Peter J. Gnad - Der Regulator und ich

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Eigentlich ist Hans Maier ein ganz unauffälliger Typ. Er ist Journalist, man kennt ihn, aber dann, man kennt ihn eben doch ganz und gar nicht. Ich bin ja nur sein Freund und Gefährte über die Jahre, sein späterer Mitwisser. Aber das hätte niemand ahnen können, was da im Dunkel schlief… Ich erzähle ja nur, was er mir aufgezwungen hat, es ist eigentlich sein Buch, nicht meines ! Es ist mehr als bemerkenswert, eher schon sensationell, was dieser Hans Maier alles erlebt und daran sein Teil gehabt hat. Mir jagte es, beim Lesen, Schauer über den Rücken. Diese, seine Geschichte musste erzählt werden, so wie er selbst es auch wollte.

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"There are more things

in Heaven and Earth,

than are dream't of

in your Philosophy."

William shakespeare

Verlag: EPUBLI GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-752990-28-7

Copyright by : © 2020, Peter J. Gnad

Umschlaggestaltung, Illustrationen,

Fotos vom Autor selbst

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, ohne Zustimmung des Verlages und des Autors, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Der Regulator

und ich

Roman

von

Peter J. Gnad

Peter J Gnad Bücher Echtes Gulasch Querverkehrt Bin in Afghanistan - фото 1

Peter J. Gnad

Bücher:

"Echtes Gulasch"

"Querverkehrt"

"Bin in Afghanistan"

"Kreiss-Lauf"

"Der Regulator und ich"

I

"Was wäre, wenn ich dir sagte, dass ich ein Mörder bin, was würdest du von mir denken? vielleicht dass ich gar nur ein gemeiner Verbrecher wär' ?"

Mein Gesichtsausdruck musste sowohl Neugierde, als auch Verwirrung widergespiegelt haben, mein Gesprächspartner trug nun ein leicht amüsiertes Lächeln um den Mund, sah mich hintergründig an, so als ob er sich einen Jux machen wollte. So sah er immer aus, wenn er jemand aufs Glatteis führen wollte, ich kannte diesen Gesichtsausdruck – meistens mündete das in eine humoristische Kapriole.

"Du kennst mich zwar besser, als alle Anderen – aber du hast dennoch keine blasse Ahnung und ich denke, das ist auch gut so."

Ich schüttelte den Kopf in schierem Unglauben, das konnte nur ein Scherz sein, ein Wortspiel wahrscheinlich, nicht umsonst war er ein Spezialist in Sachen Sprache. Ich grinste ihn an, meinen alten Freund, der mich in diesem Moment wohl gerade veräppeln wollte.

"Ich mache einen geradezu mörderischen Job…"

"Jajaaa... das weiß ich, gibt es sonst noch irgendetwas Neues ?" - ich blökte amüsiert, lachte ihn geradeheraus an. Der Mann, der diese dann doch so bedeutsamen Worte gesprochen hatte, sah ganz und gar nicht so aus, als ob er seiner Beschreibung gerecht werden könnte. Vielmehr wirkte es schon fast ein wenig lächerlich, ein wenig aufgeblasen, anders als er sich sonst verhielt. Vielleicht war es doch einem Gläschen Rotwein zuviel geschuldet, dass die Zunge seines Freundes sich auf diese Art löste.

Sein Äußeres ähnelte mehr einem unauffälligen Bankbeamten, körperlich von eher kurzem Wuchs, die randlose Brille auf einer Nase, die vollkommen unauffällig inmitten eines Aller-Welt-Gesichtes thronte. Sein Haar schon etwas schütter, die Augen des kleinen Mannes, blassblau und wässrig, traten gar nicht in Erscheinung, waren kaum wahrnehmbar.

Man nahm ihn insgesamt fast nicht wahr, er schien mit seiner Umgebung zu verschmelzen, trat in keinster Weise hervor. Erst die sonore Stimme, deren Volumen nicht aus des Besitzers Brust zu kommen schien, aber volltönend den Raum erfüllte, erweckte Aufmerksamkeit, dann erst sah man ihn und das nicht ohne Erstaunen, denn diese Stimme war wirklich außergewöhnlich. Der kleine Mann wusste um diesen Umstand, sprach gerade deshalb nur mit ganz leiser Stimme. Er wollte um keinen Preis der Welt auffallen oder irgendwie ins Rampenlicht gerückt werden.

"Das ist schlecht für mein 'Geschäft', die Leute sollen mich am Besten ignorieren, mich übersehen, aber dann... am Abend oder am nächsten Morgen gibt’s wieder eine kleine Überraschung. Ich bin dann schon wieder weg, war gar nie da gewesen, niemand hat mich gesehen, gehört oder gar beobachtet."

Ich betrachtete ihn etwas belustigt, nahm seine Aussagen nicht wirklich ernst, hielt alles noch für eine Art ganz persönliches "Jägerlatein". Er war ja nicht gerade ein Märchenerzähler, oder gar ein Aufschneider, aber immerhin doch im Bereich eines Geschichtenerzählers, schon seines Berufes wegen.

Ich kannte ihn schon aus Kindertagen, wir waren zusammen in die gleiche Schule, wenn auch nicht immer in dieselbe Klasse gegangen. Erst später, im Gymnasium hatten wir dann ein Jahr lang die gleiche Bank gedrückt, in der letzten Reihe, lauschten gemeinsam den Ausführungen der Lehrerschaft. Oder besser, wir hatten den Ausführungen eben nicht gelauscht, weshalb ich auch, dementsprechend, nur mäßigen Schulerfolg hatte. Hans war ein Naturtalent, er lernte quasi nebenbei, hatte zwar keine guten Noten, aber das war ihm immer egal, er war nie ein Streber gewesen.

Die Schule war ganz einfach nur eine lästige Pflicht, so wie ein Gefängnis, in dem man immer vormittags einsitzen musste, zur Strafe, dass man geboren worden war. Das Leben bestand aus Sorgen und Ärger, Not und Nötigungen, Flucht und Schleichwegen, auf denen man sich gerade so durchwurstelte, ständig in Gefahr.

Wir hatten uns nie gänzlich aus den Augen verloren, auch nach der Schulzeit nicht. Eine gemeinsame, erste große unerfüllte Liebe, die nur Sehnsucht geblieben war, für uns beide, verband uns schon seit den Tagen, wo man sich vor Aufregung noch in die Hosen gemacht hatte.

Die Holde endete dann später mit einem völligen Versager, in einer Ehe, die nie eine wirkliche Ehe geworden war. Wir lachten herzlich, als wir in späteren Jahren einmal darüber sprachen. Wie überhaupt, wir konnten ganz hervorragend miteinander lachen, verfügten über einen geradezu nah verwandten, schwarzen Humor.

"Jetzt sag mal, mein Lieber, wen willst du denn ermordet haben, wann und wo ?"

Die anderen Gäste in der Kaschemme, in der wir gelandet waren, beäugten uns misstrauisch, wir passten nicht in ihr Bild, sie empfanden uns als Fremdkörper, was wir im prinzip ja auch waren.

Besondere Umstände hatten uns hierher geführt, in diese schmierige Säuferkneipe. "Ich weiß, dass sich das jetzt für deine naiven Hörgewohnheiten etwas absurd anhört… aber ebenso absurderweise ist es wahr – dieser Hans Maier, den du so lange schon kennst, ist ein ganz anderer, als du denkst, der ist nicht nur irgendein harmloser Kommentator der Realitäten, in der Zeitung oder im Fernsehen – der ist nicht nur das, als was ihn die heimische Welt kennt…"

"Aha, und was soll ich mir darunter vorstellen, raubst du vielleicht nächtens, spaßeshalber, Banken aus, oder pflanzt du Bomben in Blumenkästen?"

"Ja, sicher, lach du nur… später wirst du große Augen machen, wenn es soweit ist… Ich habe meine Geschichte aufgeschrieben, minutiös und akribisch. Wenn ich allein in meinem Hotelzimmer sitze, habe ich nichts anderes zu tun, nach getaner Arbeit, wo immer ich gerade bin. Also setze ich mich hin und schreibe alles auf, ich will ja, dass die Welt das vielleicht irgendwann erfährt."

Hans Maier, der kleine Mann, saß mit nun blitzenden Augen neben mir. Er fühlte sich ein bisschen in seiner Ehre gekränkt, missverstanden, so wie früher. Genau deshalb war er so geworden, wie er eben geworden war. Niemand hatte ihm jemals irgendetwas zugetraut, er war immer nur das personifizierte Mauerblümchen gewesen. Auch beim Tanzkurs, immer die gleiche Geschichte.

Die Anderen hatten ihre Arme bereits um die anmutigen Körper der jungen Partnerinnen gelegt, versuchten sich an sie heranzumachen. Er, Hans Maier, saß am Rand, wie auf dem Fußballplatz, oder beim Völkerballspiel - er durfte nie mitmachen. Nicht dass man ihn ablehnte oder nicht mochte, er war, ganz einfach, immer zu klein und zu schwächlich gewesen. Man hatte Angst, ihm wehzutun, er wirkte zerbrechlich, woran auch seine fast durchsichtig scheinende Haut beteiligt war, man scheute sich ihn anzufassen, oder einen Ball auf ihn zu abzuschießen.

Eigentlich mochten ihn die Mitschüler, er war immer hilfsbereit gewesen, wenn jemand im Mathematikunterricht nicht aufgepasst hatte, er erklärte, rechnete, schrieb, kam auch zu Mitschülern nach Hause, wenn es nicht anders ging. Einige verdankten ihm, nur ihm, ihre spätere Abschlussprüfung. Ohne seine Unterstützung, auch unter der Oberfläche, mit Spickzettel oder abschreiben lassen, hätten sie es nicht geschafft. Hans war zwar niemals der Klassenbeste, dafür aber doch immer sehr effektiv gewesen, auch in der Wahl seiner Mittel, auch beim Schummeln, er war immer verlässlich in seinen Leistungen.

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