auch nur für sie da sein, – also treu und ergeben sein. ‚Umpf!‘, – soweit war er noch nicht!
Obwohl, – gerade jetzt, wo er von Spitztitte kam ... Sie hatte so etwas an sich, das ihm gefiel. Das er mehr als geil fand. Etwas Fesselndes, das Bauchkribbeln hervorruft.
Sie hatte das gefährliche Etwas , in das man sich verlieben konnte! Sie verströmte Nähe und Wärme!
Nicht alle Frauen tun das. Manche glauben sogar, abweisend und kühl sein zu müssen, um sich auf diese Art rar und vermeintlich wertvoll zu machen. – Schwachsinn! Da kann nichts dabei rauskommen.
Natürlich kann man es sich zur Disziplin machen, als unnahbar zu gelten, und natürlich kann man damit die tollsten Alphamännchen zum Wettkampf um die Unnahbare anlocken. Aber das Ergebnis ist eben nur ein Wettkampf um des Wettkampfes willen und die Unnahbare ist eine Trophäe, die der Gewinner einmal in die Hand nimmt, um sie dann irgendwo abzustellen und sich der nächsten Herausforderung zu widmen. – Wem‘s gefällt?!
Spitztitte hatte das ganz und gar nicht! Sie hatte eine warme, offene und zugängliche Art. Und sie hatte eine Tochter! – Acht Jahre. Thema gegessen!
„Hallo Karin.“
– „Hallo.“
„Hi Elias.“
– „Hi.“
„Was macht ihr zwei heute?“
„Männersachen. Streng geheim!“ – Die Wahrheit war, Tom wusste es noch nicht so recht.
„Soso! Auf jeden Fall bis pünktlich um sechs! Und nicht wieder alles voller Dreck wie letztes Mal!“
„Na klar!“ – ‚Alte Gurke!‘ Sie hatten sich wirklich weit auseinandergelebt. Sie war auch so ein kühles, abweisendes Ding geworden.
‚Möchte wissen, ob sie zu ihrem neuen Freund auch so ist‘, fragte sich Tom.
Dann kann sie die Sache gleich wieder vergessen. Ein Mann lässt sich das genau genommen so lange gefallen, wie er sie rammeln darf. Danach ist er weg. War ja schließlich bei Tom auch das Gleiche.
Nur, dass es bei ihnen umgekehrt war. Karin ließ sich zuerst nicht mehr rammeln und wurde dann auch noch kühl und abweisend in launischer, zickiger Form. Da war es naheliegend, dass Tom die Gelegenheit auf etwas Ersatzbefriedigung bei einer Firmenfeier beim Schopfe ergriff.
Den Schopfe der Sekretärin des Chefs, um genauer zu sein.
Der Rest ist Geschichte.
„Hast du Hunger?“, fragte Tom Elias, als sie schon im Auto waren.
„Mhm“, kam zur Antwort.
„Lust auf Burger und Pommes?“
„Ja!“, kam als begeisterte Antwort.
Karin würde ihn dafür wieder schelten, aber das war egal, das würde sie so oder so. Er würde ihr nichts recht machen können. Auf der anderen Seite wusste er natürlich auch, dass sie in gewissem Maße recht hatte. Burger und Pommes für einen ohnehin schon etwas pummeligen Elfjährigen waren nicht optimal. Selbst dann nicht, wenn er nicht pummelig gewesen wäre.
Aber sollte er etwa selbst kochen? – Was denn? Spiegeleier, Spaghetti, Fertigpizza und dergleichen waren ja auch kein richtiges Kochen im gesunden Stil! Und wenn er richtig kochen musste, dann war das die Zeit, die ihm dann mit seinem Sohn fehlte, den er ohnehin nur alle zwei Wochen einmal sah.
Obwohl, auf der anderen Seite wusste er ohnehin nicht recht, was er in dieser Zeit mit ihm anfangen sollte.
So traurig es klang, er hatte keine Ahnung, was er mit so einem Findling reden oder tun sollte. Das hatte ja früher auch immer alles Karin erledigt. Die Gespräche und so.
Und zum Spielen hatte er schließlich Freunde, – glaubte Tom zumindest.
Jedenfalls hatte er eine Playstation und einen Fernseher. Und auch so ein Handy mit großem Display, in das er unentwegt seine Nase steckte. – So auch in diesem Moment.
Irgendwie wollte Tom aber den Kontakt zu seinem Sohn auch nicht ganz verlieren. Damit nicht alles vergebene Mühe war. Und wenn er jemals den wahren Sinn im Leben entdecken sollte, dann wollte er sich die mögliche Option, dass dies eigene Kinder sein könnten, noch offenhalten.
Und deswegen musste er es irgendwie bewerkstelligen, dass Elias ihn nicht vergaß und nicht einfach einmal sagte: Ich will dich nicht mehr sehen!
Er musste ihm also etwas liefern, das toller war als sein Handy, seine Playstation oder was seine Mutter mit ihrem neuen Lover ihm bieten konnte.
Deswegen gab es zuerst Burger und Pommes. Dann eine Gokart-Partie, ein Eis, einen Kinobesuch mit Käsenachos und Cola sowie 20 € zusätzliches Taschengeld und das Versprechen, dass es nächstes Mal eine Überraschung gibt, die noch viel cooler sein wird als das Gokartfahren.
Und der Erfolg dieser Methode gab Tom Recht.
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