Schon etwas, etwas besser geht es mir jetzt nach diesem Schreiben und loslassen dessen, was mir mein Leben schwer machte, was durch meine Finger aufs Papier aus mir raus fließt.
Es fühlt sich schon etwas leichter an, leichter, ich fühle mich freier, wirklich, wahrhaftig freier und immer mehr und mehr und kann ich wieder die Melodie des Frühlings in mir vernehmen, aufnehmen, hören, dafür empfänglich und offen sein...immer mehr erfüllt sie wieder mein Herz und mein Wesen und lässt es ganz langsam, ganz behutsam aufblühen, noch vorsichtig, erst noch vorsichtig dem Licht entgegen, aus dem Schatten entwachsen, dem Schatten entwichen, dem Licht zugewandt...
Ich glaube, ich habe durchs Schreiben, weg- und freischreiben wieder einen Anker ausgeworfen im Hier und Jetzt und kann es langsam wieder wahrnehmen und alles was mich belastet, fließt raus aus mir, ist nicht mehr so präsent und wichtig, so wichtig, wie die Gegenwart, wie die schöne Gegenwart in ihrem Kleid, das sich immer mehr und mehr lichtet und zu leuchten, zu strahlen und glänzen, duften und schmecken beginnt, zu singen und klingen, um mich mit einzustimmen...mit diesem Moment, nur noch er, er ist wichtig, wie die Sonne, die über mir mit ihrem klargewaschenen Blau in die Welt hinein strahlt und mich mitten im Herzen erreicht und trifft, wieder antrifft und zu mir aufbricht und meinen Kummer aufbricht und einfach auslischt und mich mitten zurück in den Frühling schickt, und mich von all seinen Offenbarungen kosten lässt...
Und nur langsam komme ich zurück zu all der Pracht und Verheißung, zurück zu mir, zurück zu mir selbst und ich schreibe, ich befreie mich, ich heile mich Wort für Wort und Kummer für Kummerfallend hinein ins Herz des Frühlings, wieder bei mir selbst ankommend, im Weltenherz Platz genommen...ich höre die vielen, vielen Vögel, ihr Konzert für mich, das mich empfängt, ich kann wieder lächeln und sehen und teilnehmen und mich erfreuen, die bunte Blütenpracht bewundern, bestaunen und mich daran glücklich und satt sehen...
Der Schmerz, der Kummer, sie liefen aus, raus aus meinen Fingern, durchs Schreiben, sie liefen aus mir raus...und sie bleiben nur noch als Erinnerung zurück, aber nicht mehr schmerzend, mich mitten ins Herz treffend, sie sind entwichen, aufs Papier gebannt...aus meinen Gedanken, sie belasten mich für diesen Moment nicht mehr, sie haben jetzt in diesem Moment keine Kraft mehr, keine Macht mehr, jetzt ist jetzt und das Bild dieses Momentes um mich herum, es lockt mich, die Welt in mein Herz und mein Blick hineinzulassen, sich in mein Wesen zu setzen und es zum stillen Beten, Anbeten, Singen und Klingen und Miteinschwingen zu bringen...Es blüht die ganze Welt und ihr Weltengesang und ihr Mittags- Glockenklang stimmen in meine eigene innere Harmonie mit ein, stimmen diesen meinen Moment von Frühling und Leuchten und Dankbarkeit ein.
Nur das ist jetzt wichtig.
Ich lebe, ich bin in mir und diesem Moment angekommen, in dieser Welt, in ihrer Magie, in diesem heiligen Moment, ich bin glücklich und kann wieder die Flügel ganz vorsichtig und langsam, die Flügel meiner Seele, aufspannen und mich schon von der nächsten Frühlingswindwoge ins Paradies tragen lassen, hinein in die Heiligkeit dieses Moments dieser Momentmagie, dieser Frühlingsoffenbarung, dieser wundervollen Erfüllung und Erleuchtung und Heilung meinerselbst.
Jetzt weiß ich wieder, was Leben ist, was Dasein ist, wie das Leben schmeckt und grüßt und lockt und wie eine Medizin wirkt, jetzt ist wieder alles klar, alles da, alles Lebens- und Lichtüberfüllt, angefüllt mit dem süßesten, köstlichsten Lebensnektar. Nun, nun geht wieder alles, alles weiter, nun fließt es weiter...mein Leben im Fluss...
Und ich treibe obenauf den Wellen, die ich steuere, die ich durch jedes Hindernis navigiere, ich allein lenke mein Boot auf den Wellen meines Lebens, auf den Fluss, auf den ich treibe...ich allein...bin für mich, für diesen Fluss, dieses Leben verantwortlich und ja, jetzt erst jetzt fühlt es sich wieder gut an, stimmig, erst jetzt spüre ich wieder meine eigene Kraft die Ruder, das Steuer zu übernehmen und meine eigene Richtung zu wählen...
Nun habe ich mich wieder, nun lebe ich wieder richtig und danke mir selbst dafür, diese Entscheidung getroffen zu haben, diese Entscheidung, mich selbst trotz des Kummers ertragen und ausgehalten zu haben und einfach nur drauf los zu schreiben und diese Wunderzutat Schreiben einfach machen zu lassen, sich entfalten und wirken zulassen, wie sie es für richtig hält...
Sie allein hat mich befreit, sie allein hat dafür gesorgt, dass ich es mir von der Seele schreibe, es, was auch immer es sein soll, sie ließ mich nicht fallen, sie ließ mich bei mir selbst ankommen und mich einfach drauf los schreiben, wieder und wieder und einfach drauf los, alles von mir im Fluss des Lebens eintauchend, und das Leben in seinen heiligen sich mir offenbarenden Momenten in mich überfließen zu lassen und es über diese Worte und Zeilen hier in die Welt zu entlassen...
Egal ob lichtvolle Momente oder leidvolle Momente, das Leben sucht sich seinen Weg, das Schreiben sucht sich seinen Weg, und ich, ich lasse es gewähren und sie erzählen so viel Welt, so viel Welt...
Kapitel 2 - Leergelebt
Sie ist von der Welt verschwunden, die Sonne mit ihrem Licht, mit ihren Farben, mit ihrem Locken, mit ihrem Leben.
Ich sehe die Welt und doch ist sie so lichtleer und entfremdet, leblos, grau in grau, in Farblosigkeit, Trostlosigkeit getaucht und Tristes.
Die Welt scheint den Atem des Lebendigen anzuhalten...nichts scheint mehr zu zirkulieren, alles ist auf Stillstand eingestellt, alles lebt am wirklichen Leben vorbei, an der Lebenslust, die Welt zu genießen, zu feiern, die Welt dort draußen zu besuchen…
Sie lockt mich nicht, sie ist nur eine lustlose graue Leinwand, die sich vor meinem Fenster aufspannt, ohne ein kleinen Hauch von Neugier, der durch nur einen Farbkleckser meine Aufmerksamkeit hervorrufen könnte…
Sie lockt mich nicht, ich sehe sie auch nicht…sie ist unsichtbar…ohne dass mein Blick irgendwo haften bleiben würde, ohne dass meine Sehnsucht irgendwo ein Aufblühen meiner Seele erlauben würde…
Sie ist einfach da und spannt sich auf, spannt sich meine Welt ausmachend bis zum nächsten Frühling auf, ohne dem Hier und Jetzt und Heute einen Abglanz von Herrlichkeit, von Lebendigkeit, von Fröhlichkeit, von Farbenüberschwang oder irgendeiner Bewunderung zu verleihen, zu übermitteln…
Es scheint gerade so, als ob die Farben der Welt ausgelaufen sind…sie scheinen aus den vergangenen Hochzeiten des Frühlings, Sommers und Herbstes nicht mehr verfügbar zu sein, sie scheinen mit den Tagen und schönen Momenten, die vergingen, auch gegangen zu sein, ausgegangen, ausgelaufen und nicht mehr verfügbar für dieses Winterloch, diese lustlos grau- unsichtbare Leinwand, die die Welt auszumachen scheint…
Die Farbtiegel der Welt sind leer gelebt von all den wundervoll vergangenen Momenten voller Farbengewalt und Farbenglanz, die jetzt nur noch als Erinnerungsabbild in den Herzen und Seelen der Menschen fortbestehen und weiterleben...
Doch die Farbtiegel der Welt sind leergelebt und ausgelaufen. Sie sind von der Welt über die Augen in die Menschen hineingelaufen, die Farben des Lebens...und nun schlafen sie, regenerieren sich, erholen sich aber können das Hier und Jetzt, diese Winterloch- Tage- Leinwand einfach nicht anmalen, verzaubern, berauschend verschönern.
Ja, es ist leblos um mich herum, grau, lustlos, trist, leergelebt, wie ein Stillstand, wie eine Glocke, die über diese Welt gestülpt wurde, wie ein Atemstillstand, ohne jeden Hauch von Lebendigkeit…
Ja, die Tage scheinen nahtlos ineinander überzugehen, zu fließen, ohne, dass sich das Gestern vom Heute unterscheidet…
Die Welt feiert sich nicht, die Welt hat sich selbst den Rücken zugedreht und verweilt nur noch in einem Dämmerzustand, nur noch in einem Zustand von Ausharren, von Warten auf Etwas…
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