2.4.2 Multimedial
Um die im Langzeitgedächtnis gespeicherten Repräsentationen vergangener Erlebnisse anhand ihrer multimodalen sensorischen Schlüssel abzurufen, können die auslösenden physikalischen Situationen bzw. Stimulationen entweder aufwendig nachgestellt oder aber mit Hilfe entsprechender Medien reproduziert bzw. simuliert werden. Je nach modalem Sinnesreiz kann der Aufwand hierfür extrem variieren. So ist es wesentlich aufwendiger, z.B. an einem trüben Herbsttag die Erinnerung an den Surf-Kurs im letzten Sommerurlaub anhand eines Indoor-Wellenbads physikalisch nachzustellen, als einfach den Sommerhit aus diesem Urlaub einzuspielen. Auch die Simulation der Wellenbewegungen durch hydraulische Apparate, des salzigen Geschmacks oder des Geruchs des Meerwassers durch abenteuerliche Stimulatoren erscheint ungleich aufwendiger, wenn nicht gar unmöglich.
Auch wenn es mit dem Informatikbereich der Virtuellen Realität und Simulatoren erfolgreiche und aufwendige Ansätze gibt, die multimodalen Reize Sehen, Hören, Fühlen - und in experimentellen Systemen auch Riechen und Schmecken - digital ganzheitlich zu simulieren, so beschränken sich die gängigen Multimedia-Systeme in der Regel auf das Hören und Sehen. Der Aufwand zur Anregung der auditiven und visuellen Sinne durch elektronische Medien ist dabei vergleichsweise gering und hat sich mit der Einführung multimediafähiger Smartphones mittlerweile auf ein Minimum reduziert. Praktisch überall und jederzeit steht uns mit dem Smartphone und dessen Musik-, Foto- und Video-Player ein Simulator auditiver und visueller Retrieval Cues zur Verfügung.
2.4.3 Musik
Wie das oben genannte Beispiel des Abrufs positiver Emotionen durch Erinnerung an den Surf-Kurs im letzten Urlaub anhand des Sommerhits zeigt, ist Musik ein einfacher, effektiver und mächtiger Schlüssel zu Ihren Erinnerungen. Wenn auch nur indirekt mit dem eigentlichen Ereignis verknüpft (im Gegensatz zur direkten Verknüpfung des auditiven Wasserrauschens), erscheint die Verbindung zu den ebenfalls in der Ereignisrepräsentation verankerten Emotionen näher und unmittelbarer.
Dies liegt wohl vor allem an dem, was Musik von einer simplen Aufeinanderfolge auditiver Sinnesreize unterscheidet und zu weit mehr als der Summe ihrer Einzeltöne macht. Die Komposition von Musik ist bereits ein emotionaler Akt und findet den unmittelbaren Zugang zu den Emotionen der Zuhörer ohne aufwendige kognitive Transferleistungen. Die Musik kann somit - losgelöst von weiteren äußeren Reizen und Ereignissen - eigenständig Emotionen hervorrufen, mit allen oben beschriebenen physiologischen Begleiterscheinungen. Damit kann Musik selbst zu einem emotionalen Erlebnis werden, an das wir uns erinnern und das wir abrufen können.
Musik scheint in vielerlei Hinsicht prädestiniert als Retrieval Cue für Emotionen zu sein. Dies wird auch im Zusammenspiel mit einem weiteren Medium deutlich, dem Spielfilm. Obwohl dieser primär ein visuelles Ereignis zu sein scheint, funktioniert ein Film ohne auditive Reize nur sehr bedingt. So ist der Ton einerseits für das inhaltliche Verständnis der Dialoge und die akustische Kulisse relevant, aber ohne passende Filmmusik wird die Dramaturgie zu einer eher intellektuellen Interpretation. Mit der Filmmusik werden Gefühle der Zuschauer gesteuert, werden Spannung, Begeisterung und Tragik erzeugt. Die Relevanz der Musik für das Filmerlebnis können Sie leicht ausprobieren: schalten Sie bei einem Drama oder einem Horrorfilm einfach mal den Ton aus. Nicht zu vergessen, dass der Stummfilm ausschließlich von Musik begleitet wurde und ebenfalls seine Zuschauer fand.
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