Ich habe keineAhnung, wie viel Zeit vergangen ist. Es ist noch immer dunkel und ich bin hungrig. Wann wird Tristan das Licht wieder einschalten? Und wann wird er mir etwas zu Essen bringen? Er hat vor mir wehzutun, also wird er mich wohl füttern, mich am Leben erhalten so lange er kann. Es macht keinen Sinn, dass er mich hungern lässt. Ich muss auf die Toilette. Es wird nicht einfach, den Weg zum Klo in der Finsternis zu finden, doch mir scheint keine andere Wahl zu bleiben. Ich stehe auf und beginne mich langsam in die Richtung zu bewegen, wo das Badezimmer ist. Das außer dem Bett keine Möbel im Raum stehen macht es natürlich einfacher, nicht gegen etwas zu rennen. Mit ausgestreckten Händen mache ich einen vorsichtigen Schritt nach dem anderen, bis meine Finger die Wand berühren. Ist das Bad nun rechts oder links von mir? Mein Orientierungssinn sagt, dass ich mich wahrscheinlich rechts vom Bad befinde, also taste ich mich langsam nach links. Tatsächlich erreiche ich nach drei Schritten den Durchgang. Ich taste mich bis zur Toilette vor, und erleichterte Tränen rollen aus meinen Augen, als ich mich auf das blanke Klo setze. Es macht keinen Sinn, sich in meinen Umständen über mangelnde Hygiene aufzuregen. Nachdem ich gepinkelt habe, taste ich mich zum Waschbecken. Ich wasche mir die Hände mit der groben Seife und trinke dann vom Wasserhahn. Vielleicht hilft das Wasser etwas gegen meinen Hunger bis Tristan endlich mit etwas zu Essen kommt.
Es ist nochimmer dunkel und der Hunger tut so weh. Ohne zu wissen, wann es Tag oder Nacht ist und wie viele Stunden vergehen, kann ich unmöglich sagen, wie viel Zeit vergangen ist seit ich in der Dunkelheit aufgewacht bin. Ich beginne zu denken, dass Tristan mich doch verhungern lassen will. Doch das macht wenig Sinn. Warum mich verhungern lassen, wenn er mir doch wehtun will? Dann kommt mir ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn ihm etwas passiert ist? Nicht, dass es mich interessiert, ob es dem Bastard gut oder schlecht geht, ob er lebt oder stirbt, doch wenn er da oben krank im Bett liegt oder gar tot ist, dann bin ich hier für immer gefangen. Niemand wird kommen, um mich heraus zu lassen. Ich habe Wasser, also kann ich nicht verdursten, doch ich werde langsam verhungern. Wie lange überlebt ein Mensch ohne Essen? Die Schmerzen in meinen Eingeweiden sind schon jetzt unerträglich. Ich fühle mich so schwach und kraftlos. Ich schlafe viel, doch das schlafen und erwachen macht mich noch orientierungsloser, was die Zeit angeht. Es können bereits Tage vergangen sein und ich würde es nicht wissen.
Tristan
Madison ist seitdrei Tagen ohne Essen im Dunklen. Sie schläft viel, doch ich weiß dass sie schwach ist und der Hunger schmerzhaft. Sie weint hin und wieder. Sie wird nicht wissen, wie viel Zeit vergangen ist. Die konstante Dunkelheit gibt ihr keine Anhaltspunkte für den Verlauf von Zeit, und wenn man nichts hat, um sich zu beschäftigen, dann kann die Zeit sehr langsam dahin rinnen. Es muss ihr wie eine Ewigkeit vorkommen. Heute bekommt sie eine Chance auf Essen. Doch sie wird sich das Essen erarbeiten müssen. Mein Blick geht zu dem kleinen Käfig mit dem verängstigten Kaninchen. Das ist Madisons Essen. Wenn sie es denn schafft, das Kaninchen einzufangen, zu töten und in der Feuerstelle zuzubereiten. Die meisten meiner Opfer fallen bei diesem Test durch, was bedeutet, dass sie für drei weitere Tage hungern, bis ich ihnen die nächste Chance auf Essen gebe. Etwa sagt mir, dass Madison diesen Test beim ersten Mal bestehen wird. Nun, wir werden sehen. Ich beuge mich über das Schaltpult und betätige einen Schalter. Das Licht in Madisons Zelle geht an.
„Guten Morgen, Beautiful“, sage ich mit einem Lächeln.
Madison
Das Licht gehtan. Meine Augen schmerzen bei der plötzlichen Helligkeit, nachdem ich für wer weiß wie lange im Dunklen leben musste. Ich blinzle, um meine empfindlichen Augen zu schützen. Mein Herz klopft schmerzhaft gegen meine Rippen. Der Hunger ist stetig schlimmer und schmerzhafter geworden, und ich hoffe, dass Tristan mir bald etwas zu Essen bringt. Zumindest bedeutet das Licht, dass er nicht tot ist und ich somit nicht hier fest sitze. In meiner Lage muss man schon für die einfachsten Dinge dankbar sein. Das ist wahrscheinlich auch der Grund für mein Hungern in der Dunkelheit. Tristans Art mir deutlich zu machen, wie sehr mein Leben und somit die einfachsten Dinge die ich stets für selbstverständlich gehalten hab jetzt in seiner Macht liegen.
Es dauert eine Weile, bis die Tür sich endlich öffnet und Tristan in meine Zelle tritt. Ich hasse ihn, und doch bin ich erleichtert ihn zu sehen, denn mein Leben hängt von ihm ab. Erstaunt sehe ich, dass er einen kleinen Drahtkäfig mit einem Kaninchen in der Hand hält. Gesellschaft für mich? Das macht keinen Sinn für mich. Es sollte ihm egal sein, ob ich allein bin oder Gesellschaft habe. Doch wenn er mir wirklich ein Kaninchen als Zellengefährten hier lässt, werde ich mich sicher nicht beschweren. Ich liebe Tiere und ich würde mich nicht so einsam fühlen, wenn ich ein Kaninchen hier hab.
„Was ist das?“, frage ich vorsichtig, als die Tür sich hinter ihm geschlossen hat, und er langsam auf mich zukommt.
„Ein Kaninchen“, erwidert er spöttisch.
„Ja, das sehe ich!“, erwidere ich schnippisch. „Ich meine, für was bringst du mir ein Kaninchen?“
„Dein Essen“, erwidert Tristan mit einem fiesen Grinsen und einem sadistischen Funkeln in seinen Augen.
Ich starre erst ihn und dann das Kaninchen entsetzt an.
„Mein Essen? Du... du willst es hier vor meinen Augen schlachten?“
Er stellt den Käfig auf den Boden und zieht ein Messer aus seinem Gurt. Der Ausdruck in seinen Augen ist von einem solch bösartigen Vergnügen, dass ich ihm mit dem Messer am Liebsten die Kehle durchgeschnitten hätte, wenn ich es denn in meine Hände bekommen könnte.
„Nein, Beautiful. – DU wirst es schlachten.“
Ich stoße ein ungläubiges Keuchen aus bei seinen Worten. Erneut geht mein Blick zu dem Kaninchen. Es schaut verängstigt aus, als wüsste es, was ihm blühte. Dann wende ich meinen Blick Tristan zu. Hass schnürt mir die Kehle zu als ich um Worte ringe.
„Niemals“ sage ich entschlossen.
Tristan zuckt mit den Schultern.
„Wie du willst. Doch es ist dein einziges Essen. Ich bin sicher, nach drei Tagen ohne Nahrung musst du ziemlich hungrig sein.“
Drei Tage? Ich hab drei Tage ohne Essen in der Dunkelheit verbracht?
Tristan bückt sich und öffnet den Käfig, dann schüttelt er ihn ein wenig und das Kaninchen flieht. Sieht so aus, als wenn ich doch noch meinen Zellengenossen bekomme.
„Wie gesagt. Er ist dein einziges Essen. Fange ihn ein, töte ihn und bereite ihn in der Feuerstelle zu, wenn du nicht verhungern willst. Holz ist in der Feuerstelle. Streichhölzer und Messer lasse ich dir bei der Tür. Und denke nicht, dass du das Messer benutzen kannst, um mich anzugreifen. Du wirst damit keinen Erfolg haben, das kann ich dir versprechen. Ich komme zurück, wenn du gegessen hast.“
Mit diesen Worten verschwindet er und lässt wie versprochen ein Messer und eine Schachtel mit Streichhölzern bei der Tür, ehe er aus dem Raum verschwindet. Die Tür schließt sich hinter ihm, und ich starre für eine Weile geschockt vor mich hin. Ich höre das Tapsen des Kaninchens, als es durch meine Zelle rennt, um nach einem Ausgang zu suchen.
„Sorry, Kleiner“, sage ich. „Ich fürchte, es gibt keinen Ausweg aus dieser Zelle. Zumindest keinen solange wir noch leben.“
Und wenn ich leben will, dann musst du sterben , denke ich verzweifelt.
Ich zweifle keine Sekunde daran, dass Tristan es ernst meint. Er wird mir kein Essen bringen. Entweder esse ich meinen süßen Zellengenossen oder ich verhungere. Verdammt! Dieser Bastard. Ich liebe Tiere. Ich bin keine Vegetarierin, doch ein Tier zu töten, um es zu essen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich es kann. Auch wenn der Hunger mich plagt und ich weiß, dass der Hunger nur mit jeder Stunde, die ich nicht esse, schlimmer wird.
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