Nach den Checklisten wird der Start vorbereitet und alle Punkte akribisch abgearbeitet. Der Flug kann beginnen. Die Landeklappen sind auf Startposition ausgefahren.
Dann heißt es: „Take-off!“
Die Schubhebel werden auf Startleistung nach vorne geschoben und mit einer erstaunlichen Beschleunigung rollt die Maschine los. Immer schneller geht es voran. Ich werde in den Sitz gepresst. Der Mittelstreifen der Bahn jagt immer schneller unter uns durch. Der Co Pilot sagt seinem Kapitän die Geschwindigkeiten an:
„100 Knoten.“ Der Kapitän schaut auf seinen Fahrtmesser und bestätigt:
„100 Knoten.“ Beide Fahrtmesser gehen genau.
„Rotieren.“ höre ich Paul ansagen.
Ich weiß, ab dieser Ansage kann man abheben. Horst zieht am Steuerhorn, die Maschine hebt die Nase und geht in den Steigflug. Mein Magen hebt sich, ich spüre wie wir abheben, wir fliegen. Paul, fährt das Fahrwerk ein. Man hört es an einem leichten Rumpeln.
Noch während des einfahren meldet sich die Flugsicherung und teilt mit, dass irrtümlich ein Transplantat in unserer Maschine nicht nach Köln sondern nach Hamburg gebracht werden muss.
Erster Stress. Noch beschäftigt mit dem Steigflug muss sich die Crew auf eine sofortige Landung vorbereiten. Von der Flugsicherung geleitet und über Funk mit allen Daten für die Landung versorgt, gehen Horst und Paul in eine Platzrunde und bringen das Flugzeug mit einer sauberen Landung sicher auf den Boden zurück.
Herr Melzer setzt das Flugzeug erneut auf Startposition. Zweiter Startversuch zum Flug nach Köln.
„Take-off!“
Wieder gibt Horst Power auf die Triebwerke und ich spüre wieder, wie ich in den Sitz gepresst werde.
Kurz darauf, das Flugzeug hatte schon fast seine Abhebegeschwindigkeit erreicht, ertönt ein scharfer lauter Knall, die Maschine fängt fürchterlich an zu rumpeln und zu rütteln. Gleichzeitig sackt sie leicht nach vorne ein. Die Piloten reagieren sofort mit einem Startabbruch und bringen die Maschine vor dem Ende der Landebahn zum Stillstand.
Als das Flugzeug steht, sehen die beiden ratlos zum Prüfungskapitän.
„Was war das?“
„Das Bugrad ist geplatzt und größere Teile des Gummis sind in das rechte Triebwerk geflogen“
Herr Melzer klärt unsere zwei Piloten auf. Das hatten die beiden auf ihren Simulationsflügen noch nicht erlebt. Prima reagiert und im Ernstfall wohl einen Unfall verhindert.
Auf alle mögliche, auch außergewöhnliche Vorkomnisse werden die beiden trainiert und vorbereitet, damit sie auch mit Situationen zurecht kommen, die sie während ihres Berufslebens als Pilot wahrscheinlich nie erleben werden.
Erneuter Start. Die Maschine rast die Piste entlang. Die Sichtweite wurde noch stärker eingeschränkt, es ist neblig und man sieht die unterbrochenen Mittelstreifen (wie auf der Autobahn) nur beschränkt weit. Die Streifen jagen immer schneller unter dem Flugzeug durch. Das verstärkt noch den Eindruck der Geschwindigkeit.
Dieses Mal geht alles glatt. Die Maschine steigt auf ihre Reiseflughöhe. Landeklappen und Fahrwerk sind längst eingefahren. Mit der Flugsicherung hat der Co-Pilot regen Sprechfunkverkehr. Flughöhe und Flugroute werden ihm durchgesagt. Der Autopilot ist eingeschaltet.
Plötzlich Alarm! Eine Warnlampe geht an und es ertönt ein Signal. Eine Kraftstoffpumpe ist ausgefallen. Schnell, aber nicht zu schnell muss die Leistung des Triebwerks das von der Pumpe versorgt wird gedrosselt werden. Bei zu schneller Leistungsreduzierung könnte das Triebwerk ausgehen. Ich weiß heute nicht mehr genau was Paul tun musste um das Triebwerk weiterhin mit Kraftstoff zu versorgen. Ich glaube der Kraftstoff floss in natürlichem Gefälle von dem höher liegenden Tank in den Tragflächen zum Triebwerk. Er hat auf alle Fälle alles richtig gemacht, das Triebwerk läuft mit verminderter Leistung.
Erneuter Alarm! Das Triebwerk brennt. Nach der Checkliste werden alle nacheinander zu tätigen Schritte durchgeführt um das Feuer zu löschen. Das gelingt. Das Triebwerk wird abgestellt!
Das Problem ist nun das Flugzeug mit einem Triebwerk weiter nach Köln zu fliegen und dort mit der havarierten Maschine zu landen. Alles bei neblischer, stark verminderter Sicht, weil damit auch der Instrumenten Blindflug geübt wird.
Als wäre das ausgefallene Triebwerk nicht genug, hat der Checker noch einen kräftigen Seitenwind für die Landung programmiert. Man merkt, Horst und Paul stehen unter Hochspannung. Trotzdem bleiben sie nach außen hin sehr ruhig und schaffen eine perfekte Landung in Köln. Alle Situationen werden noch einmal mit dem Prüfer besprochen, er hat aber keine Fehler bei den beiden Piloten entdeckt.
Der Pilotentest geht weiter. Es folgt ein Start und eine Landung nach der anderen. Immer gibt es Besonderheiten die bewältigt werden müssen. Bei einem Start versagte während des Abhebens ein Triebwerk. Ein schwieriger Steigflug mit verringerter Triebwerksleistung erforderte das ganze Können der Piloten. Trotz starkem Seitenwind gelang eine gekonnte, sichere Landung mit der havarierten Maschine. Kein Flug erfolgt normal. Nach der letzten Landung ergreift Prüfkapitän Melzer das Wort:
„Meine Herrn, Sie haben diesen Test hervorragend bestanden. Mit Ihren Leistungen bin ich sehr zufrieden. Sie werden nun das Flugzeug nach Frankfurt zurück fliegen. Dieses ist aber nicht mehr Bestandteil Ihres Checks.“
Beide Piloten atmen sichtlich erleichtert auf.
Der Rückflug erfolgt dann, von ein paar kleineren Störungen, die Herr Melzer den beiden Piloten einprogrammiert einigermaßen ereignislos, sodass die Maschine wieder sicher auf der Landebahn in Frankfurt aufsetzt.
„Wir sind Dank Ihrer guten Leistungen eine halbe Stunde früher fertig geworden. Wenn Sie wollen brechen wir hier ab, oder Sie können die ausstehende Zeit noch weiterfliegen.“
Paul meldet sich zu Wort:
„Haben Sie etwas dagegen, wenn unser Bekannter, Herr Schneider, der die ganze Zeit zugeschaut hat, einen Start und eine Landung machen darf? Er war früher Segelflieger und hat zu Hause einen Microsoft Flight Simulator und würde natürlich gerne einmal einen Flug mit einem richtigen Simulator fliegen?“
„Wenn Ihr Kapitän auf seine halbe Stunde verzichtet und einverstanden ist, habe ich nichts dagegen“
Horst erhebt sich schon aus seinem Sitz blickt mich an und sagt: „Na, dann zeig mal was Du kannst und ob Du das fertig bringst. Viel Spaß dabei.“
Paul bleibt auf seinem Copilotensitz auf der rechten Seite.
Kapitel 5
Flug im echten Flugsimulator!
Ich setze mich auf den linken Sitz, den Platz des Kapitäns. Mein Blick wandert über die schier unendliche Zahl der Instrumente, Schaltern und Knöpfe. Plötzlich wird mir ganz heiß und ich merke, dass meine Hände etwas zittern. Ich soll also das erste Mal eine Verkehrsmaschine unter realistischen Bedingungen, wenn auch nur im Simulator, fliegen.
Vier Stunden habe ich hinter Horst und Paul gesessen, habe wie ein Luchs auf alle ihre Tätigkeiten geachtet und habe die Anzeigen der Instrumente beobachtet, die ich schon von meinem Simulator her kenne.
Der Blick aus dem Cockpitfenster zeigt jetzt klares schönes Wetter. Man erkennt die Flugplatzgebäude und voraus erstreckt sich eine nicht enden wollende Startbahn.
Es geht los. Ich schiebe die zwei Schubhebel nach vorne und spüre beim Beschleunigen die leichten Unebenheiten der Rollbahn. Das Flugzeug bleibt schön gerade und je schneller wir werden desto weniger spüre ich die Erschütterungen.
Paul sagt die Geschwindigkeit an:
„V1-Rotieren.“
Bei dem Wort Rotieren hebe ich die Nase der Maschine durch leichten Zug am Steuerhorn an. Das Flugzeug löst sich vom Boden und ich gehe am Fluglageninstrument auf einen Steigwinkel von 15 Grad.
Paul, mein Co Pilot, hat nach dem Abheben das Fahrwerk, und nach und nach die Klappen, eingefahren. Wir steigen auf 5000 Fuß.
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