Er griff ihr unter die Arme und half ihr hoch. Allerdings nicht so wie sie dachte, um sie in ihr Bett zu legen.
Er half ihr hoch um sie zum Wasserfall zu bringen und ihren Kopf mehrmals in das kalte Wasser zu tauchen.
Ihre Haare trieften vor lauter Wasser und hingen ihr ins Gesicht, aber sie fühlte sich besser. Nachdem sie sich angekleidet hatte, brachte er ihr das Reiten bei.
Aber nicht nur das. Die lernte auch, wie man während des Ritts mit dem Bogen schießt und wie man ein Pferd richtig pflegt. Zu guter Letzt brachte er ihr bei, wie man ohne Proviant und andere Hilfsmittel in der freien Natur überlebt.
Nach diesem sehr anstrengenden Tag fiel sie müde in ihr Bett und fand schnell einen guten und tiefen Schlaf.
20. Leichte Sonnenstrahlen fielen durch das Wolkendach und kitzelten Maya an der Nase.
Sie gähnte und streckte sich ausgiebig, bevor sie aus dem Bett stieg. Als sie den Schrank öffnete, befand sich kein übliches weißes Kleidchen mehr darin. Dieses Mal wartete ein dunkelgrünes, langes Kleid auf sie. Der Stoff über der Brust und auch Teile der Ärmel bestanden aus weißem Stoff. Ein paar Elemente waren noch in dunkelbraunem Leder gehalten, aber größtenteils war das Kleid aus dunkelgrünem Leinenstoff genäht. Als sie es aus dem Schrank holte, fand sie auch noch zwei braune Lederstiefel und einen kleinen Lederbeutel im Schrank.
Sie zog das Kleid an, band sich den kleinen Beutel, der an einem Gürtel befestigt war, um die Taille und schnürte sich die Stiefel zu. Als sie vor dem Spiegel stand und ihre Haare kämmte, bemerkte sie wie fraulich sich ihr Körper verändert hatte. Sie war mittlerweile auf eine Größe von 1,70 m gewachsen und hatte dementsprechend große Brüste, die aber gut zu ihrer schlanken Silhouette passten. Sie streichelte über ihre weiche, olivbraune Haut und fand sich eigentlich ganz hübsch. Allerdings wünschte sie sich etwas Wimperntusche um ihre ohnehin schwarzen, langen Wimpern noch etwas mehr zur Geltung zu bringen. Ihre Mutter hatte sie zu Karneval immer mit Wimperntusche geschminkt. Langsam ließ sie sich in den Ohrensessel, der neben dem Kristalltisch stand, sinken und dachte über ihre Mutter nach. Wo sie sich jetzt wohl befand? War sie tot oder wurde sie damals nur entführt?
Ihre Mutter wäre bestimmt stolz auf sie gewesen, wenn sie sehen könnte zu welcher hübschen, jungen Dame sie geworden war. Maya seufzte und eine dicke Träne lief aus ihren hellblauen Augen über ihre zierlichen Wangen.
Als sie den Korridor betrat, hatte Sarah scheinbar schon gefrühstückt, denn sie stand bereits vor der Kristallkugel und war gerade dabei ein paar durstigen Tieren erfrischenden Regen zu schicken. Maya bewunderte die Hingabe ihrer Freundin, wie sie den ganzen Tag lang vor dieser Kugel stand um den Wesen dort Hilfe zu spenden.
Eine schöne Sache aber Maya war eher der aktive Typ. Es machte ihr mehr Spaß, mit ganzem Körpereinsatz für eine Sache zu kämpfen. In diesem Punkt war sie ein kleiner Wildfang.
Als Sarah ihr den Kopf zuwandte um ihr einen guten Morgen zu wünschte, strahlte sie eine unglaubliche Harmonie und Ruhe aus. Auch sie war erwachsen geworden und hatte sich zu einer geduldigen, liebevollen und warmherzigen Frau entwickelt, die mit Eifer und viel Herz ihre anvertrauten Aufgaben erledigte.
In ihrem weinrotem Kleid und den langen, leicht gelocktem goldblondem Haar, erinnerte sie Maya an Helena von Troja. Maya ging in die Küche und setzte sich zum Frühstücken an den Tisch. Als sie damit fertig war rief Cerridwen zur Versammlung beim Wasserfall. Als die Frauen dort ankamen, wartete schon Siran auf sie.
In seinen Händen hielt er die Zügel zu zwei Pferden, die am Rücken einige Lederbündel trugen. Eines davon war die schwarze Stute Ophelia, deren Zügel er Maya in die Hand drückte. Außerdem händigte er ihr einen Köcher mit neuen, scharfen Pfeilen und einen ebenfalls neuen Bogen aus. Maya testete gleich ein paar Schüsse und freute sich über ihren Erfolg. Den restlichen Tag verbrachten sie gemeinsam am Wasserfall. Sie schwammen im kühlen Wasser, fingen Fische und brieten sie über einem selbstgebastelten Lagerfeuer. Sie aßen frisches, von Cerridwen gebackenes Brot und bunte Früchte und hatten eine schöne Zeit miteinander. Als sich die Mittagssonne geneigt hatte und es nicht mehr so heiß war, ging die Hüterin ins Häuschen und die beiden jungen Frauen folgten ihr.
Siran füllte noch frisches, klares Quellwasser in zwei Wasserbeutel, nahm die Pferde und ging ebenfalls ins Haus.
Als sie alle vor dem Portal versammelt waren, sprach Cerridwen ruhig: „Es ist an der Zeit Abschied zu nehmen.“ Sie hatte einige Beutel mit Proviant gefüllt, die Siran auf die Rücken der Pferde band. Außerdem übergab sie dem Waldelf noch ein paar Bündel, die er ebenfalls an den Satteln befestigte.
Cerridwen ging langsam auf Maya zu und übergab ihr ein kleines Fläschchen, welches mit einer gelblichen Flüssigkeit gefüllt war.
„Das ist ein Heiltrank, der viele Wunden heilt, nur nicht das Herz“, sagte sie und zwinkerte der jungen Frau zu.
Danach erinnerte sie Maya an das kleine, lederne Päckchen, das sie zu ihrem 20. Geburtstag auspacken sollte.
Maya lief schnell in ihr Zimmer zurück um es zu holen. Gespannt öffnete sie den Lederumschlag, in dem das Geschenk verpackt war. Verdutzt hielt sie eine knallrote Erdbeere in ihrer Hand. „Eine ERDBEERE? Ernsthaft?“, fragte Maya erstaunt und fühlte sich ein bisschen veräppelt.
Cerridwen grinste und sagte: „Lass sie dir schmecken.“
„Warum darf ich die erst heute essen? Es ist doch nur eine Erdbeere. Sie hätte faulen können!“, sagte Maya und wollte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken lassen. Allerdings war das so offensichtlich, dass es Cerridwen natürlich nicht verborgen blieb.
„Das ist keine gewöhnliche Erdbeere. Das ist eine astorianische Wandelerdbeere“, sprach sie beruhigend.
„EINE WANDELERDBEERE?!“, stieß Maya hervor. „Schmeckt die anders als eine normale Erdbeere?“
„Wenn du sie isst, verwandelt sie dich teilweise in eine Astorianerin. Das bedeutet, du bekommst in Astorien keine Periode mehr. Als Mensch hättest du sie dort auch bekommen. Mit Periode würde der Weg, der vor dir liegt, ziemlich beschwerlich werden. Außerdem hilft sie dir, dich den Gepflogenheiten und der Sprache des Landes anzupassen“ antwortete Cerridwen. Maya steckte sich die Erdbeere in den Mund und aß sie neugierig auf. Sie schmeckte wie eine normale Erdbeere aber Maya fühlte, wie ihr Körper von einer warmen Welle durchzogen wurde.
„Bin ich jetzt eine Astorianerin?“, fragte sie kichernd.
„Leider ist es nicht möglich dich mit einer Wandelerdbeere zu einer ganzen Astorianerin machen. Du bist immer noch zur Hälfte Mensch. Zu einer ganzen Astorianerin kann dich nur die Elfenprinzessin ernennen aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg“, sprach die Hüterin.
Sie umarmte Maya und drückte sie liebevoll an sich.
Danach deutete sie auf das Portal.
„Was ist mit mir?“, fragte Sarah.
„Für dich gibt es jenseits des Portals keine Aufgabe zu erfüllen“, antwortete die alte Hüterin.
„Für dich ist der Tag der Entscheidung gekommen.
Entweder du bleibst hier bei mir oder du kehrst als erwachsene Frau zurück in deine Welt. Dort wird es dir möglich sein, ein neues Leben in einem Land deiner Wünsche zu leben. Du könntest dich verlieben, eine Familie gründen, ein Haus bauen, neue Freunde finden und viele Situationen erleben, die dein Leben glücklich gestalten würden.“
„Das klingt sehr schön“, sagte Sarah. „Aber ich entscheide mich dafür hier zu bleiben. In meiner Welt wartet keine Familie mehr auf mich und ich habe niemanden, den ich dort vermisse. Dich jedoch würde ich sehr vermissen.“
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