1 ...8 9 10 12 13 14 ...23 „Ja Sir, tut mir leid, es ist nur so, … also er sagte, dass es hier spuckt, das hat er selber erlebt.“ Nun war es raus und Jonathan senkte verlegen den Kopf. Matthew bewahrte seine Haltung und gab sich ganz locker, um Jonathan nicht noch mehr zu verunsichern. Dass er über derartige Dinge nur zu gut Bescheid wusste, konnte er ihm schlecht sagen. Matthews Neugierde war nun endgültig geweckt, er wollte mehr darüber wissen. „Ok und hat er ihnen auch erzählt, was genau er dort erlebt hat?“ Jonathans Finger bearbeiteten nervös den Stoff seiner Kappe, an der er sich festhielt, als könnte sie ihm Halt geben. „Ja. Er erzählte mir, dass er dort allein die Nachtwache verbracht hatte, bei der sie sich abwechselten. Und eines Nachts, als er da so alleine auf einem Hocker saß in der Grube, hörte er plötzlich so ein Flüstern. Er dachte zuerst, es seien die anderen und sah sich um, aber da war niemand außer ihm. Dann sah er plötzlich eine Gestalt, die fast durchsichtig wirkte und von einem schwachen Licht umringt war. Er sagte, es sei ein sehr alter Mann gewesen mit langem weißem Bart.“ Matthew nickte, ihm war sofort bewusst, um wen es sich dabei handeln musste. „Und hat er auch etwas zu ihm gesagt?“ Jonathan schüttelte den Kopf. „Nein, Sir, davon weiß ich nichts, darüber hat er mir nichts erzählt. Er sagte nur, dass er große Angst bekam und davongelaufen sei. Mehr weiß ich nicht darüber.“ Matthew gab nicht so schnell auf und fragte ihn: „Und hat er nichts darüber erzählt, wofür sie diese Grube gegraben haben, oder was danach geschah?“ „Nein, Sir, das war wirklich alles, was er mir erzählt hat, mehr weiß ich auch nicht.“
„Ok, danke Jonathan, sie können dann gehen. Und sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, von mir erfährt keiner was über diese Geschichte.“ Jonathan erhob sich von dem Stuhl und nickte nur kurz, dann verließ er sein Büro. Wohl fühlte er sich nicht wirklich dabei, schließlich hatte er einen guten Ruf zu verlieren.
Matthew grübelte. Was war wirklich dran an dieser Geschichte? Ohne nähere Angaben, wo diese Grube gegraben worden war und wozu, konnte er nicht viel ausrichten. Etwas zu suchen, dessen Ort man nicht kannte, war alles andere als einfach. Wo konnte man dieses Kellergewölbe, das es sicherlich schließlich geworden war, gegraben haben? Er ging noch einmal die Pläne vom Haus durch, irgendein Hinweis musste doch zu finden sein, sei er auch noch so gering. Und eines war auch klar, wenn es wirklich stimmte, dass dem alten Mann damals Myrddin erschienen war, dann musste es auch einen triftigen Grund dafür geben. Wenn man dies dabei in Betracht zog, konnte diese Geschichte wirklich wahr sein. Das war definitiv eine intensive Suche wert. Matthew wollte nicht unnütz Zeit verschwenden, er wusste ja nicht, wie viel ihm noch blieb. Also ging er nun akribisch die Pläne des Gehöfts durch, das in den Jahren immer mal wieder ausgebaut worden war. Er verglich jedes auch noch so geringe Detail, um dem Ganzen auf die Spur zu kommen. Es musste sich einfach etwas finden lassen. Viele Stunden vergingen, ehe er einen winzig kleinen Unterschied in einem alten Plan entdeckte. Auf einem neueren Plan war an derselben Stelle des älteren, keine Türe eingezeichnet worden. Auf beiden war allerdings auch kein Raum dahinter verzeichnet, dass dies erklären konnte. Es musste also dort ein Raum existiert haben, sonst hätte wohl kaum jemand an dieser Stelle eine Türe eingezeichnet. Matthew faltete den Plan zusammen und nahm ihn mit ins Wohnzimmer, wo Elisabeth vor dem Kamin saß und las. Als er den Raum betrat, sah sie nur kurz hoch und fragte: „Na, gibt’s neue Erkenntnisse?“ „Das nehme ich mal an“, entgegnete er. „Was heißt das?“ Matthew erzählte ihr, wovon Jonathan berichtet und was er auf dem Plan entdeckt hatte. Sie runzelte die Stirn und sagte: „Und denkst, dass da wirklich ein Raum dahinter ist? Wo sollte denn der sein?“ Matthew überlegte. „Na ja, ich weiß doch jetzt, wo genau die sein soll, und an der Stelle werde ich eben suchen.“ „Na, da bin ich aber mal gespannt“, antwortete sie zweifelnd und zog ihre Augenbrauen hoch. Sie war ja selber oft genug im Haus unterwegs, aber sie konnte sich nicht vorstellen, wo das sein könnte. „Ich will nur vermeiden, dass es jemand sieht, deshalb warte ich, bis alle schlafen gegangen sind, dann fange ich heute noch an“, sagte er leise. „Ok, ist gut, ich gehe heute ohnehin früh ins Bett, ich bin doch schon sehr müde. Man glaubt gar nicht, wie anstrengend so eine Schwangerschaft sein kann.“ „Das glaube ich dir gerne, mein Liebling. Ruh dich nur aus, das ist gut für euch zwei.“ Er schenkte ihr ein Lächeln, strich ihr liebevoll übers Haar und ging zurück in sein Büro.
Als dann endlich im Haus alles still war nachts, machte sich Matthew an die Arbeit. Er nahm den Plan mit und ging in den hinteren Trakt, der an den Garten grenzte. Auf dieser Seite war auch die Tür eingezeichnet. Jetzt musste er nur noch diesen Zugang finden. Er ging durch die hohen Räume, die dort nebeneinanderlagen.
Jede Mauer klopfte er leise ab, um festzustellen, ob dahinter noch ein Raum war. Doch es klang nicht dumpf wie erwartet, sondern immer sehr hell. So kam er nicht weiter. Er holte den Plan hervor und breitete ihn auf dem kleinen Tisch an der Wand aus. Dann verglich er seinen Standort mit dem Plan. „Ach Mist!“, fluchte er leise vor sich hin. Er hatte sich mit dem Raum vertan. Der, den er suchte, lag neben dem, in dem er gerade stand. Er schloss leise die Tür hinter sich den Plan in der Hand und betrat den daneben. Nachdem er, dessen Türe leise hinter sich zugemacht hatte, knipste er das Licht an und sah sich genau um. In diesem kleinen, in allen Ecken mit Spinnweben überzogenen Raum, standen fast keine Möbel. Nur ein alter Schrank an der Wand, dessen Front in Richtung der Türe zeigte, ein kleines, staubiges Tischchen und ein sehr alter Stuhl aus Holz, auf dem ebenfalls eine dicke Staubschicht lag. Dafür war der Boden mit mehreren sehr alten, aber schönen Teppichen ausgelegt worden. Nur ein Bild hing an der Seitenwand. Es musste das Porträt des Barons sein, von dem Jonathan gesprochen hatte. Matthew war das Gesicht auf dem alten Ölgemälde gänzlich unbekannt. Grübelnd nahm der den Plan zur Hand. Hier war keine zweite Tür und es gab auch sichtlich nichts, was darauf hindeutete, dass es je eine gegeben hätte. Er versuchte, den Plan mit dem Raum genau abzugleichen. Missmutig und stirnrunzelnd stand er da und überlegte fieberhaft. Er drehte sich um seine eigene Achse und suchte nach einem kleinen Hinweis. Dabei blieb er mit seinen teuren, genagelten Herrenschuhen am Teppich hängen, und zog ihn unabsichtlich mit, sodass dieser Falten warf und Matthew rücklings stolperte. „Au verdammt!“, schimpfte er mit flüsternder Stimme. „Jetzt falle ich schon über meine eigenen Füße.“ Als er sich aufrappelte und seine Taschenlampe, die er vorsorglich mitgenommen hatte, aufhob, schob er mit dem Fuß den Teppich wieder zurück. Dabei bemerkte er, dass der Teppich an der Unterseite an etwas hängen blieb, und sich nur schwer zurückschieben ließ, an seinen Platz. Das erregte seine Aufmerksamkeit.
Mit beiden Händen zog er den Teppich weg, von seinem Platz in die Mitte des Raumes. Was er dann sah, zeichnete ein strahlendes Lächeln in sein Gesicht. „Ich wusste es doch!“, murmelte er leise. Zu seinen Füßen lag ein Zugang, der nach unten zu führen schien. Die schwarze hölzerne Klappe, war so gut in den Boden eingearbeitet worden, dass man es fast gar nicht bemerkte. Es wirkte eher, als wäre der alte Holzboden einmal unsachgemäß teilweise erneuert worden. Deshalb wusste wohl auch niemand mehr davon. All jene, die vielleicht davon gewusst haben könnten, waren längst verstorben. Und in diese Räume kam so gut wie nie jemand, da man sie schon lange nicht mehr benutzte. Die Räume, die man hauptsächlich nutzte, lagen alle auf der vorderen Seite und in den oberen Stockwerken. Aber hier hatte selbst Matthew nur einen kurzen Blick hineingeworfen, als er den Hof übernommen hatte. Er war auch viel zu klein und zudem unbeheizt, als dass man ihn als Wohnraum hätte nutzen können. Matthew kniete sich auf den Boden und versuchte, die Klappe zu öffnen, was jedoch scheiterte. Sie war gerade einmal so groß, dass ein Mensch von normaler Statur hindurchschlüpfen konnte. Ein Griff war in weiser Voraussicht nicht eingebaut worden, wie man das eigentlich von solchen Bodenklappen üblicherweise kannte. Matthew war sofort klar, dass dieser Zugang durch Magie geschützt war, um jeden unberechtigten Zutritt zu verhindern.
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