Das haben Sie vielleicht schon einmal erlebt und können daher mitreden: Beim Camping im dichten Zelt oder im Wohnwagen - besonders bei kühlem Außenklima. Nun gut: Im Urlaub haut uns das nicht um!
Ein Arbeitskollege aber erlebte das - tagaus tagein - sogar in seiner eigenen Wohnung: Er hatte sich ein hübsches Häuschen aus Holz gebaut. Und weil er fand, dass OSB-Platten so gut aussähen, bestanden Innenwände, Zimmer-Böden und -Decken ausschließlich aus diesen Platten. Regale und die Einbaumöbel auch. War ja aus Holz! Und Holz "atmet" ja und ist ja so "gesund"!
Pustekuchen!
OSB-Platten bestehen zwar aus Holzschnipseln und -Streifen. Die sind aber unter hohem Druck mit Kunstharz (PUR) miteinander verleimt. Dieses Holzabfallprodukt ist derart harzversiegelt, dass es (praktisch) keine Feuchte mehr zwischenspeichert - im Gegensatz zu natürlichem Holz.
Mein Arbeitskollege hatte sich also ein Häuschen wie eine Plastiktüte gebaut: Wenn er und seine Frau morgens aufwachten - auch wenn "Ruhezustand" geherrscht hatte -, lief das Wasser von den Wänden. Und alle Textilien fühlten sich klamm an. Wie im Zelt!
In "normal" ausgestatteten Wohnräumen tritt dieser Effekt allerdings erst nach längerer Zeit des Nicht- oder Zu-Wenig-Lüftens auf: Wände, Decken, Böden und Einrichtung können beachtliche Wassermassen zwischenspeichern bis es schließlich doch 'so weit ist': Klamm, muffiger Geruch, Wohnschimmel.
Auf den Punkt gebracht:
Wasser, das wir beim Schlafen ausatmen und über die Haut abgeben, ist beim Aufstehen und Weggehen nicht auch "weg": Es muss über ausreichenden Luftwechsel aus dem Schlafzimmer entfernt werden. Sonst bleibt's drin. Wird mehr Nacht für Nacht. Verbrüdert sich schließlich mit Milben, Schimmel & Co.
"Ja ... und nun?"
Um das "Schlafwasser" wieder herauszubekommen, müssen Sie die Schlafzimmerluft austauschen. Bei Außentemperaturen von 10 °C und Außenfeuchten von 50 % beispielsweise mindestens 3 x täglich. Und das kriegen Sie auch während der kalten Jahreszeit z.B. durch Kippen der Fensterflügel garantiert nicht hin.
Meinen Eid darauf!
Sie müssen Querlüften - 5 bis 10 Minuten. Zumindest nach dem Aufstehen und vor dem Schlafen. Den Rest besorgt die "natürliche" Undichtigkeit Ihrer Wohnung. Und der Luftaustausch beim Raus- und Reingehen. Wenn Sie Glück haben.
P.S.: Leben Sie in einem nicht sanierten Altbau mit undichten Fenster und Türen von Anno Dazumal, dann findet der Luftwechsel weitgehend ganz von alleine statt. Und Sie brauchen nichts zu tun außer Aufstehen und Weggehen. Gut. Es muffelt ein wenig nach Ihnen. Und die Heizkosten erreichen die Höhe der Kaltmiete - aber für diesen Preis müssen Sie über Ihr Wohnverhalten weder nachdenken noch es verändern!
(*) Zum Nachrechnen:
Das Schlafzimmer hat eine Grundfläche von 12 m² und eine Raumhöhe von 2.40 m, entsprechend einem Raumvolumen von 28.8 m³. Auf dieses Volumen verteilen sich die 500 g (0.5 l) Wasser, entsprechend 17.4 g Wasser / m³. Schauen Sie nun in der "Umrechnungstabelle von relativer auf absolute Luftfeuchte" nach: Bei 17 °C genügen bereits 14.3 g Wasser / m³ für eine rel. Luftfeuchte von 100 % . Die Luft kann dann - temperaturbedingt - kein Wasser mehr aufnehmen. Die Folge: Es wird feucht und klamm im Zimmer.
Wer weiter das Thema vertiefen will, lese auch die "Erläuterungen" zu dieser Geschichte im Anhang.
Jeden Tag einen Eimer Wasser
In der Geschichte von der nassen Nacht haben wir erfahren, dass wir bereits im Schlaf recht gute Raumluftbefeuchter sind. Und wie sieht das nun über den ganzen Tag verteilt aus? Im Mittel geben wir täglich 2.5 Liter Wasser an unsere Umgebungsluft ab: Bei einer Familie mit 4 Personen wären das ca. 10 Liter - lt. Umweltbundesamt (UBA).
Ein ganzer Eimer voll.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Eimer Wasser verschüttet. Wie oft - schätzen Sie - müssten Sie mit dem Aufnehmer wischen, um das Wasser wieder wegzubekommen? Ca. 50 mal! Und da soll ein ein- bis zweimaliges Stoßlüften ( 1 bis 5 Minuten) je Tag reichen? Das nämlich meinte ein Gericht.
Den Kampf gegen die Physik verlieren Sie!
(Für Richter - nebenbei bemerkt - ist Physik nicht Pflichtfach. Richtersprüche müssen daher nicht unbedingt auch noch mit der Realität zu tun haben!)
Halten Sie sich Folgendes vor Augen: Wenn Sie die Luft Ihrer Wohnung von 80 m² vollständig gegen 10 °C (50 % rel. Feuchte) kalte Außenluft austauschen, sie die nächsten 60 Minuten auf 20 °C (50 %) aufwärmen und dann wieder rauslüften, sind Sie noch nicht einmal einen schlappen Liter Wasser los (*)!
Wer also behauptet, ein- bis zwei-mal Stoßlüften am Tag reiche, ist daher nicht von dieser Welt. Oder er ist der Zauberer David Copperfield: Der lässt auch stets etwas entgegen den Gesetzen der Physik verschwinden! Vielleicht war ja der besagte Richter David Copperfield-Fan?
Das wär' die Lösung!
(*) Zum Nachrechnen:
Eine Wohnung von 80 m² und einer Raumhöhe von 2.4 m hat ein Volumen von 192 m³. Schlagen Sie nun in der "Umrechnungstabelle von relativer auf absolute Luftfeuchte" nach: Die Außenluft von 10 °C ist mit 9.4 g Wasser / m³ zu 100 % gesättigt - bei 50 % wäre dies die Hälfte: 4.7 g / m³ Bei 20 °C kann Luft maximal 17.2 g Wasser / m³ aufnehmen - bei 50 % sind dies 8.6 g Wasser / m³. Die Differenz zwischen 8.6 g / m³ und 4.7 g / m³ beträgt 3.9 g / m³. Bezogen auf das Wohnungsvolumen von 192 m³ entspricht dies 749 g Wasser - weit weniger als 1 Liter!
Die Geschichte vom Sommer, der ins Wasser fiel
Unser Klima soll zwar wärmer werden, aber "gefühlt" fand ich die letzten Sommer eher kühl und nass. Aber vielleicht verbraucht ja das schmelzende Eis der Polkappen derzeit die Energie der Erwärmung.
Wie dem auch sei:
Bei kühlen und nassen Sommern können wir uns durch Lüften das Wasser literweise ins Haus holen.
Kann denn Lüften Sünde sein?
Oh ja!
Hier die Geschichte dazu:
Trotz des Sommers ist die ganze Bude klamm und die Hausfrau verzweifelt - ob des sich ausbreitenden Duftes wie Champignonzucht: "Ich kann's nicht schuld sein wegen Lüften: sobald es mittags draußen ein bisschen warm ist, stehen bei mir Fenster und Türen weit offen!" Eben! Was ist geschehen? Nehmen Sie an, in den letzten Juniwochen war es draußen 14 °C kalt und verregnet. Plötzlich springt das Klima um: Morgens und abends noch kalt, aber ab Mittag "satte" 21 °C draußen! Und ein bisschen unangenehm wegen der 80 % rel. Luftfeuchte. Das bleibt so ein paar Tage.
Mittags machen Sie für ein paar Stunden alle Luken auf, um sich das bisschen Wärme ins klamme Haus zu holen.
Und den Schimmel.
Sie haben es geschafft: Sie haben sich nassgelüftet. Bei Außentemperaturen von 25 °C hätten Sie es bereits bei 65 % rel. Feuchte geschafft! Was ist geschehen? Die Oberflächen Ihrer Wohnungswände waren noch wie vorher draußen 17 °C kalt. Die 21 °C warme Außenluft, die Sie durch Lüften mittags hereingeholt hatten, war so feucht, dass an etlichen Wandoberflächen Wasser kondensierte (*). Das hat dann der Schimmel vor Ihnen gemerkt und sich häuslich niedergelassen.
Sollten Sie in einem Altbau mit im Keller offen verlegten Wasserleitungen wohnen / gewohnt haben, könnten Sie den Effekt bereits kennen: Im Sommer - meist vor Eintreffen von Hitzegewittern - tropfte es von den Kaltwasserleitungen. Die feucht-warme Luft, die vor der Gewitterfront herzog gab einen Teil ihres Wassers an die kälteren Wasserleitungen ab - Taupunkt erreicht!
Was ist zu tun?
Wenn Ihre Wohnung (bereits oder noch winter-) kalte Außenwände hat und draußen warme und feuchte Luft vorherrscht - das ist im Spätherbst und im Spätfrühling oft der Fall - dürfen Sie nicht nach Gutdünken lüften! Lüftungen sind dann nur abends, nachts und morgens erlaubt - immer dann wenn es draußen kalt und evtl. betaut ist. Tagsüber lüften Sie gar nicht oder so wenig und kurz wie möglich, bzw. nötig. Sonst taut's statt draußen auf dem Vorgartenrasen drinnen an Ihren Wänden!
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