Als nach Tagen die Datenübertragung auf ihrer Ursprungswelt angekommen war, war man dort ziemlich enttäuscht. Die Sonde hatte trotz der Siliziumvorkommen kein Leben finden können, vielleicht auch, weil der Planet viel zu kalt war, um dort Leben nach ihren Vorstellungen zu entwickeln.
Man katalogisierte einfach die übrigen dort auf der Erde gefundenen Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff, Eisen, Aluminium, Stickstoff, Wasserstoff etc., betrachtete die übertragenen eintönigen Fotos aus der nahen Umgebung der Raumsonde und schrieb unter den Bericht: keine Lebensformen vorhanden.
Mit einem Funkbefehl veranlasste man das Forschungsgerät sodann zur Rückkehr. Nach ein paar Tagen Übertragungsweg erreichte der Befehl die Sonde und sie leitete den Startvorgang ein. Hätte man diesen Befehl ein paar Minuten später abgesetzt, wäre man darüber erstaunt gewesen, dass im Erfassungsbereich der Gerätekameras ein sich bewegendes Gebilde auf Kohlenstoffbasis auftauchte. Eine undenkbare Situation, denn Kohlenstoff war für sie tote Materie, aus der sich unmöglich Leben entwickeln konnte. Das Kohlenstoffwesen schien gegenüber der Sonde riesig gross zu sein, es überragte sie um mehr als das dreissigfache. Auf der Erde kannte man es als Saharaskorpion, der durch die plötzlich aufzischenden Startraketen der Sonde erschrocken ein paar Schritte zurückwich und sich wieder im Sand verkroch. Unbehelligt trat das kleine Raumschiff seine Reise nach Hause an und verschwand im Himmel.
Anmerkung:
Nach unserem Wissen basiert alles Leben auf Kohlenstoff.
Es gibt Diskussionen über Leben auf Siliziumbasis. Aber nach heutigem Stand der Dinge ist es eher unwahrscheinlich ...
Oder doch nicht?
Ich sass am Schreibtisch und machte mir so meine Gedanken über Gott und die Welt. Vor allem Gott hatte es mir angetan und ich bekam die Idee, eine Geschichte zu schreiben über einen Mann, der auszog, Gott zu suchen. Ich öffnete einen Fensterflügel, da von draussen ein erfrischendes Lüftchen hereinwehte, startete meinen Laptop und begann zu schreiben:
Einst ging ein Fremder durch die Strassen eines kleinen Dorfes. Dieser Fremde war etwas ganz Besonderes, denn er fragte jeden, den er traf, ob er Gott gesehen habe. Die meisten Leute liessen ihn einfach stehen, andere zuckten bloss mit den Schultern. Er fand niemanden, der ihm weiterhalf. Niedergeschlagen zog er weiter.
Seit Tagen versuchte er nun schon, Gott zu finden, da er endlich Gewissheit haben wollte, ob es ihn gibt. Die anderen Leute glaubten einfach, was ihnen von ihren Müttern, Vätern, Lehrern und Pfarrern erzählt wurde, aber damit wollte er sich nicht zufrieden geben. Er musste es jetzt wissen.
Da er im nächsten Dorf ebenfalls keine Antworten fand, setzte er sich auf eine nahegelegene Wiese an einem Waldrand und begann, bitterlich zu weinen.
Als seine Tränen den Boden berührten, sprach die Erde zu ihm:
"Warum weinst Du?"
"Ich suche Gott und kann ihn nicht finden", klagte der Mann.
Da sprach die Erde:
"Gehe dort zu dem Wald und Du wirst ihn finden!"
Der Mann ging überglücklich zu dem Wald und sah sich um. Doch er sah Gott nicht, nur die Bäume antworteten mit einem Rauschen auf seinen suchenden Blick.
Noch trauriger ging der Mann zu der Wiese zurück und schluchzte:
"Erde, ich habe ihn nicht finden können, Gott ist auch nicht im Wald."
"Nimm einen Grashalm in Deine Hand", forderte die Erde ihn auf, "dann hältst Du Gott in Deinen Händen."
Der Mann tat, was die Erde verlangte, aber, so sehr er den Grashalm auch untersuchte, Gott fand er nicht.
"Sieh die Bäume im Wald",sprach die Erde weiter," sie sind Gott. Sieh den Vogel, der dort fliegt, er ist Gott. Sieh die Blume neben Dir, sie ist Gott. Oder sieh Dich selbst, auch Du bist Gott."
Da erst verstand der Mann, was die Erde ihm sagen wollte. Gott war nicht hier, nicht dort, sondern überall. ER war nicht dies noch das, sondern alles.
Mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen und glänzenden Augen schrieb der Mann mit weit ausholenden Bewegungen seines Armes vor sich in die Luft, damit es jeder sehen konnte:
Gott ist die Summe allen Seins
Kaum hatte ich den letzten Satz beendet, hörte ich ein Geräusch. Ich hob den Kopf und sah einer Biene zu, wie sie sich auf dem Fensterbrett, direkt neben mir, niederliess. Interessiert beobachtete ich, wie sie ein wenig umherkrabbelte, zuckte aber erschrocken zusammen, als sie mich plötzlich ansah. Ich schwöre es, sie sah mir direkt in die Augen, dann grinste sie und sagte:
"Gute Geschichte, aber den letzten Satz würde ich etwas abändern:
Gott ist das Summen allen Seins!"
Kichernd flog sie davon.
Genüsslich räkelte ich mich im Liegestuhl. Ich schaute ein wenig den Wolken zu. Ab und zu schoss ein Vogel durch mein Blickfeld und ich begann, schläfrig zu werden. Vielleicht war es auch die grelle Sonne, die mich die Augen schliessen liess, auf jeden Fall nickte ich ein wenig ein. Die Grillen rings um mich herum auf der Wiese zirpten mir ein vortreffliches Schlafkonzert und ich fühlte mich sauwohl.
Plötzlich, bsssssssssss, schwirrte eine Fliege um mich herum und riss mich unsanft aus meinen Sonnenträumen. Es fiel ihr auch nichts besseres ein, als sich direkt auf meiner Nasenspitze niederzulassen und mich so zu zwingen, den Kopf zu schütteln. Durch die Bewegung flog sie auf.
"Herrgottnochmal!", fluchte ich und schlug ihr mit der Hand hinterher. Ich blinzelte in die Umgebung und beschloss, dass die Fliege weiter gezogen war. Schon drückte ich den Kopf wieder in das Kissen des Liegestuhls, wollte mich gerade wieder meinen inneren Betrachtungen zuwenden, da hörte ich das bekannte Geräusch wieder: bssssssssss...
In diesem Moment wusste ich, dass es in diesem Universum nur Platz für einen von uns beiden geben würde. Sie oder ich. Meine eigene Waagschale neigte sich natürlich gewaltig zu meinen Gunsten und es war keine Frage für mich, wer der Gewinner dieses Duells sein würde. Sie oder Ich. Ich natürlich!
Ich stand also auf, ging ins Haus, um mir eine Fliegenklatsche zu holen und kam siegesgewiss, so bewaffnet, wieder zurück. Langsam und vorsichtig umblickend liess ich mich auf dem Liegestuhl nieder. Ich tat einfach so als würde ich wieder schlafen und richtig, diesen Schachzug hatte ich für mich entschieden. Bssssssssssss, da war sie wieder. Das war auch der letzte Beweis für mich, dass diese Fliege Krieg wollte. Geschickt stellte ich mich weiter schlafend und liess mich durch das ständige Umherschwirren des Insektes nicht beirren bis, ja bis ich ein leichtes Kitzeln auf meinem linken Unterarm verspürte. Das Summen war verstummt. Ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als ich den Ursprungspunkt des Kitzelns mental anvisierte, ohne die Augen zu öffnen. Ich hielt den Atem an und schlug mit der bereitgehaltenen Fliegenklatsche zu. Noch während des Schlags öffnete ich die Augen, um zu sehen, ob ich auch traf. Und ich traf! Mit voller Wucht! Den Schlag konnte ich leider nicht mehr abbremsen, auch das sofort in meine Blutbahn schiessende Adrenalin konnte die Bewegung nicht mehr aufhalten. Gelb-schwarz thronte eine ausgewachsene Wespe auf meinem Unterarm und wollte gerade ihre Flügel putzen, als ein jäher Tod durch ein niedersausendes Schlaginstrument ihr Vorhaben ins Nichts auflöste. Im letzten Schreck des plötzlichen Endes, vielleicht war es auch der angeborene Reflex des Insektes, hieb sie mit aller Wucht ihren Stachel in mein Fleisch und entleerte ihre Giftdrüse. Wahrscheinlich grinste sie auch noch dabei, im Bewusstsein meines Schmerzensschreies der in den entfernt stehenden Bäumen die Vögel hochjagte.
„Uiiiiiihhhhhhhh!“, kam es nochmal aus meinem Mund und ich schüttelte erschrocken, panisch und verletzt die tote Wespe von meinem Arm. Wieso ich plötzlich auf dem Liegestuhl stand, wusste ich nicht mehr. Ich konzentrierte mich auf den ziehenden Schmerz in meinem Unterarm, was ein Fehler war, denn der Liegestuhl war für solche einseitigen Belastungen nicht gebaut.
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